Gefährliche Intrigen
vorerst auch bleiben!«
Emma teilte den Eifer ihrer Zofe nicht ganz.
»Und wohin genau fliehen wir deiner Meinung nach?«, fragte sie deshalb weiter.
Liz, die von der Durchführbarkeit und Logik ihres Plans überzeugt war, erklärte ihrer Herrin geduldig ihr Vorhaben.
»Natürlich gehen wir nach Stainton Hall. Lord Torrington hat Euch seine Hilfe angeboten. Und außerdem komme ich von dort, wir können also zumindest mit der Hilfe meiner Familie rechnen. Und der letzte Grund, der für Stainton spricht, ist ganz einfach der, dass Ihr Lord Torringtons Kind unter dem Herzen tragt. Es ist seine Pflicht, für Euch und das Kind zu sorgen!«
Während des Gesprächs hatte Liz alle Kleidungsstücke wieder in den Korb gepackt und unter das Bett geschoben. Diensteifrig band sie sich ihre Schürze um und strebte auf die Tür zu.
»Ihr bleibt hier. Ich werde den Herrschaften mitteilen, dass Ihr Euch nicht wohlfühlt und heute Abend auf Eurem Zimmer bleibt. Ich werde versuchen, in der Küche noch einige Lebensmittel zu besorgen.«
Schon war Liz verschwunden, und Emma blieb allein in ihrem Zimmer zurück.
Was soll nur aus mir werden? Eine überstürzte Flucht! Und ausgerechnet nach Stainton Hall! Aber Liz hatte recht. Das war ihre einzige Möglichkeit. Sie würde morgen noch einmal über alles nachdenken, und vielleicht würde sich doch noch eine bessere Lösung finden.
Gerade als Emma eingenickt war, klopfte es an ihre Tür. Verschlafen rieb sie sich die Augen und öffnete. Ihre Tante Alvina stand draußen und wies auf ein kleines Tablett mit einer Tasse Milch und einigen Keksen, das sie mitgebracht hatte.
»Euer Mädchen hat berichtet Ihr fühlt Euch nicht gut und wolltet lieber im Bett bleiben.«
Alvina schob sich an Emma vorbei in den Raum und stellte alles auf den Nachttisch. Die beiden Hunde Bonny und Bess folgten ihrem Frauchen auf Schritt und Tritt. Sie schnüffelten in jede Ecke, und ehe Emma sich versah, hatte sich Bonny auf einem ihrer Sessel zusammengerollt. Freundlich bot sie ihrer Tante den zweiten dunkelrot gepolsterten Stuhl an und setzte sich selbst wieder auf die Bettkante. Erdrückendes Schweigen breitete sich aus, bis Emma es nicht mehr aushielt.
»Danke«, sagte sie und deutete auf die Milch, »das ist sehr nett von Euch.«
Alvina nickte, und nach kurzem Zögern erhob sie sich wieder.
»Lasst es Euch schmecken. Ich wünsche Euch süße Träume. Ihr werdet sehen, morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
Sie klopfte auf ihren Oberschenkel, das Zeichen für die Hunde, ihr zu folgen. Bess war sofort an Alvinas Seite, doch Bonny war eingeschlafen. Emma bot ihrer Tante an, den Hund, sobald er aufwachte, zu ihr zu bringen.
»Öffnet ihr einfach die Tür, sie findet mich dann schon«, nahm Lady Alvina das Angebot an.
Emma wunderte sich über ihre Tante. Es war sehr nett von ihr, nach ihrer Nichte zu sehen, und die mitgebrachten Kekse dufteten herrlich. Emma steckte sich gleich einen in den Mund. Zarte Schokoladensplitter waren in den Teig gegeben worden und schmolzen nun auf Emmas Zunge. Im Nu waren die Kekse aufgegessen, und Emma fühlte sich gut, aber schläfrig. Die Schwangerschaft machte sie müde. Ehe ihre Tante sie besucht hatte, hatte Emma ein Schläfchen machen wollen, und sie konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Ihr Blick fiel auf Bonny, und sie überlegte kurz, das verzogene Tier zu wecken. Aber es hieß ja, dass man schlafende Hunde nicht wecken sollte. Emma wollte lieber kein Risiko eingehen. Bonny würde sich bestimmt bemerkbar machen, wenn sie hinaus wollte.
Plötzlich fühlte sich Emma wirklich sehr müde, und sie schlüpfte unter ihre Decke. Die Milch würde Liz trinken müssen, schon beim Gedanken daran wurde ihr übel. Es verging keine Minute, da schlossen sich Emmas Augen.
Als Liz wenig später den dunklen Raum betrat, war sie beunruhigt. Warum hatte ihre Herrin noch keine Kerzen entzündet? Flink sorgte Liz für ausreichende Beleuchtung und drehte sich dann zum Bett um. Erschrocken wich sie einige Schritte zurück und bekreuzigte sich. Ein schrecklicher Anblick bot sich der kleinen Magd, die in ihren fünfzehn Lebensjahren noch nie so etwas Schlimmes gesehen hatte. Zitternd ging sie näher heran. In der Grabesstille des Raumes hörte sich ihr eigener Herzschlag an wie das Donnern von Kanonen.
Kapitel 17
Stainton Hall, Juli 1729
Daniel Scrope war in großen Schwierigkeiten. Er fühlte sich elend, hier bei seiner Cousine Roxana wie ein Bittsteller
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