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Gefaehrliche Kaninchen

Gefaehrliche Kaninchen

Titel: Gefaehrliche Kaninchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten John
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kann. Irgendwas stimmt nicht bei den Eltern von Max. Aber was nur?
    Wenig später hat Leonie die Angelegenheit schon fast wieder vergessen. Sie sitzt so zusammengesunken im Sessel von Max’ Vater, dass sie kaum noch zu sehen ist. Wer jetzt das Wohnzimmer betritt, kann gerade noch ihre Fußspitze erkennen, wenn er genau hinsieht.
    Leonie liest in einem Buch, das »Kaugummikauen leicht gemacht« heißt und nicht besonders gut ist. Eher was für Jungen. »Ásgeir der Wikingerfürst« war natürlich auch irgendwie ein Jungenbuch, dafür aber sehr spannend. Das Kaugummibuch hingegen soll nicht spannend, sondern witzig sein. Es kommen eine Menge Kaugummiwitze darin vor.
    Leonie hört zunächst gar nicht, dass jemand im Zimmer ist, weil sie sich konzentriert. Und fährt mächtig zusammen, als Max’ Mutter mit einem Mal sagt: »So geht es nicht weiter, Peter.«
    Das hört sich sogar ein bisschen komisch an, wie ein Liedtext oder so, und Leonie will gerade kichern und den Eltern von Max Hallo sagen, als Max’ Vater sagt: »Nein, da hast du recht.« Und wie er das sagt, klingt gar nicht komisch und Leonie in ihrem Sessel erstarrt.
    Es wird einen Wimpernschlag lang ruhig, dann sagt die Stimme von Max’ Mutter: »Wir sollten es ihm endlich sagen.«
    »Wann denn? Er ist ja kaum noch zu sehen. Wo treibt er sich eigentlich die ganze Zeit über rum?«
    »Er treibt sich nicht rum, er spielt mit seiner neuen Freundin. Er kommt pünktlich abends zum Essen. Aber das siehst du ja nicht, weil du dann nicht da bist.«
    »Fang nicht wieder damit an, Luise.«
    »Ich fange mit gar nichts an.«
    Hört sich so an, als würden Max’ Eltern sich streiten. Andererseits auch wieder nicht: Ihre Stimmen klingen müde. Wenn in Leonies Familie gestritten wird, ist es lauter. Viel lauter.
    »Also.« Max’ Mutter räuspert sich. »Wann sagen wir es Max? Und vor allem: Wie sagen wir es ihm?«
    »Da gibt es wohl keine richtige Methode, einem Kind zu sagen, dass seine Eltern sich trennen wollen.«
    »Vorübergehend trennen«, verbessert Max’ Mutter.
    »Ja, vorübergehend.«
    Leonie wäre fast das Buch mit den Kaugummiwitzen aus der Hand gefallen.
    »Wie wär’s mit Samstag?«
    »Ja, Samstag ist gut. So gut wie jeder andere Tag eigentlich.«
    »Dann also abgemacht. Samstag. Beim Mittagessen?«
    »Herrgott noch mal, Peter. Was weiß ich denn? Na gut, beim Essen. Ich werde etwas kochen.«
    Schritte entfernen sich, es wird wieder ruhig.
    Leonie lässt langsam das dämliche Kaugummibuch auf den Boden sinken und stützt den Kopf in die Hände. Ihre Gedanken rasen herum und sind nicht zu beruhigen. Sie kann nur eins denken: Sie muss Max warnen. Er kann nicht erst beim Essen mit seinen Eltern erfahren, dass er eigentlich schon keine mehr hat.
    »Meinst du, das waren die Riesen?« Max sieht fassungslos auf den kaputten Staudamm. Jemand ist darauf rumgetrampelt, hat Stöcke hineingesteckt und die Steine weggeworfen. Das Wasser hat wieder die Oberhand und schon das meiste vom Damm weggespült. Nur an den Rändern kann man noch etwas von Leonies und Max’ Arbeit sehen.
    »Nein.« Leonie schüttelt heftig mit dem Kopf. »Die Riesen sind zwar groß, aber nicht gemein. Sie machen nur etwas kaputt, weil sie eben groß sind.« Sie hat Tränen in den Augen.
    Max wirft ihr einen unsicheren Blick zu. »Das ist doch nicht so schlimm. Wir bauen einen neuen«, sagt er.
    »Nein, das geht nicht.« Leonie zieht die Nase hoch.
    »Klar geht das.«
    »Nein.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil, weil …« Sie schluckt. »Deine Eltern wollen sich trennen. Ich hab’s gehört. Vorübergehend trennen. Und dein Vater schläft schon in seinem eigenen Zimmer. Das habe ich gehört.«
    Es wird mucksmäuschenstill. Nur ein paar nichts ahnende Vögel zwitschern noch. Die Kaninchen lauern gefährlich in der Nähe.
    »Das ist doch Quatsch«, sagt Max.
    »Nein, ist es nicht. Am Samstag wollen sie es dir sagen. Samstag will deine Mutter für dich kochen.«
    Samstag ist morgen. Seine Mutter kocht sonst nie für ihn. Doch einmal, als er sehr krank war, da hat sie Hühnerbrühe gemacht. Und als sein Opa im Sterben lag, da hat sie drei Tage hintereinander Pudding gekocht, der meist verbrannt war. Kochen ist bei seiner Mutter kein gutes Zeichen. Kochen bedeutet, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.
    »Oh«, sagt Max und er sagt es leise. Ihm ist, als würde sein Magen schon jetzt brennen von dem Essen, das seine Mutter ihm morgen serviert.
    »Ja, oh«, macht Leonie.
    Jetzt wird es noch

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