Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
seit Monaten mit ihm geführt habe, ohnedass sich daraus ein Streit entwickelt hat. Oliver ist immer noch Oliver. Und Jonathon?
Ich zittere am ganzen Körper, so sehr stehe ich unter Adrenalin. Denk, denk, denk. Ich tappe völlig im Dunkeln, schwanke zwischen dem Gefühl der Erleichterung, dass Oliver in Sicherheit ist, sogar zu Haus, und meinem tiefen Entsetzen und völliger Verwirrung über den ganzen Rest.
Ich krieche unter die Decke. »Ja«, sage ich. »Hol ihn doch mal ans Telefon.«
»Okay.«
Ich kann hören, wie er durch das Haus geht, Türen öffnet und schließt, die Treppe hinunter läuft. »Bist du gut nach Haus gekommen? Ist alles … in Ordnung?«
»Alles bestens«, sagt er, der kleine Sarkasmus in seinem Ton angenehm vertraut. Für ihn ist alles wieder beim Alten. Mehr kann ich mir nicht wünschen. »Was Dad angeht, bin ich mir da allerdings nicht so sicher«, fügt er hinzu. »Er ist ziemlich gereizt, seit du weg bist.«
»Ist er das?«
»Was übrigens auch wirklich komisch war. Du hast nicht mal erwähnt, dass du wegfahren würdest. Oder dich verabschiedet.« Ich kann deutlich hören, dass er sich verletzt fühlt.
»Ich weiß, Liebling. Das tut mir leid. Es war eine sehr spontane Entscheidung.«
»Jedenfalls fährt er jetzt zu irgend so einer Geschäftssache.«
»Was für eine Geschäftssache?«
»Du weißt schon. Arbeit.«
»Ach, richtig. Das hatte ich ganz vergessen. Wann fährt er denn?«
»Übermorgen. Du wirst ihn vorher doch noch sehen, oder?«
»Ich weiß nicht. Was hat er gesagt, wann ich komme?«
»Mannomann, was hast du denn getrunken? Weißt du nicht mal, wann dein eigenes Flugzeug landet?«
»Doch … es ist nur … ich meine, ich habe nicht alles im Einzelnen vor Augen.«
Wie kann Jonathon ihm nur sagen, dass ich nach Hause kommen werde, bevor er wegfährt, wenn er nicht einmal weiß, ob ich überhaupt noch am Leben bin? Hat er vor, Oliver allein zu lassen, wenn ich nicht auftauche?
»Hier ist er«, sagt Oliver. »Du kannst ihn selbst fragen.«
»Nein, Oliver! Warte!«
»Hallo?«
Die Stimme meines Mannes. Der Vater meines Kindes. Der Mensch, der die personifizierte Vernunft ist.
Ich liebe dich. Sag mir genau, was es ist, und ich werde versuchen, es zu ändern.
»Jonathon.«
»Cee! Ich hatte nicht geglaubt, schon so bald von dir zu hören.«
Ich bekomme kein Wort heraus.
»Hast du zuerst auf meinem Handy angerufen?«, erkundigt er sich. »Tut mir leid, ich bin in der Garage. Ich habe es oben liegen lassen.«
»Was?«
Jonathon deckt die Sprechmuschel ab, aber ich kann ihn immer noch hören. »Ich bring es dir gleich nach oben, sobald ich fertig bin, Oliver«, sagt er und meint offensichtlich das Telefon.
Es ist alles so normal. So gewöhnlich, dass ich einen Blick auf das verkrustete Loch in meinem Bein werfen muss, ummich daran zu erinnern, was alles passiert ist. Ich starre auf die Insektenbisse, die Schrammen und den Dreck, und für einen kurzen Moment frage ich mich, ob ich mir alles nur eingebildet habe. Vielleicht bin ich gestürzt und habe mir eine Gehirnerschütterung zugezogen, habe mir das Bein auf irgendeine andere Weise verletzt und eine kurzzeitige Amnesie erlitten oder bin einfach verrückt geworden. Die wirklich Wahn sinnigen haben keine Ahnung, dass sie wahnsinnig sind.
»Er ist jetzt weg«, flüstert Jonathon plötzlich hektisch. »Ich wollte ihm keine Angst einjagen. Mein Gott, Cee. Es tut so gut, deine Stimme zu hören!«
Ich erwidere nichts.
»Wo bist du?«
»Ich bin in Sicherheit.«
»Wo? Was ist passiert?«
»Warum bist du nicht auf der Suche nach mir?«
»Das war ich. Ich bin es noch. Jesus! Ich bin halb verrückt. Ich habe Oliver nach Haus gebracht, damit er in Sicherheit ist, und ich komme zurück, deswegen bin ich hier draußen in der Garage. Ich hol einen größeren Koffer. Ich komme zurück zu dir.«
Es klingt fast vernünftig.
»Wo bist du?«, fragt er.
Und dann sehe ich Bennys dunkelgrüne Augen vor mir, die voller Unschuld alles verraten.
»Ich bin in Sicherheit«, wiederhole ich.
Es folgt eine lange Pause, dann seufzt er. »Celia«, sagt er, als würde ich seine Geduld auf die Probe stellen. »Es ist nicht so, wie du denkst. Diese Leute …«
»Ist das alles nur ein riesiges Missverständnis?«, erkundige ich mich.
»So ist es tatsächlich. Ich habe Fehler gemacht, aber ich hatte keine Ahnung …«
»Wie zum Teufel bist du davongekommen?«, will ich wissen.
»Davongekommen? Was meinst du?«
»Warum haben sie dich
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