Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
wäre es doch noch dazu gekommen, dass man mich als Chemikerin anerkannt hätte, als ich zusammen mit einem Chemiestudenten ein Erkältungsmittel entwickelt habe. Er war ein junger Mann, den ich seit unserer Kindheit kannte. Wir haben einen ganzen Teil meiner Einkünfte für die Forschung verbraucht und nach zwei Jahren verkaufte sich das Mittel sehr gut. Jeder in der Stadt hatte längst erkannt, dass ich eine Frau war, die sehr gut allein zurechtkam. Ich brauchte keinen Ehemann und das bereitete meiner Familie eine Menge Probleme, ganz besonders meinem Vater, der sich meiner schämte und der mich wortreich beschuldigte, Frauen den Männern vorzuziehen. Die Wahrheit war, dass es mir finanziell besser ging als den meisten Männern, die wir kannten. Ich war eine unverheira-tete Frau und hatte Geld auf der Bank. Ich brauchte die Männer nicht und deswegen verschmähten sie mich. Sie glaubten, dass ich dafür bestraft werden müsse
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Als ich eines Abends die Metzgerei verließ, hielten mich zwei Männer auf der Straße an. Sie schubsten mich in einen Durchgang,bis ich mich in der Gasse wiederfand, wo die Leute ihren Müll abluden. Die Männer umkreisten mich wie hungrige Hunde. Sie sagten, es sei Zeit, dass mir mal jemand zeige, wozu eine Frau eigentlich da sei. Ich konnte den Alkohol in ihrem Atem riechen. Ich konnte Leute hören, die in der nächsten Straße einkaufen gingen, und doch kam niemand, als ich schrie
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Es ist sehr schmerzhaft für mich, Dir von diesem Teil meines Lebens zu berichten, doch ihn wegzulassen, käme einer Lüge gleich. Ich würde so tun, als wäre das alles niemals passiert und als habe es keine Bedeutung, was dann geschah
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Meine liebe Tochter. Du weißt, was sie mit mir gemacht haben. Danach stolperte ich hinaus auf die Straße. Mütter sahen mich und drückten ihre Kinder an sich. Ehemänner führten ihre Frauen schnell in die entgegengesetzte Richtung. Allein wankte ich nach Hause, mein Gesicht blutig und verquollen, mein Kleid zerrissen und verschmutzt. Niemand half mir, meine Wunden zu heilen während der fürchterlichen folgenden Wochen, als ich versuchte zu verarbeiten, was diese Männer mir angetan hatten. Ich wurde zu einer Aussätzigen, der sich andere nicht mehr nähern wollten. Die Wochen, die ich abwarten musste, bis ich wusste, ob ich ein Kind unter dem Herzen trug, waren eine Qual. Meine eigene Schwester fragte mich, woher ich meinen Lebenswillen nehmen würde. Aber ich wollte mir nicht das Leben nehmen. Ich wollte es ihnen nehmen. Wieso stellte man mir eine solche Frage, während diese Männer immer noch hoch erhobenen Hauptes durch die Straßen gingen?
Das alles war vor vielen, vielen Jahren. Es hat Zeit gebraucht, aber ich habe diesen Tag sowohl körperlich als auch geistig hinter mir gelassen. Ich habe diesen Männern mein Leben nicht geopfert. Ich habe nicht zugelassen, dass sie mir mein Recht auf Glücknahmen. Mein Recht, zu lieben und anderen Freude zu bereiten. Was sie getan haben, war nicht meine Schuld. Und doch muss ich gestehen, dass ich selbst nach all diesen Jahren nicht begreifen kann, wie zwei erwachsene Männer so etwas einer jungen, unschuldigen Frau antun können. Wer weiß schon, was sich in den Herzen von Männern abspielt? In diesem Sinne hatte mein Vater recht, was mich angeht. Ich ziehe die Herzen von Frauen vor
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Ich bin damals nicht schwanger geworden. Hab keine Angst, dass sich einer dieser Männer als Dein Vater herausstellen könnte. Doch wenn meine Aussichten, einen Ehemann zu finden, schon vor diesem Ereignis schlecht gewesen waren, schienen sie danach völlig hoffnungslos
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Eine Ausnahme war Dein Vater. Ich habe meinen Freund, den Chemiker, geheiratet, Walter Hagen, oder vielleicht sollte ich eher sagen, er hat mich geheiratet, denn er behauptete, mich schon sein ganzes Leben lang geliebt zu haben. Mit der Zeit begann ich ihn ebenfalls zu lieben, selbst als er beschloss, sich den Verdienst für das Erkältungsmittel allein zuzuschreiben und seinen Kollegen gegenüber behauptete, dass ich gelogen habe, was meine Mitarbeit an seiner Entwicklung betraf. Die Wahrheit war, dass er mit ihrem Spott nicht leben konnte oder mit der Tatsache, dass ich niemals das Forschungslabor einer Universität betreten hatte und trotzdem wusste, was er wusste. Ich verschlang jedes wissenschaftliche Buch, das ich in die Hände bekommen konnte, einschließlich derer, die er herumliegen ließ, während er im Labor arbeitete. Ich belauschte Gespräche zwischen ihm und
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