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Gefaehrliche Tiefen

Gefaehrliche Tiefen

Titel: Gefaehrliche Tiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela S. Beason
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Mauer. Ein kleiner Dreckklumpen segelte durch das Drahtgitter herein. Zwei weitere Stimmen waren zu hören, die skandierten: »
Zing es un cobarde! Cobarde! Cobarde!
«
    Zings Namen hatte sie verstanden, mehr aber auch nicht, abgesehen von der nicht zu überhörenden Feindseligkeit des Tonfalls. Wie viele standen da draußen? Wussten sie, in welcher Zelle sie saß? Es klang, als befänden sich die Männer auf der Straße neben dem Gebäude, nicht auf dem freien Feld, aber sie hatte Angst nachzusehen. Nach ein paar weiteren Rufen auf Spanisch unterbrach eine autoritäre Stimme die Schreihälse, dann herrschte wieder Stille.
    Noch 1 9 %. Sie klickte sich zur Webseite von Adams Fernsehsender durch. Ja, ihre Geschichte war gestern noch einmal wiederholt worden. Umso besser. Aber kein Wort von eventuellen Verhandlungen mit Ecuador oder irgendwelchen Plänen, sie zu retten.
    Hatten die Einheimischen entdeckt, dass sie Zing war? Wenn die
fiscalia
ihre Arbeitgeber bei Key anrief oder versuchte, dieser Zing auf die Spur zu kommen, würde die Polizei die Wahrheit herausfinden. Sam hatte furchtbare Angst, dass die Randalierer ihr als Nächstes vielleicht einen Molotowcocktail durchs Fenster werfen könnten.
    Das kleine Batteriesymbol zeigte nur noch zehn Prozent. Sam schickte ihrem Vater eine E-Mail.
Wollte dir nur kurz sagen, dass ich dich liebe
. Reverend Mark Westin war noch nicht einmal wieder in den Staaten. Ihre Nachricht würde er erst in einiger Zeit lesen, aber falls sie plötzlich verschwand, würde er zumindest wissen, dass seine Tochter an ihn gedacht hatte. Er war ihr einziger noch lebender Blutsverwandter.
    Der Bildschirm flimmerte auf.
Warnung. Batterie schwach! Computer wird abgeschaltet
…
    Und das wurde er dann auch.
    Jahrelang hatte sie sich gewünscht, endlich von Computern loszukommen. Jetzt fühlte sie sich, als hätte sie einen Freund verloren. Selbst das sonst so ärgerliche Geräusch des Lüfters vermisste sie. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Das Pferd hatte mittlerweile Gesellschaft bekommen. Ein gescheckter Hund lag ausgestreckt im Gras und aalte sich in der Sonne. Jetzt beneidete sie schon Hunde um ihr Leben. Ging es eigentlich noch jämmerlicher?
    Thoreau hatte einmal gesagt, dass die meisten Menschen ein Leben stummer Verzweiflung führten. Dieses Zitat beschrieb die Atmosphäre in ihrer Zelle hervorragend. Sie fühlte sich, als würde sie innerlich schreien, aber die Stille hier drin war grässlich. Sam legte sich hin, schloss die Augen und versuchte, sich ihr ruhiges Leben zu Hause und eine glückliche Zukunft mit Chase vorzustellen. Morgen sollte sie sich eigentlich mit ihm treffen. Würde er an diesem Skiort auf sie warten? Lebte er noch?
    Immer wieder lenkten Sam ihre Gedanken auf einen düsteren Pfad, der in Gerichtsverhandlungen und Blutvergießen mündete. Wieder hörte sie Stimmen von der Straße, allerdings keine wütenden Schreie. Na los, J . J., Adam, Wyatt – egal wer. Die waren doch bestimmt gekommen, sie hier rauszuholen, oder? Vor seinem Geständnis hätte sie auch Eduardo in diese Liste mit aufgenommen, doch der wartete vermutlich einfach ab, was passieren würde.
    Ein paar Minuten nach Sonnenuntergang kam jemand in das Gebäude und schleuderte ihr eine fettige Papiertüte durch die Gitterstäbe zu. Eine Überraschung – es war Schwartz. Er starrte sie an, als ringe er mit einer Entscheidung, dann machte er kehrt und verschwand wortlos. Sie fragte sich, ob das Hühnchensandwich und die Kekse von seiner Frau stammten oder von einem anderen Wohltäter hier.
    Am nächsten Morgen wurde Sam wach, weil sie an der Stirn etwas kitzelte. Huch! Verdammte Kakerlaken! Sie fuhr sich mit der Hand über die Augenbrauen. Etwas Leichtes flatterte davon. Sie schoss zum Rand der Matratze und suchte den Fußboden ab. Schließlich entdeckte sie einen zusammengefalteten Zettel, auf dem mit blauer Tinte von Hand geschrieben stand:
    SanDman sagt, heute Treffen am Flghf von Villamil.
    Sie stieß ein bitteres Lachen aus. Klar. Als könnte sie hier rausspazieren, wann immer sie wollte. Und selbst wenn – Puerto Villamil war die Hochburg der Fischer und der letzte Ort, an den sie gehen würde. Was für eine neue Drohung sollte das denn sein?
    Wenn sie nach Puerto Villamil käme, wäre sie nicht besser dran als dieser flossenlose Hai, den sie gefilmt hatte – umgeben

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