Gefaehrliche Liebe
den Dschungel nach unten tragen und unterwegs den Draht abwickeln, ihn quer über den Zwölf-Uhr-Strand verlegen und die Metallrolle mit dem restlichen Draht tief im Wasser versenken. Anschließend wieder in den Dschungel zurückrennen. Wenn wir uns jetzt auf den Weg machen, und zwar sofort, mussten wir auf der sicheren Seite sein.
»Ich möchte als Wache mitgehen«, sagt Peeta sofort. Nach der Sache mit der Perle ist er noch weniger bereit, mich aus den Augen zu lassen.
»Du bist zu langsam. Und außerdem brauche ich dich an diesem Ende. Katniss passt schon auf«, sagt Beetee. »Wir haben jetzt keine Zeit zu diskutieren. Tut mir leid. Wenn die Mädchen lebend da rauskommen sollen, müssen sie jetzt los.« Er gibt Johanna die Rolle.
Mir gefällt der Plan genauso wenig wie Peeta. Wie soll ich ihn aus der Entfernung beschützen? Aber Beetee hat recht. Mit seinem Bein ist Peeta zu langsam, er würde den Abhang nicht schnell genug schaffen. Johanna und ich sind die Schnellsten und haben den sichersten Tritt auf dem Dschungelboden. Ich sehe keine Alternative. Und wenn ich hier irgendwem traue außer Peeta, dann ist es Beetee.
»Das geht in Ordnung«, sage ich zu Peeta. »Wir werfen nur schnell die Rolle ins Wasser und kommen sofort wieder rauf.«
»Aber nicht ins Blitzgebiet«, erinnert mich Beetee. »Rennt zu dem Baum im Ein-bis-zwei-Sektor. Wenn ihr merkt, dass euch nicht genug Zeit bleibt, rückt eins weiter. Aber geht bloß nicht zurück zum Strand, bevor ich den Schaden in Augenschein genommen habe.«
Ich nehme Peetas Gesicht in meine Hände. »Mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns um Mitternacht.« Ich küsse ihn, und ehe er noch etwas einwenden kann, lasse ich ihn los und frage Johanna: »Fertig?«
»Wieso nicht?«, sagt Johanna achselzuckend. Sie ist augenscheinlich nicht erfreuter als ich, dass wir zusammenarbeiten sollen. Aber wir sind alle in Beetees Falle gefangen. »Du passt auf, ich wickele ab. Später können wir mal tauschen.«
Ohne weitere Diskussion machen wir uns auf den Weg. Wir reden überhaupt nicht viel. So schnell es geht, rennen wir den Abhang hinunter, die eine mit der Rolle, die andere Ausschau haltend. Auf halber Strecke hören wir plötzlich das Klicken, es ist also nach elf.
»Lass uns schnell machen«, sagt Johanna. »Ich möchte so weit wie möglich vom Wasser weg sein, wenn der Blitz einschlägt. Nur für den Fall, dass Minus falsch gerechnet hat.«
»Jetzt nehme ich mal die Rolle«, sage ich. Es ist anstrengender, den Draht abzuwickeln, als Ausschau zu halten, und sie hat das jetzt schon lange genug gemacht.
»Bitte sehr«, sagt Johanna und reicht mir die Rolle.
In dem Augenblick, als unsere beiden Hände die Rolle halten, spüren wir ein leichtes Vibrieren. Plötzlich schnellt der dünne goldene Draht von oben zu uns herunter und windet sich um unsere Handgelenke. Das lose Ende schlängelt sich zu unseren Füßen.
Es dauert keine Sekunde, bis wir begriffen haben, was los ist. Johanna und ich schauen uns an, doch keine von uns muss es aussprechen. Jemand, der nicht allzu weit entfernt sein kann, hat den Draht durchtrennt. Und dieser Jemand wird sich jeden Moment auf uns stürzen.
Ich befreie meine Hand aus dem Draht und schließe sie gerade um die Federn eines Pfeils, als mir jemand mit voller Wucht einen Gegenstand gegen den Kopf schlägt. Als Nächstes merke ich, dass ich auf dem Rücken in den Ranken liege und meine rechte Schläfe schrecklich wehtut. Irgendwas stimmt nicht mit meinen Augen. Immer wieder verschwimmt das Bild, als ich versuche, die beiden Monde am Himmel in Deckung zu bringen. Das Atmen fällt mir schwer, und plötzlich sehe ich auch, warum. Johanna sitzt auf meiner Brust und drückt mit den Knien meine Schultern auf den Boden.
Da spüre ich ein Stechen im linken Unterarm. Ich versuche Johanna abzuschütteln, aber ich bin immer noch nicht recht bei Sinnen. Johanna gräbt die Spitze ihres Messers - zumindest nehme ich an, dass es das ist - ins Fleisch meines Unterarms und dreht sie hin und her. Ich spüre ein unerträgliches Reißen, dann rinnt etwas Warmes an meinem Handgelenk herunter und sammelt sich in meiner Handfläche. Johanna drückt meinen Arm nach unten und schmiert mir das halbe Gesicht mit Blut ein.
»Unten bleiben!«, faucht sie. Plötzlich spüre ich nicht länger ihr Gewicht auf mir, ich bin allein.
Unten bleiben?,
denkeich.
Was soll das? Was ist los? Ich
schließe die Augen, sperre die schwankende Welt aus und versuche mir einen Reim auf
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