Gefaehrliche Tiefen
bekommst ein Exklusivinterview mit uns beiden. Du kannst das ganze verdammte Team interviewen. Du erfährst alles von uns.«
»Die Verbindung wird schwächer. Hast du âºexklusivâ¹ gesagt?«
»Ja! Zing! Exklusiv!«, schrie sie den Laptop an. »Nachdem du mich rausgeholt hast.«
»Interessant«, wiederholte er. Im Hintergrund hörte sie eine weibliche Stimme. Adam schlief demnach nicht allein.
»Adam? Kannst du mir helfen? Kennst du jemanden mit Einfluss in Ecuador?« Er antwortete nicht. »Adam?«
»
Cállate
!«, brüllte einer der Männer in der Nachbarzelle. Da sie ziemlich schrie, hieà das vermutlich: »Halt die Klappe!«
»Ich denke nach, Babe. Im Moment fällt mir niemand ein. Wie kommtâs, dass Mr FBI nicht schon zu deiner Rettung eilt?«
Ein Pfeil, direkt in ihr Herz. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihre Sicht verschwamm. »Ich kann ihn nicht erreichen.«
Chase musste irgendetwas Schreckliches zugestoÃen sein, das wusste sie. Ansonsten würde er ihr helfen.
Du stehst nicht auf der Liste
. »Das FBI will mir nichts sagen«, brachte sie mühsam hervor. Verdammt, sie würde am Telefon nicht wie ein kleines Kind zu schluchzen anfangen.
Du bist mir was schuldig
, hätte sie am liebsten gerufen. »Ich sitze wirklich im Gefängnis«, sagte sie mit brechender Stimme. »Man hat mich wegen Mordes angeklagt.«
»Ich glaube dir ja.«
Die Batterieanzeige war auf 4 0 % gefallen. »Ich muss Schluss machen, Adam. Die Batterie ist fast leer. Bitte, hilf mir.« Wenn nötig, würde sie zu Kreuze kriechen.
»Ich bleibe an der Sache dran und tue alles Menschenmögliche. Ich verspreche meinen Redaktionsleitern Exklusivinterviews mit dir und Zing. Aber egal, was passiert, du wirst wieder von mir hören. Vertrau mir. Ciao.« Dann meldete der Computer, dass kein Signal mehr empfangen wurde.
Ich bleibe an der Sache dran? Egal, was passiert?
Das Klicken eines Schlüssels in der Eingangstür kündigte Besuch an. Schnell fuhr sie den Laptop herunter, klappte den Deckel zu und steckte ihn zurück in die Tasche. Als Aguirre und zwei Frauen mittleren Alters im Gang auftauchten, saà sie schon wieder auf der Pritsche.
Die beiden Frauen trugen in Alufolie eingewickelte Teller. Das Trio kam den Korridor entlang, verschwand dann aber aus Sams Blickfeld, weil es direkt zur Nachbarzelle ging. Der Geruch von Knoblauch und Brathühnchen wehte durch die Stäbe zu ihr herein. Eine Tür ging auf und schlug zu. Sie hörte eine leise Unterhaltung auf Spanisch. SchlieÃlich kamen Aguirre und die beiden Frauen zurück, allerdings mit leeren Händen. Aguirre wich Sams Blick aus, aber die Frauen schauten kurz zu ihr, ehe sie um die Ecke verschwanden. Sam winkte ihnen zu und schluckte das Wasser, das ihr schon im Mund zusammengelaufen war, hinunter. Wann bekam sie ihr Mittagessen?
Wie sich herausstellte, lautete die Antwort: nie. Gegen ein Uhr gab sie die Hoffnung auf, durchwühlte ihren Matchsack, bis sie den Power-Snack fand, den sie vor einer Woche in Bellingham eingepackt hatte. Das war alles. Mehr Nahrung hatte sie nicht. Vielleicht würde ihre Haftdauer nur relativ kurz ausfallen. Nur so lange, bis sie verhungert war. Zumindest würde sie dann â vorausgesetzt, der Himmel existierte tatsächlich â ihre Mutter und GroÃmutter wiedersehen. Und Dan. Vielleicht auch ⦠Chase.
Sie ergab sich in ihr Selbstmitleid und lieà die Tränen über die Wangen flieÃen. Einer der Geckos lief die Wand herab und am Rand ihrer Schlafstelle entlang. Kurz vor ihrem Bein blieb er stehen. Das kleine Reptil riss den Mund auf und warf den Kopf hin und her. Die typische Drohgebärde der Echsen.
»Sei lieber vorsichtig«, sagte Sam zu ihm. »Vielleicht muss ich dich noch essen.«
25
Im Laufe des Nachmittags wurde ihr Durst immer schlimmer. Ãber dem metallenen Wassertank der Toilette befand sich eine abenteuerliche Spülbeckenkonstruktion. Wasser aus einem Hahn zu trinken, der direkt mit der Toilette verbunden war, schien keine sehr hygienische Lösung zu sein. Doch eine andere Möglichkeit gab es nicht. Deshalb lieà sie langsam lauwarmes Wasser in den Pappbecher laufen und trank es.
Etwas Gutes hatte das Eingesperrtsein: Ihr blieb reichlich Zeit, über die Geschehnisse seit ihrer Ankunft auf den Galapagosinseln nachzudenken. Die verunreinigte Luft. Das Hotel.
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