Gefährliche Intrigen
abzuknallen. Doch dann wäre es offensichtlich Mord. Dabei hoffte er noch immer, es wie einen Unfall aussehen lassen zu können. Er und Ed gaben sich als Feldarbeiter aus und halfen augenscheinlich beim Einbringen der Ernte. Dabei hatten sie einen ungehinderten Blick auf den Torringtonschen Garten. Und sollte sich ihnen eine Gelegenheit bieten, wäre es für sie ein Leichtes über die halbhohe Mauer zu steigen um ihren Auftrag zu erfüllen.
Es war bereits Nachmittag, als Ed durch die Finger pfiff, um Valroy auf eine Person im Garten aufmerksam zu machen. Unauffällig hob dieser seine Tasche auf und rief einem anderen Feldarbeiter zu, er würde eine kurze Pause machen. Gemächlich schlenderte Val auf die Gartenmauer zu und packte sein Essen darauf aus. Sein Opfer spazierte auf der mit ockerfarbenen Platten belegten Terrasse umher und warf immer wieder einen Blick zur offenstehenden Terrassentür zurück. Offensichtlich wartete sie auf jemanden. Etwas unentschlossen raffte sie dann aber doch ihre Reifröcke und stieg die drei Stufen hinunter in den Garten. Valroy hörte sie eine leise Melodie summen. Ihr dunkles Haar fing die glänzenden Sonnenstrahlen ein, und ihr cremefarbenes Kleid ließ sie sehr jung und zerbrechlich wirken. Valroy selbst fand es schade diese Schönheit aus dem Leben zu reißen, aber Auftrag war eben Auftrag. Und wie es aussah, bot sich ihm gerade die Möglichkeit, diesen endlich zu Ende zu bringen.
Emma schlenderte an den Rosenbüschen entlang in den etwas weiter vom Haus entfernten Kräutergarten. Hier und da pflückte sie einige Blätter, um sie zwischen den Fingern zu zerreiben und dabei das herrliche Aroma der Kräuter zu genießen. Im Schutz der Mauer wuchsen Lavendel und Salbei um die Wette, und eine kleine Holzbank unter einem Apfelbaum lud zum Sitzen ein. Emma, die in den letzten Tagen immer sehr schnell kraftlos und müde wurde, lehnte sich entspannt zurück und schloss die Augen.
Diese Gelegenheit musste Valroy nutzen! Er blickte noch einmal über seine Schulter, ob ihn auch niemand beobachtete. Schnell stieg er über die Mauer und ließ sich auf der anderen Seite ins Gras fallen. Gebückt schlich er die Mauer entlang, bis er – ohne von Emma gesehen zu werden - wenige Meter hinter dem Apfelbaum angekommen war. Er bückte sich, und seine Finger schlossen sich um einen schweren, spitzen Stein. Abschätzend wog er den Brocken in der Hand. Damit müsste es gehen! Langsam schlich er auf sein Opfer zu. Die junge Frau bemerkte ihn nicht, sondern reckte ihre Nasenspitze der Sonne entgegen. Valroy musste schmunzeln. Wie einfach nun alles war! Wo er doch zuvor schon zweimal bei dieser Frau versagt hatte. Er stand direkt hinter ihr. Ganz langsam hob er den Arm mit dem todbringenden Felsbrocken.
Logan verließ London im gestreckten Galopp. Schon den ganzen Tag über hatte er ein ungutes Gefühl gehabt, aber es war ihm nicht möglich gewesen, früher abzureisen. Er hatte sich noch mit Grey Leicester getroffen, der ihm Informationen über Emmas Vater versprochen hatte. Logan hatte ihn schon zuvor auf einem Ball kennengelernt, aber Grey hatte sich geweigert, in der Öffentlichkeit über diese Sache zu sprechen. Heute jedoch hatte er Logan bei sich zu Hause empfangen. Grey wusste nicht viel, aber er war sich sicher gewesen, dass Robert Pears in den Wochen vor seinem Tod das Gefühl gehabt hatte, in Gefahr zu schweben. Zu seinem eigenen Schutz hatte der Earl sogar eine Pistole im Inneren seiner Kutsche versteckt. Von wem die Gefahr ausgegangen war, hatte dieser aber selber nicht gewusst. Aber es hatte wohl ungewöhnliche Vorfälle gegeben, sodass er sich gezwungen gesehen hatte, London schon während der Saison zu verlassen und nach Norwich zurückzukehren. Logan erfuhr auch von Gerüchten um die Nacht, in der Emmas Eltern gestorben waren. Emma soll als einzige Überlebende, hysterisch weinend aufgefunden worden sein.
Als sich Logan schon verabschiedet hatte und bereits auf dem Weg zur Tür war, hielt Grey ihn noch einmal kurz zurück.
»Da fällt mir noch etwas ein. Ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber etwa eine Woche vor dem Brand habe ich beobachtet, wie Robert sich vor dem Whites Club mit jemandem gestritten hat.«
Diese Information war sehr wichtig, wie Logan fand, aber auf weitere Fragen hatte Leicester keine Antworten mehr. Nein, er habe die Person nicht erkannt, mit der der Earl gesprochen hatte, er glaube sich allerdings daran zu erinnern, einen Frauennamen aus dem Streit heraus
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