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Gefaehrliche Tiefen

Gefaehrliche Tiefen

Titel: Gefaehrliche Tiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela S. Beason
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von Artgenossen, die sie jede Sekunde in Stücke reißen würden. Wer zum Teufel war dieser Sandmann, der sie andauernd per E-Mail belästigte und jetzt auch noch in ihrer Gefängniszelle? Dem Zettel nach zu schließen, möglicherweise ein Einheimischer. Konnte Carlos Santos SanDman sein?
    Sie legte sich auf den Boden, machte Liegestütze und spielte, statt mitzuzählen, in Gedanken mit zweisilbigen Worten. Sand-mann. San-tos. Sand-y. Sand-strand. Sand-sturm. Sand-ers.
    Sie setzte sich auf. Sanders! Jonathan Sanders besaß die
Papagayo
und andere Schiffe. Dans Tod und ihre derzeit traurige Berühmtheit waren dem Geschäft vermutlich nicht gerade förderlich. Ihm wäre es sicher durchaus recht, wenn sie einfach aus dem Land verschwinden würde. Und er verfügte über die Mittel dazu, dies zu bewerkstelligen. Er konnte locker einen Privatjet am Flughafen von Villamil bereitstellen. Vielleicht war Sandmann kein Feind, sondern ein Verbündeter. Vielleicht sorgte Sanders bereits dafür, dass man sie freiließ. Den Zettel musste jemand aus der Gegend durchs Fenster geworfen haben. Eduardo? Ein Mädchen durfte wohl noch hoffen, oder?
    Sie machte zwanzig weitere Liegestütze, dann fünfzig Sit-ups und zwanzig Hampelmänner. Zeit für eine Pause. Sie legte sich auf den Rücken und hörte ihrem Magen beim Knurren zu. Gott, diese Langeweile. Kein Computer, keine Bücher, kein Fernseher, nicht einmal andere Häftlinge, deren Unterhaltung sie hätte zuhören können. Plötzlich überkam sie die unerfreuliche Vorstellung, sie würde mutterseelenallein auf diesem Schlafplatz zu einem Skelett abmagern. Mütter würden ihre Kinder hier anschleppen, auf ihre Knochen deuten und sagen: »Das passiert dir auch, wenn du dich nicht endlich am Riemen reißt.«
    Sie durchsuchte ihren Matchbeutel, zog eine Haarspange heraus und versuchte, damit das Schloss der Zellentür zu knacken. Doch die Spange war zu weich und drehte sich im Schlüsselloch, ohne etwas zu bewirken. Schließlich zog Sam sie wieder heraus. Wenn sie doch nur ihr Tauchermesser hätte oder irgendein richtiges Werkzeug. Nur mit einem Stift würde sie sich kaum ins Freie buddeln können.
    Sie zog einen Notizblock aus ihrem Beutel und schrieb:
Ich bin unschuldig; helft mir – Summer Westin. Man hat mich hereingelegt; helft mir – Summer Westin. Ich habe Hunger; bringt mir was zu essen – Summer Westin
. Sie spielte kurz mit dem Gedanken zu schreiben:
Mir ist langweilig; unterhaltet mich
– aber das kam ihr unangemessen vor. Später vielleicht. Sie faltete jeden der Zettel einmal zusammen und schob sie dann durch das Drahtgitter vor dem Fenster. Das Pferd trabte vorüber und prüfte, was da zu Boden flatterte. Einen der Zettel nahm es zwischen die Lippen, spuckte ihn aber wieder aus und nieste grüne Flecken auf die übrigen.
    Sam legte sich wieder hin, schloss die Augen und dachte darüber nach, ob Lebenslängliche den Tod herbeisehnten, um die Eintönigkeit des Gefangenendaseins zu lindern. Vielleicht sollte sie ihre Kleidung in Streifen reißen, sie zu einem langen Seil verknüpfen, es wie einen Flaschenzug um die Gitterstäbe der Tür winden und so das Gitter am Fenster herausreißen. Vielleicht konnte sie an den Betonmauern ihren Stift scharf wetzen und den nächsten Polizisten, der zu ihr hereinkam, damit angreifen. Oder sich die Pulsadern aufschlitzen, damit sie es endlich hinter sich hatte.
    Toll.
Dies war erst ihr zweiter Tag im Gefängnis, und sie dachte bereits wie ein Häftling. Sie tüftelte an weiteren Selbstmordmethoden herum – Knöpfe schlucken, sich mit dem selbstgemachten Seil oder den Griffen ihres Beutels aufhängen.
Knast ist nicht so schlimm, Maya?
Versuche es mal ein paar Tage ohne Verpflegung in Einzelhaft, dann wirst du deine Meinung schon ändern.
    Erst zwei Tage sind vergangen
, sagte sie sich. Blake, Wyatt, Adam, J . J. und Eduardo wussten, wo sie war. Die Nachricht von Sandmann ließ sie hoffen, dass sie möglicherweise noch heute gerettet würde. Ungeduldig wartete sie auf einen von Sanders’ Untergebenen. Hoffentlich brachte er ihr etwas zu essen mit.
    Am Nachmittag kamen dann allerdings keine Befreier, sondern Sergeant Schwartz und seine Kollegin Montero. Schwartz schloss die Zellentür auf, die Frau blieb in einigem Abstand stehen. Ihren Mienen war nicht das Geringste zu

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