Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
halten.«
Furcht windet sich wie ein Wurm um das Aprikosentörtchen in meinem Magen. Jonathon hat sich in irgendwelche Schwierigkeiten gebracht. Die Bank. Investments. Die Nachrichten, die er auf seinem BlackBerry erhalten hat, das er dann quer durch den Raum geschleudert hat.
»Sie reden ganz schön anmaßend über zwei Menschen, die Sie nicht mal kennen.« In mir steigt die Wut auf. Wieder beiße ich ein Stück Kuchen ab und kaue darauf herum.
»Ich kann es in Ihren Augen sehen«, sagt er. »Irgendetwas ist Ihnen aufgefallen.«
Heftig stelle ich den Becher auf dem Tablett ab und lege auch den Kuchen hin, dann gehe ich wieder zum Fenster. Es ist heiß, aber die Brise, die durch mein feuchtes Haar fährt, lässt mich erschaudern. »Was auch immer hier los ist, es hat nichts mit meinem Mann zu tun«, sage ich, während mir gleichzeitig all die seltsamen Dinge durch den Kopf schießen, die er in letzter Zeit getan hat. Das könnte genau das sein, was Benicio will. Dass ich Verbindungen sehe, wo es in Wirklichkeit keine gibt.
Es muss eine Erklärung geben. Ich hebe eine nicht benutzte Plastikfessel vom Boden auf und binde mir das Haar zu einem Pferdeschwanz. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber sie gibt mir das Gefühl, wieder etwas organisierter zu sein, mehr Kontrolle zu haben. »Sie treiben Psychospielchen mit mir. Oder ich tue es selbst. Vielleicht habe ich mir eingebildet, dass die Stimme meinem Mann gehört.« Ich drehe mich zu Benicio um. »Ist die Prellung auf Ihrer Wange überhaupt echt? Oder haben Sie sich extra fesseln lassen und ins Gesicht schlagen, um mein Vertrauen zu gewinnen oder irgend so einen Scheiß?«
Er hat den Blick gesenkt und nickt langsam. »Das da draußen war ihr Mann. Sie haben sich nicht getäuscht.«
»Sie haben Joella Lundstrum nie gelesen, oder?«
Er richtet sich auf und legt die flachen Hände auf seine Knie. »Alice Braun zerrt mit links einen ganzen Konzern vor den Kadi.«
»Das können Sie auch auf der Buchrückseite gelesen haben.«
»Und dann werden die Männer in den höchsten Positionen als erstes in die Knie gezwungen.« Ein Zitat, das ich aus der Mitte des Buches kenne. »Wollen Sie jetzt wirklich mit mir darüber streiten?«, erkundigt er sich.
»Mein Mann spricht kein Spanisch. Und selbst wenn er das täte, warum sollte ich dann noch hier sein, wenn er diesen Leuten längst gegeben hat, was sie wollen? Jetzt hören Sie mal. Was haben die denn vor? Mich erschießen, vergewaltigen, mir den Kopf abschneiden oder alles zusammen?«
Benicio setzt seinen Becher ab, kommt herüber zu mir und bleibt nur Zentimeter vor mir stehen. »Ihr Mann ist schon früher hier gewesen.«
»Was?«
»Er kommt seit Jahren hierher. Das letzte Mal erst vor zwei Monaten.«
»Sie lügen.«
»Was hat er Ihnen gesagt, was er Ende Januar gemacht hat? Eine Geschäftsreise?«
»Er ist Leiter einer Bank«, sage ich, während mir fast die Stimme versagt. »Natürlich macht er Geschäftsreisen.«
»Ende Januar. Was hat er Ihnen gesagt, wo er da hinfährt?«
Ich fühle mich einer Ohnmacht nahe. Der Verband amerikanischer Bankiers in Vegas. Aber vielleicht wussten diese Leute das bereits von ihm und jetzt versucht Benicio nur, mich zu überzeugen, dass Jonathon in Wirklichkeit hier unten gewesen ist.
Ich fange mich wieder. »Was bedeutet
pero con…
irgendwas? Jonathon, wenn es denn Jonathon gewesen ist, hat das mehrfach gesagt.«
»Er wollte sichergehen, dass Leon Ihnen nichts getan hat.«
Benicio holt tief Luft.
Das klingt so richtig in meinen Ohren. Eine Welle der Erleichterung überrollt mich. Selbst wenn Jonathon tatsächlich in irgendetwas verwickelt ist – und ich bin noch nicht vollkommen überzeugt, dass dies zutrifft –, ist er doch hergekommen, um zu verhandeln. Er will sich davon überzeugen, dass es mir gut geht. Er arbeitet daran, mich freizubekommen.
»Ganz genau hat er zu Leon gesagt: ›Wir haben uns letzte Woche geeinigt, dass du ihr nichts tun wirst.‹«
Vielleicht ist bei der Übersetzung irgendein wichtiger Teil verloren gegangen.
»Außerdem hat er was von einer Reise in die Schweiz erwähnt.«
Die Schweiz.
Benicio packt meinen Arm, damit ich nicht zu Boden gehe.
Die warme Kleidung in Jonathons Koffer. Zu dieser Jahreszeit perfekt für die Schweiz. Fliegt Oliver auch? Oder wird er irgendwo anders festgehalten, so wie ich?
»Hören Sie mir zu«, flüstert Benicio eindringlich.
Ich weiche einen kleinen Schritt zurück. Er folgt mir und stützt mich immer noch.
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