Gefaehrliche Kaninchen
Max späht in Richtung Küche.
»Mama ist immer so schnell. Kann sein, dass sie Issa mitbringt.«
»Oh Mann.« Max wird ein wenig mulmig, schließlich muss er seine Mutter noch auf den Besuch vorbereiten.
»Und dein Vater? Kommt er?«
»Ja, aber ich hab noch nicht besprochen, wann genau.«
»Das musst du aber. Am besten, er kommt auch heute Nachmittag. Als Tausch. Es gibt frische Waffeln.«
Max bezweifelt, dass Waffeln seinen Vater aus dem Haus locken können. »Wir hatten schon Pfannkuchen.«
»Dann sag doch, du sackst in der Schule ab.«
»Mitten in den Ferien?«
»Stimmt auch wieder.« Leonie wird ruhig, während im Hintergrund Bomben fallen und das Maschinengewehrfeuer heftiger wird.
»Was ist eigentlich los bei euch?«, fragt Max.
»Ach, Tristan, Lars und Lukas bombardieren Issas Teeparty. Aber das hat bald ein Ende, weil da nämlich gerade Klaus kommt.«
Max kann hören, wie eine männliche Stimme schimpft, und muss lächeln. »Also gut«, flüstert er, »ich mach’s. Ich sage meinem Vater, es muss noch heute sein. Und meiner Mutter, dass deine Mutter sie kennenlernen will.«
»Und ihre Ehe retten.«
Max schüttelt den Kopf, auch wenn Leonie das natürlich nicht sehen kann. »Das wird sie noch früh genug erfahren«, sagt er sorgenvoll und hofft, dass er dann ganz weit weg ist. Am besten in einem anderen Land.
Leonies Mutter trägt eine weiße Bluse und eine Jeans und sieht richtig fein aus. Sie hat ihre Haare zu einer Igelfrisur gegelt und lange Ohrringe angelegt. Issa hat sie nicht mitgebracht.
Max’ Mutter hat wieder ihre eckige Lesebrille aufgesetzt, obwohl sie im Moment gar nicht liest. Um ihren Besuch erkennen zu können, muss sie darüber hinwegschauen und zieht dabei die Stirn kraus, als sei sie missmutig oder bärbeißig oder beides.
»Hallo, Max«, sagt Leonies Mutter zu Max. »Und Sie müssen Max’ Mutter sein.« Sie lächelt herzlich und streckt ihre Hand aus.
»Und Sie die von Leonie.«
Seine Mutter sieht mit der gefurchten Stirn und dem abgesenkten Blick aus wie ein Bullterrier, der zum Angriff auf den Igel übergeht. Max ist sich mit einem Mal gar nicht mehr so sicher, ob der Plan so toll ist, den er sich mit Leonie ausgedacht hat.
»Wird ja auch Zeit, dass wir uns kennenlernen, wo unsere Kinder gute Freunde sind. Oh, was für ein schönes Haus. Und so viele Diplome. Sind die alle von Ihnen?«, plappert Leonies Mutter, während sie Max’ Mutter ins Wohnzimmer folgt. »Den Teppich finde ich wunderbar, und die Vase erst. Also, bei uns könnten wir keine Vase auf den Boden stellen, die würde nicht lange überleben. Auf dem Schrank allerdings auch nicht. Bei uns im Haus ist fast alles aus Plastik.« Sie lässt sich in den Sessel fallen und sieht sich weiter um.
Max Mutter bleibt stehen. »Kann ich Ihnen einen Tee anbieten?«, fragt sie.
Leonies Mutter verzieht das Gesicht. »Ehrlich gesagt finde ich Tee scheußlich. Als Kind hatte ich mal eine Tee-Allergie oder so. Ich wäre fast verdurstet. Meine Haut war schon schrumpelig und ist gar nicht mehr zurückgeschnellt, wenn sie hochgezogen wurde.« Sie zieht an der Haut auf ihrem Arm, um zu zeigen, dass inzwischen wieder alles in Ordnung ist.
Max’ Mutter nickt mit unbewegtem Gesicht. »Äh …, ja. Also lieber Kaffee?«
»Kaffee wäre toll!«
Max’ Mutter geht, um Kaffee zu holen.
»Max, alter Halunke«, sagt Leonies Mutter in die Stille hinein, zieht ihn zu sich heran und knuffelt ihn. »Du bist ja so schweigsam heute.«
Max, dem vor lauter Befürchtung ganz flau im Magen ist, nickt.
»Keine Sorge, deine Mutter und ich verstehen uns sicher.« Sie zwinkert ihm zu. »Läuft doch schon ganz gut.«
Wieder nickt Max schwach. Er bleibt bewegungslos so lange stehen, bis seine Mutter mit einem Tablett und Tassen zurück ist, die sie auf die Beistelltische verteilt. In die Tassen hat sie schon schwarze Kügelchen getan, die der lösliche Kaffee aus der Dose sind: Sie trinkt sonst nie Kaffee, weil es sie aufregt, und hat ihn extra für Besuch angeschafft. Allerdings schon vor Urzeiten. Dann setzt sie sich ihrem Gast gegenüber und ringt sich ein gezwungenes Lächeln ab. »Mein Mann ist wohl gerade auf dem Weg zu Ihnen«, sagt sie.
Leonies Mutter nickt eifrig. »Genau. Und es ist auch besser so, wenn ich mich erst einmal mit dem einen Partner allein unterhalte.«
Max’ Mutter linst über ihre Brille. »Besser wofür?«
»Für unser Gespräch.«
»Ach so.« Max’ Mutter nickt, obwohl man ihr ansieht, dass sie keine Ahnung
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