Gefaehrliche Kaninchen
halb um und ruft für alle gut hörbar: »Nein, um den kümmere ich mich.«
Und noch bevor irgendjemand etwas sagen kann, eine Warnung rufen oder so, nimmt er Anlauf, holt aus – und tritt mit voller Wucht gegen den Ball.
»Du glaubst nicht, was hier los ist«, sagt Max. Er hat die Hand vor den Mund gelegt, aber bei dem Geschrei im Haus ist das eigentlich unnötig. »Der Notarzt musste kommen, aber es ist nichts gebrochen. Nur eine starke Stauchung. Jetzt ist er wieder weg, aber Mann, wir stecken ganz schön in der Patsche. Der Gefangene von Alcatraz ist nichts gegen den Hausarrest, den Tristan und Georg gekriegt haben. Und mein Vater wirft mir Blicke zu … puh. Ich kann mich warm anziehen, wenn wir wieder zu Hause sind.«
Leonie erwidert nichts.
»Bist du noch dran?«
»Ja, warte mal.«
Max hört gedämpftes Murmeln, dann ist sie wieder am Telefon. »So, jetzt kann ich reden. Wir waren eben zusammen im Wohnzimmer. Also, das mit dem Nachhausekommen, das wird schwierig.«
»Was soll das heißen?« Auch Max geht mit seinem Telefon, soweit es geht, vom Wohnzimmer weg, in dem Klaus seinen Söhnen schon wieder oder immer noch eine Standpauke hält. Da der Empfang schlecht wird, sobald man nur zwei Meter von der Ladestation weg ist, hat er keine großen Möglichkeiten. Schon rauscht es im Hörer. »Wir müssen zurücktauschen. Aber schnell.«
»Nein, ich sagte doch, dass das so einfach nicht geht.«
»Und warum nicht?«
Leonie lässt einen großen Seufzer hören. »Meine Mutter will sich jetzt klar werden über was. Und ihre Rolle als Hausfrau und Mutter. Und dazu braucht sie Abstand.«
Max lässt sich mit dem Rücken an der Wand herunterrutschen, bis er auf dem Boden sitzt. Das Rauschen im Hörer wird stärker, doch das interessiert ihn nicht. »Und der Abstand ist …«
»Bei euch zu Hause. Also hier«, ergänzt Leonie.
»Na toll«, sagt Max, der sich inzwischen auch vorkommt wie in Alcatraz. »Aber wir hatten hier einen Unfall. Hast du das deiner Mutter nicht erzählt? Klaus kann nicht mehr laufen und brüllt nur noch. Mein Vater schaut so finster wie eine Bande Bankräuber. Tristan und Georg dürfen bis an ihr Lebensende das Haus nicht mehr verlassen. Die Zwillinge haben ihren neuen Zeitungsausträgerfreund mitgebracht, der hier rumhängt und voll nervt. Niemand hat die Rennmäuse sauber gemacht. Die Nachbarn hassen euch weiterhin und wir haben alle Hunger.« So ungefähr ist die Situation, eher noch schlimmer.
»Hab ich erzählt. Mama meint, ihr sollt euch eine Pizza bestellen. Sie sei lange genug unser Dienstmädchen gewesen.«
Pizza? Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Es wird eine kurze Weile still in der Leitung.
»Wir müssen was unternehmen«, sagt Max düster.
»Allerdings«, sagt Leonie in demselben Tonfall.
Aber was?
10. Kapitel
Es wird wieder mal viel telefoniert an diesem Abend.
Zunächst einmal spricht Leonies Vater mit seiner Frau und sagt, er könne sie verstehen, der Zeitpunkt für ihre Selbstfindung sei aber ungünstig, immerhin habe er Schmerzen. Sie antwortet in einer Lautstärke, dass Leonies Vater den Hörer auf eine Armlänge von seinem Ohr weghalten muss.
Dann spricht Max’ Vater mit der Mutter von Max. Sie sagt, dass die beiden dringend reden müssten. Max’ Vater entgegnet, dass das warten müsse und er nicht wegkönne, weil er den Zeitungsklauer morgen früh erwischen wolle. Daraufhin muss auch er den Hörer von seinem Ohr weghalten.
Als es wieder ruhiger wird, reden Lukas und Lars mit ihrer Mutter. Tristan darf eigentlich nie wieder sein Zimmer verlassen, bekommt aber eine Ausnahmegenehmigung, damit seine Mutter ihn ausschimpfen kann. Ebenso Georg.
Issa will unbedingt mit ihrem Papa sprechen, sagt dann aber nichts, als sie den Hörer hingehalten bekommt.
Daraufhin will Max’ Mutter ihrem Sohn Gute Nacht sagen. Max geht jedoch nicht ran, weil er sauer ist, dass seine Mutter sich mit Leonies Mutter verbündet hat, während hier im Haus alles drunter und drüber geht, er wieder in dem kleinen Bett schlafen muss und nichts zu essen bekommt.
Dann will Issa all ihren Geschwistern Gute Nacht sagen und Klaus muss das Sandmännchenlied singen.
Leonie und Max gelingt es erst ganz zum Schluss, den Telefonhörer zu ergattern und ein paar Worte zu wechseln.
»Hast du schon einmal von einem Plan gehört, der so schiefgegangen ist?«, nuschelt Leonie hinter vorgehaltener Hand
»Wir müssen die anderen beiden auch irgendwie dazu kriegen, zu tauschen und das in Ordnung zu
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