Gefährliche Intrigen
auftreten zu müssen. Er war von Natur aus ein Mann, der für jede Art von Abenteuer zu haben war. So kam es, dass er schon wieder einmal keinen Penny mehr besaß. Eine verlorene Wette beim Pferderennen hatte ihn sein letztes Hemd gekostet. Dabei hatte er gehofft, bei diesem Rennen wieder an etwas Geld zu kommen. Aber aufgeben kam für ihn nicht infrage. Irgendwie würde er es schaffen, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Darum saß er jetzt auch hier in Stainton Hall beim Tee.
Seine ihm liebste Verwandte Roxana und er hatten schon so manches Mal in Schwierigkeiten gesteckt. Roxana war vom Wesen her wie er selbst, darum standen sie sich auch so nahe. Beide waren sie sehr ehrgeizig, allerdings auf die bequeme Art. Roxana hatte das schon ganz gut hinbekommen, wie Daniel ihr neidlos zugestand. Sie war die Tochter eines zweitrangigen Landadeligen. Ihre Familie war nicht wirklich wohlhabend, aber es hatte gerade so gereicht, Roxana für eine Ballsaison nach London zu schicken. Durch ihre Schönheit war sie schnell ein gerne gesehener Gast auch in den besseren Kreisen geworden. Daniel war damals stets an ihrer Seite. Er war es auch gewesen, der Roxanas Aufmerksamkeit auf Logan Torrington gelenkt hatte. Torrington war damals offensichtlich auf Brautschau gewesen, und es hätte sicherlich einige Mädchen gegeben, die ihn nur zu gerne genommen hätten. Doch sein ganzes Interesse galt Roxana. Vom ersten Tag an hatte er ihr sein Herz zu Füßen gelegt. Daniels Cousine war damals zwar noch jung, wenn auch in Liebesdingen nicht mehr ganz unschuldig; die ungeteilte Aufmerksamkeit des attraktiven Lord Torrington schmeichelte ihr.
Daniel jedoch nahm seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich für Roxana diese eine Saison bezahlt machen würde, sehr ernst. So redete er ihr etliche Male ins Gewissen, um sie wieder zur Vernunft zu bringen.
»Wenn dir so viel an ihm liegt, dann meinetwegen: Hab deinen Spaß mit ihm! Aber pass gefälligst auf, dass du dir kein Kind anhängen lässt. Die Sache muss bald ein Ende finden. Ist dir denn der eifersüchtige Blick des Earls von Dorset noch gar nicht aufgefallen, wenn er dich mit seinem Bruder beobachtet? Was willst du? Einen Kerl, der dir jetzt in seiner Jugend schöne Augen macht? Oder einen Mann, mit dem du für den Rest deines Lebens ausgesorgt hast? Stell’ dir das doch nur einmal vor: Die Bälle, Empfänge und Theaterbesuche, die du in den teuersten und schönsten Kleidern Londons besuchen wirst. Der Earl ist nicht hässlich, und wer weiß, vielleicht, wenn du dich jetzt nicht zu dumm anstellst, kannst du ihn dir angeln.«
Damals hatte Roxana nicht lange überlegen müssen. Sie wollte nicht enden wie ihre Mutter, die ihr Herz an einen versoffenen, vom Pech verfolgten Mann verschenkt und jeden Tag dafür bezahlt hatte. Später, als Roxanas Vater die Familie beinahe ruiniert hatte, hatte sich ihre Mutter das Leben genommen.
Die Liebe war es gewesen, die ihre Mutter so schwach gemacht hatte. Mit Anfang zwanzig hatte sich Roxana gegen die Liebe und für Geld und Titel entschieden. Ein gutes Geschäft, wie Daniel fand.
Daniel Scrope war neunundzwanzig Jahre alt. Er hatte blaue Augen, und sein blonder Schopf verfehlte seine Wirkung auf das schwache Geschlecht nur selten. Obwohl er als attraktiv bei den Damen galt, war doch noch kein junges Ding mit erwähnenswerter Mitgift seinem Charme erlegen. Leider! Damit wären seine Geldsorgen ein für alle Mal vorbei.
So sehr er sich auch bemühte, an reiche Töchter kam er zumindest ohne Hilfe nicht heran. Darum war er hier: Roxana, die durch sein damaliges Zutun in den besten Kreisen Londons zuhause war, musste ihm nun diese Türen öffnen. Wenn sich erst herumgesprochen hätte, dass er pleite war, wäre auch noch seine letzte Chance vertan. Darum schenkte er nun, bevor er auf den eigentlichen Grund seines unangemeldeten Besuchs zu sprechen kam, Roxana ein strahlendes Lächeln.
Seine Cousine trug ein taubenblaues Kleid, das es nicht vermochte, den fortgeschrittenen Zustand ihrer Schwangerschaft zu verbergen. Trotzdem sah sie hinreißend aus.
»Roxie, wie du dir sicher denken kannst, gibt es einen Grund für meinen Besuch – außer dich zu sehen, natürlich. Ich stecke in finanziellen Schwierigkeiten.«
Roxana hatte nichts anderes von Daniel erwartet.
»Daniel, Daniel, mein Teuerster! Ich kann dir doch nicht den Rest deines Lebens jeden Monat Geld zustecken. Mein Gemahl ist zwar etwas einfältig, aber eben nicht dumm. Er wird es
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