Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Sie denn?«, fährt er mich an.
»Ich? Ich habe nicht die geringste Ahnung, worum es hier geht!«
Er schiebt seinen geschwollenen Kiefer von einer Seite zur anderen. Er blinzelt.
»Ist es das, was sie glauben? Hat Leon deswegen gesagt, ich wüsste genau, was er wolle? Dass ich in dieser ganzen Geschichte irgendwie mit drinstecke?«
»Wollen Sie damit sagen, das tun Sie nicht?«, fragt er.
Ich lache und schüttele nur den Kopf. Das kann alles einfach nicht wahr sein. Die Handlung von
Triebe der Lust
ist glaubwürdiger als dieses Theater.
»Ja«, erwidere ich. »Genau das will ich damit sagen.«
»Gut.« Er starrt zur Wand. »Ich glaube Ihnen«, sagt er etwas milder. »Für mich hat es von Anfang an nicht schlüssig geklungen.«
»Was hat nicht schlüssig geklungen?«
»Dass Sie ihnen ihr Geld weggenommen haben.«
»Okay. Jetzt warten Sie mal einen Moment. Ich möchte gern mal was klarstellen. Worüber reden wir hier eigentlich? Geld wofür? Drogen? Ganz sicher ist weder mein Mann geschweige denn ich in so etwas verwickelt.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Offensichtlich kennen Sie meinen Mann nicht.«
»Und Sie offensichtlich auch nicht.«
Ich spüre, wie wieder die Wut in mir aufsteigt. »Ach, leck mich.«
In dem Raum wird es unerträglich heiß. Ich wische mir über die Stirn. Doch sofort ist sie erneut mit Schweiß bedeckt.
»Es tut mir leid«, sagt Benicio. »Es ist nicht so, wie Sie denken.«
»Sie haben nicht die geringste Ahnung, was ich denke«, fahre ich ihn an, obwohl ich ganz genau weiß, dass er in mir lesen kann wie in einem offenen Buch.
»Wenn er nun geglaubt hat, Menschen zu helfen?«
Ich muss beinahe lachen. Dann schüttele ich den Kopf. »Und wie?«
»Menschen, die an Krebs, Herzerkrankungen, Aids sterben.«
»Wovon reden Sie?«
»Von Medikamenten.«
Ich halte einen Moment inne und denke darüber nach.
»Auf dem Schwarzmarkt. Alles von oraler Chemotherapie bis zu Mitteln gegen hohen Blutdruck.«
Jetzt muss ich tatsächlich lachen. Es klingt wie ein kurzes hysterisches Bellen. »Wollen Sie mir erzählen, mein Mann verschiebt verschreibungspflichtige Medikamente?«
»Ja.«
»Und an wen?«
»An Kliniken, Händler in den Staaten. An Tausende von Leuten, die sie sich sonst nicht leisten könnten.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
»Das müssen Sie auch nicht. Aber wenn Sie eine bessere Begründung dafür haben, warum Sie hier sind, würde ich sie gern hören.«
»Sie sind wirklich unglaublich dreist.«
»Billigen Sie mir bitte mildernde Umstände zu.«
»Mildernde Umstände zubilligen? Wo haben Sie Englisch gelernt?« Noch bevor er antworten kann, sage ich: »Was Sie mir da erzählen wollen, ist vollkommen absurd.«
»Es muss zweifellos so klingen.«
»Geradezu lächerlich.«
»Mir schmecken diese Dinge auch nicht besser als Ihnen.«
Ich stelle mir den Mann vor, den ich mal geheiratet habe; den Mann am Pool mit den blassen Beinen und dem humorlosen Gesicht; den Mann, der abends immer sofort einschläft; den Mann, der meine Brust umfasst und mir zugeflüstert hat; dass er mich liebt; den Mann, der Olivers Flipflops gefunden und mich gefragt hat, ob ich vergessen hätte, wie es sei, sechzehn zu sein. Ich versuche, diesen fürsorglichen und eher übergenauen Mann mit was … ja, mit
was
eigentlich in Verbindung zu bringen. Dem illegalen Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten? Erneut belle ich auf.
»Soweit ich es im vergangenen Jahr mitbekommen habe, denke ich, dass Ihr Mann sehr viel mehr Geld verdient hat, als er erwartet hatte.«
Ich komme kaum dazu, überhaupt zu verarbeiten, was Benicio mir gerade erzählt hat. »Im vergangenen Jahr? Wie lange macht er das denn schon?«
»Ich bin erst seit zwei Jahren wieder in der Stadt. Mein Eindruck ist allerdings, dass das alles schon lange vorher begonnenhat. Ich weiß nur, das Geld fließt beständig. Immer mehr Menschen hier unten wurden in die Sache verwickelt. Er hat eine Menge Mitarbeiter. Oder hatte. Aus irgendeinem Grund war dann aber plötzlich alles vorbei.«
»Und wieso?« Ich will jetzt nur noch die Fakten sammeln.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht wollte er aussteigen. Vielleicht hat er etwas von dem Geld am Aktienmarkt angelegt und es verloren. Oder gestohlen. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er meinem Cousin und den Leuten, mit denen der zusammen arbeitet, eine Menge Geld schuldet. Und die glauben, dass Sie auch etwas damit zu tun haben.«
»Wie um alles in der Welt kommen die
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