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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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zieht. Er sieht jünger aus, aber genauso abstoßend. Mit der gleichen Grabesstimme wie bei uns liest er von seinem Blatt ab und teilt Panem mit, dass zu Ehren des Jubel-Jubiläums doppelt so viele Tribute teilnehmen werden wie sonst. Schnitt auf die Ernten, wo Name auf Name aufgerufen wird.
    Als wir zu Distrikt 12 kommen, bin ich schon überwältigt von der Anzahl der Kinder, die dem sicheren Tod entgegengehen. Eine Frau, allerdings nicht Effie, ruft die Namen von Distrikt 12 auf, und auch sie sagt: »Ladies first!« Sie ruft den Namen eines Mädchens auf - man sieht ihm an, das es aus dem Saum stammt -, und dann höre ich den Namen: »Maysilee Donner.«
    »Oh!«, sage ich. »Das war eine Freundin meiner Mutter.« Die Kamera macht sie in der Menge ausfindig, während sie zwei Mädchen umarmt. Alle blond. Und eindeutig Kaufmannstöchter.
    »Das ist doch deine Mutter, die sie da umarmt«, sagt Peeta leise. Er hat recht. Als Maysilee Donner sich tapfer löst und zur Bühne geht, erhasche ich einen Blick auf meine Mutter, die damals so alt war wie ich heute. Was ihre Schönheit angeht, hat man nicht übertrieben. Ein zweites Mädchen, das Maysilee sehr ähnlich sieht, hält ihre Hand und weint. Aber dieses Mädchen sieht noch jemandem ähnlich, den ich kenne.
    »Madge«, sage ich.
    »Ihre Mutter. Sie und Maysilee waren Zwillinge oder so«, sagt Peeta. »Das hat mein Dad mal erzählt.«
    Ich denke an Madges Mutter. Die Frau von Bürgermeister Undersee. Die die Hälfte der Zeit von unerträglichen Schmerzen ans Bett gefesselt ist und die Welt ausblendet. Mir ist nie bewusst gewesen, dass es diese Verbindung zwischen ihr und meiner Mutter gibt. Ich denke daran zurück, wie Madge in dem Schneesturm aufgetaucht ist, um das Schmerzmittel für Gale zu bringen. Denke an meine Spotttölpelbrosche und daran, dass sie eine andere Bedeutung hat, seit ich weiß, dass Madges Tante, Maysilee Donner, sie einst getragen hat - ein Tribut, der in der Arena ermordet wurde.
    Als Letzter wird Haymitch aufgerufen. Ihn zu sehen, schockiert mich noch mehr als der Anblick meiner Mutter eben.
    Jung. Stark. Es fällt mir schwer, es zuzugeben, aber er sieht echt toll aus. Dunkle Locken, die grauen Augen klar und schon damals gefährlich.
    »Mensch, Peeta, er wird doch nicht Maysilee getötet haben, oder?«, bricht es aus mir heraus. Ich weiß nicht, warum, aber die Vorstellung ist mir unerträglich.
    »Bei achtundvierzig Spielern? Nicht sehr wahrscheinlich, würde ich behaupten«, sagt Peeta.
    Die Wagenparade - bei der die Kinder aus Distrikt 12 in grauenhaften Bergarbeiteroutfits stecken - und die Interviews rauschen vorbei. Man hat kaum Zeit, sich auf einen zu konzentrieren. Aber weil Haymitch der spätere Sieger ist, wird ein Wortwechsel zwischen ihm und Caesar Flickerman gezeigt, der in seinem nachtblauen Glitzeranzug exakt so aussieht wie immer. Nur die dunkelgrün gefärbten Haare, Lider und Lippen sind anders.
    »Also, Haymitch, was hältst du davon, dass bei diesen Spielen hundert Prozent mehr Mitstreiter dabei sind als sonst?«, fragt Caesar.
    Haymitch zuckt die Achseln. »Ich sehe da keinen großen Unterschied. Sie werden hundert Prozent so dumm sein wie sonst auch und deshalb schätze ich meine Chancen eigentlich gleich ein.«
    Die Zuschauer lachen, Haymitch schenkt ihnen ein halbes Lächeln. Höhnisch. Arrogant. Gleichgültig.
    »Dafür hat er sich nicht sonderlich verstellen müssen, oder?«, sage ich.
    Schnitt auf den Morgen, an dem die Spiele beginnen. Wir erleben aus der Perspektive einer Spielerin mit, wie sie vom Starträum durch den Zylinder in die Arena hinauffährt. Ich schnappe nach Luft. Unglauben zeichnet sich auf den Gesichtern der Spieler ab. Sogar Haymitch hebt erfreut die Augenbrauen, zieht sie dann aber sofort wieder zu einer finsteren Miene zusammen.
    Die Szenerie ist atemberaubend. Das goldene Füllhorn thront mitten auf einer grünen Wiese mit lauter prächtigen Blumen. Der Himmel ist azurblau mit bauschigen weißen Wolken. Singvögel flattern fröhlich über den Köpfen der Tribute, von denen einige schnuppernd die Nase recken. Der Duft muss fantastisch sein. Eine Luftaufnahme zeigt, dass die Wiese sich über viele Kilometer erstreckt. In der Ferne liegt in der einen Richtung ein Wald, in der anderen ein schneebedeckter Berg.
    Die Spieler lassen sich von der Schönheit des Anblicks verzaubern, und als der Gong ertönt, sehen die meisten aus, als würden sie aus einem Traum erwachen. Nicht so Haymitch. Im Nu ist er

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