Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Plötzlich gleitet ein Schatten über sein Gesicht. Er scheint sich noch einmal zu überlegen, was er gerade sagen wollte. Fragend sieht er mir in die Augen. »Ich verstehe einfach nicht, wie ein Mann seiner Frau so etwas antun kann«, sagt er.
Einen Moment denke ich darüber nach, wie ungewöhnlich entspannt Jonathon an dem Morgen war, als wir abgefahren sind. Ein Mann, der in den Urlaub fliegen wollte. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Ich winde mich los und packe die Stäbe vor dem Fenster. »Gehen Sie weg. Sie denken sich das alles doch nur aus. Er hat vorhin etwas anderes gesagt.«
»Hören Sie.« Seine Stimme ist nur ein tiefes Flüstern. »Ich habe versucht zu verhindern, dass man Sie entführt. Darum bin ich auch hier.«
Ich kneife die Augen zusammen und schüttle den Kopf, um einen klaren Gedanken zu fassen. »Ich war in
Ihrem
Wagen, Benicio.
Sie
haben mich entführt.«
»Meiner Tante und meinem Onkel gehört das Ferien apartment, in dem Sie wohnen. Leon ist ihr Sohn. Er hat mir gesagt, dass Ihr Mann Sie sucht. Es war ein Notfall. Als er mirdie Schlüssel für seinen Wagen gegeben hat, stand Ihr Mann vor der Apartmenttür und schien völlig außer sich zu sein. Deswegen habe ich Sie mitgenommen. Man hat mich genauso hereingelegt wie Sie. Und als ich begriff, was da eigentlich läuft, als die Sie aus dem Auto gezogen haben, habe ich versucht, sie aufzuhalten, aber dann haben sie mir das gleiche Tuch ins Gesicht gedrückt wie Ihnen, und als ich aufwachte, war ich genau wie Sie an einen Stuhl gefesselt.«
»Warum haben die mich nicht einfach selbst geschnappt? Warum hat man Sie geschickt?«
»Das ist kompliziert.«
»Halten Sie mich nicht für dämlich«, sage ich warnend. Aber genau das bin ich. Man sieht ja, wie leicht ich hereinzulegen bin.
»Leon versucht seit Jahren, mich dazu zu überreden, in das Familiengeschäft einzusteigen. Egal, wie das jetzt wirken mag, ich liege ihm am Herzen. Er möchte, dass es mir gut geht, dass ich eine große Familie habe und so weiter.«
»Was hat das damit zu tun, dass …«
»In das Geschäft unserer Familie einzusteigen, ist nun wirklich das Letzte, was ich möchte.«
»Okay. Ich weiß aber immer noch nicht, wovon Sie reden.«
»Er hat gedacht, wenn er mich bei dieser Entführung zum Mittäter macht, kann er mich damit erpressen, und eines Tages, wenn ich das schöne Leben genieße, würde ich ihm schon noch dankbar sein. Ich weiß. Es ist kaum vorstellbar, dass jemand so etwas tut, wenn er einen unterstützen will. Sie müssen es mir einfach glauben.«
»Aber was hat das alles mit dieser ganzen Situation zu tun?«
»Wäre es Ihnen irgendwie gelungen zu entkommen, hätten Sie doch bezeugt, dass ich versucht habe, Sie zu entführen. Die anderen sind direkt hinter uns hergefahren. Sie hätten ihre Aussage bestätigt und ich den Rest meines Lebens im Gefängnis verbracht. So wollte Leon mich erpressen.«
»Ich kapiere es immer noch nicht. Und jetzt hat man Sie stattdessen gefesselt?«
»Es sind noch andere Leute in die Sache verwickelt. Leon muss an sie berichten. Er steckt da bis zum Hals mit drin. Ich hatte den Eindruck, dass Sie noch ziemlich glimpflich davongekommen sind im Vergleich zu dem, was danach kommt.«
Die ganze Geschichte verwirrt mich immer mehr. »Jetzt erklären Sie mir mal, in welcher Weise mein Mann in all das verstrickt sein soll, was auch immer hier passiert.«
»Er hat sie betrogen.«
»Wen? Wie?«
Er beugt sich vor. Ich kann die dunklen Flecken in seiner Iris sehen, die die Farbe von frischem Honig in der Sonne hat. Seine Zähne sind strahlend weiß und heben sich von seiner milchkaffeebraunen Haut ab. Wenn er einfach nur gut aussehen würde, fände ich ihn nicht so attraktiv, wie ich es tue. Dann könnte er mich auch nicht dazu bringen, wenn auch nur für eine Sekunde, alles zu vergessen, was gerade passiert. Ich lasse mich nicht so schnell wie manch andere Frau von Äußerlichkeiten blenden. Was immer Benicio auch ausstrahlt, es geht weit darüber hinaus. Zwischen uns sprühen plötzlich wieder die Funken und ich sehe in seinen Augen, dass auch er es bemerkt.
»Ihr Mann ist Banker«, sagt er, als habe er Mühe, überhaupt etwas über die Lippen zu bekommen. »Er ist Investor.«
Ich lasse ihn fortfahren.
»Meine Familie ist immer auf der Suche nach Investoren. Irgendwann haben sie sich kennengelernt.«
»Um was für eine Art Geschäft geht es?«
»Ich weiß nicht viel darüber.«
»Was wissen Sie überhaupt?«
»Was wissen
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