Gefaehrliche Spur
Richtigen wirklich geborgen fühlen. Vertraue deinem Instinkt. Und dann heirate den Mann.“
Rya musste bei dem Gedanken lachen. Sie gab nichts auf solche Amme n märchen. Der beste Beweis dafür, dass das nicht stimmen konnte, war, dass sie sich gestern in Toms Armen so geborgen gefühlt hatte , wie nie zuvor bei einem Menschen; abgesehen von ihren Eltern zu der Zeit, als sie noch ein Kind gewesen war. Dabei kannte sie Tom nicht einmal. Außerdem lebte er auf der Straße und war potenziell gefährlich, wie die Art bewiesen hatte, mit der er den Schlägertypen heimgeleuchtet hatte. Aber er war schuldlos o b dachlos und bestimmt kein schlechter Mensch, sonst hätte er die Situation gestern ausgenutzt. Und er hätte sich mit Kusshand auf den Job gestürzt, den Rya ihm angeboten hatte. Dass er das nicht getan hatte, weil er sie nicht als zu schützendes Objekt betrachten konnte, war in Anbetracht seiner Situation verständlich und bewies, dass er ein anständiger Mann war.
Bestimmt fühlte sie sich nur deshalb zu ihm hingezogen, weil er außer Dr. Serkova bis jetzt der Einzige war, der sie verstehen konnte; ihr Trauma, ihre Panikattacken, ihre Angst. Und ganz sicher spielte es auch eine Rolle, dass er sie trotz der Narbe attraktiv fand und sie dafür bewunderte, dass sie den Skinner erledigt hatte. Seine Bewunderung war echt. Und sie tat gut.
Sie berührte die Narbe und fand es immer noch lächerlich, sie als weise Ratgeberin zu sehen, geschweige denn, mit ihr in Kontakt zu treten. Andere r seits hatte auch Dr. Serkova etwas Ähnliches gesagt, das darauf hinauslief, die Narbe als einen wichtigen Teil von sich zu begreifen, der bewies, dass sie überlebt hatte.
Rya blendete die Gedanken an Tom und ihre persönliche Befindlichkeit aus und schwang sich aus dem Bett. Duschen, Frühstücken, dann Aid for the Homeless heimsuchen. Ob Tom sich ein ordentliches Frühstück hatte leisten können? Wo mochte er geschlafen haben? Hoffentlich in Joe’s House oder einer anderen Unterkunft für Obdachlose. Auch Ende April waren die Näc h te in Portland noch kalt.
Sie seufzte. Schon wieder dachte sie an Tom. Und das nur, weil sie ihn in einem schwachen Moment geküsst hatte. Aber das war schön gewesen. Wir k lich schön.
Schluss damit! Sie hatte einen Vermissten zu finden. Sie verbot sich jeden weiteren Gedanken an Tom mit den Fuchsaugen und ging eine Strategie durch, wie sie sich bei Aid for the Homeless einführen wollte. So weit wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben, war immer am besten. Und sie hatte eine gute Idee, wie sie das bewerkstelligen konnte.
*
Das Büro von Aid for the Homeless entpuppte sich als eine kleine Zwei-Zimmer-Residenz in einem Gebäude in der Cumberland Avenue. Der Haup t raum bestand aus zwei Arbeitsplätzen, an denen ein Mann und eine Frau saßen sowie einer mit einer Couch und zwei Sesseln ausgestatteten Wartez o ne, die gegenwärtig nicht besetzt war. Gegenüber der Eingangstür befand sich eine Tür, deren Namensschild zeigte, dass es sich um Silvia Carters Büro handelte, Geschäftsführerin.
Der Mann am Schreibtisch links vom Eingang lächelte Rya zu. Laut dem Namensschild auf seinem Tisch hieß er Larry Pearson. „Guten Morgen, Ma’am. Was können wir für Sie tun?“ Er deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch.
Rya nahm die Einladung an und setzte sich. „Mein Name ist Ryanne Mac Kinlay. Ich arbeite für die Detektei Your Eyes Inc. in Washington.“ Sie reic h te dem Mann eine Visitenkarte. „Einer unserer Klienten hat von Aid for the Homeless gehört und trägt sich mit dem Gedanken, als Sponsor bei Ihnen einzusteigen.“
Pearson lächelte erfreut.
„ Aber bevor er diesen Schritt tut, möchte er mehr über Ihre Organisation wissen als das, was im Internet steht.“
„ Es freut uns, dass unser Ruf offenbar schon bis Washington gedrungen ist“, sagte Pearson.
„ Wie unser Klient sagte, hat er von Ihnen durch einen Mann erfahren, der durch Ihre Hilfe wieder in ein ordentliches Leben gefunden hat. Marty Kirk.“
Pearson schüttelte lächelnd den Kopf. „Der Name sagt mir nichts, aber das will nichts heißen. Ich kenne nur die Namen der Kandidaten, die ich selbst betreut habe. Ein Marty Kirk war nicht dabei. Silvia Carter, unsere Geschäft s führerin, hat die vollständige Liste.“ Er deutet auf die geschlossene Tür. „Sie ist momentan im Gespräch mit einem neuen Kandidaten. Ich kann Ihnen aber alle Informationen geben, die Ihren Klienten interessieren
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