Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Stimmen höre, aber nicht verstehe, was Sie sagen.
»Celia! Können Sie uns hören?«, ruft die Frau.
Ich bleibe zusammengekauert hinter dem Baum hocken. Ich wage es nicht, mich zu bewegen. Wieder bin ich gefangen und es bedarf meiner ganzen Willenskraft, um nicht den Verstand zu verlieren, nicht aufzuspringen, zu schreien, um mich zu schießen und wegzurennen. Warte, warte, warte, sage ich mir immer wieder. Ich zittere erneut am ganzen Körper. Das Brennen und Jucken der Insektenbisse wird schlimmer.
Rucksäcke rascheln, schnelle Worte werden gewechselt, aber ich verstehe immer noch nicht, was gesagt wird. Vielleicht habe ich mein Gehör beschädigt, als ich die Waffe so dicht an meinem Ohr abgefeuert habe.
Der Mond verschwindet wieder hinter einer Wolke. Die beiden müssen vorgehabt haben, hier draußen zu kampieren. Auf keinen Fall würden sie um diese Zeit den Berg heraufkommen, wenn sie nicht vorhaben würden, die Nacht dort zu verbringen. Vielleicht treffen sie oben irgendjemanden.
Als sie erneut meinen Namen rufen, weiß ich instinktiv, dass sie nicht gekommen sind, um mich zu retten. Leons Leute haben sie losgeschickt, als Roberto nicht zurückgekommen ist. Warum sonst sollten sie mitten in der Nacht hier auftauchen? Echte Retter suchten nur am Tag. Wird es so nicht auch immer in den Sechs-Uhr-Nachrichten berichtet? Die Suche wird über Nacht unterbrochen und gleich am nächsten Morgen wieder aufgenommen.
Ein Stück den Fluss hinauf scheppert es. Ich zucke zusammen. Plastik prallt gegen Felsen. Die Kegel der Taschenlampen tanzen durch die Nacht.
Das Pärchen stürmt an mir vorbei zum Flussufer.
Ich krieche auf die andere Seite des Baums. Ich zittere so heftig, dass ich fürchte, aus Versehen einen Schuss abzufeuern.
Wieder scheppert etwas gegen die Felsen. Die Lichtstrahlen der Taschenlampen tanzen wie Derwische.
Dann ein lautes Klappern, Stimmen rufen etwas, Laute, Worte, sie scheinen erstickt, werden dann doch hervorgestoßen. Nichts ergibt einen Sinn.
Ich kann nichts erkennen.
»Nein!« Die Stimme, die flussabwärts getragen wird, gehört Benicio. »Nicht!« Dann ein entsetzlicher Schrei.
Ich presse mein Handgelenk vor den Mund, ersticke meinen eigenen Schrei, versuche keinen Laut von mir zu geben, aber ich kann nicht verhindern, dass ich stöhnend nach Luft ringe.
»Celia!«, fleht er.
Ich kann nur an Oliver denken. Bin wie gelähmt. Ich darf nicht das geringste Risiko eingehen, dass mir diese Leute irgendetwas antun.
»Celia!«
Heiß strömen mir Tränen über die Wangen.
Ich atme tief durch die Nase und halte die Waffe auf Höhe meines Gesichts, schussbereit, denn ich rechne damit, dass sie mich jeden Moment finden. Sie müssen doch spüren, dass ich dort bin. Ich platze fast vor innerer Anspannung. Ein Leuchtfeuer blinkt durch die Bäume.
Dann Stille. Grillen und Frösche. Der Fluss rauscht vorbei.
Ich spähe um den Baum herum, aber ich kann nichts sehen. Die Waffe zittert in meiner Hand. Ich könnte einfach in die Dunkelheit schießen und das Beste hoffen. Aber vielleicht treffe ich Benicio, verfehle die anderen, werde sofort geblendet von ihrem Licht, während ein Kugelhagel auf mich niedergeht.
Langsam kehrt das Mondlicht zurück, lässt mich Schatten am Ufer erkennen. Die Taschenlampen liegen jetzt am Boden, in ihrem Licht sehe ich eifrige Beine, ein gelbes Floß, ein Ruder auf einem Felsen, ein zerrissener Müllsack, verstreute Nahrungsmittel und schließlich ein lebloses Bein, die Sohle eines Schuhs.Nach einem Augenblick gleitet der Fuß über den Boden, hält inne, rutscht weiter. Benicio wird davongezerrt, wie von einem Raubtier, in die Dunkelheit.
20
Ich schlief zwei Tage vor der fahrbaren Klimaanlage, erhob mich nur von Zeit zu Zeit schlafwandlerisch, um ein Glas Wasser zu trinken und kehrte dann wieder ins Bett zurück. Ich hatte nichts anderes im Sinn gehabt, als Oliver anzurufen, sobald ich wieder in Mismaloya war, aber der Akku des Handys hatte inzwischen seinen Geist aufgegeben. In einem Geschäft kaufte ich ein Ladekabel, holte mir aus einem kleinen Supermarkt ein paar Lebensmittel, checkte ins Casa Romero ein, schloss das Handy an die Steckdose an und fiel ins Bett. Das Letzte, an was ich mich erinnere, war, dass ich die Augen schloss, um einen klaren Gedanken zu fassen, mir meine Worte genau zu überlegen. Auf keinen Fall wollte ich Oliver verängstigen, irgendetwas verraten.
Und jetzt wache ich im ersten bläulichen Licht des Morgens auf, das durch die
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