Gefaehrliche Tiefen
herum sangen das letzte Wort besonders laut â in Mexiko sollten sie gefälligst bleiben, die Einwanderer. Nicole stieà Chase den Ellbogen in die Rippen, um ihn daran zu erinnern, dass er mehr Begeisterung zeigen sollte.
Die Menschenmenge auf ihrer StraÃenseite war nur halb so groà wie die der Lateinamerikaner und ihrer Unterstützer auf der anderen. Bis jetzt war es der Polizei von Tuscon gelungen, die beiden Gruppen voneinander getrennt zu halten. Chase hob sein Plakat mit der Aufschrift »Amerikanische Löhne für amerikanische Arbeit!« und brüllte: »Nehmt eure Tortillas und geht nach Hause, verdammte Mexen!«
Eine Fernsehkamera richtete sich auf ihn.
Mist.
Falls seine Eltern oder seine Verwandten in Boise diese Aufzeichnungen sahen, würden sie ihn glatt einen Kopf kürzer machen. Aber vielleicht würden sie ihn gar nicht erkennen, glatzköpfig, tätowiert und gepierct wie er war.
»Ja, Schatz, gibâs ihnen!«, flüsterte Nicole begeistert und legte die Hand um seinen Arm. Wie sie es schaffte, keinen ihrer schicken, drei Zentimeter langen lackierten Fingernägel abzubrechen, war ihm ein Rätsel.
Chaseâ Kopfhaut fühlte sich heià an. Hatte er auch genügend Sonnenschutzmittel aufgetragen? Was für eine seltsame Art, sich den Valentinstag um die Ohren zu schlagen! Wäre er Buchhalter geblieben, würde er jetzt eine Nacht voller heiÃem Sex mit seiner Freundin planen, statt mit seiner verheirateten FBI -Kollegin bei einer Demonstration Transparente zu schwenken.
Was er über die Galapagosinseln herausgefunden hatte, verursachte ihm Sodbrennen. In den letzten sechs Monaten hatte es eine Reihe von gewalttätigen ZusammenstöÃen zwischen Wilderern und den Patrouillen des Galapagos-Nationalparks gegeben. Schlimmer noch war, dass er in ecuadorianischen Zeitungen Hinweise auf eine sogenannte Haifischflossenmafia entdeckt hatte.
Die Pro-Latino-Menge auf der anderen StraÃenseite fing an zu singen, und die Leute rund um Chase versuchten, sie mit Zwischenrufen zu übertönen. Diese langweiligen Protestveranstaltungen konnten sich jeden Moment in etwas sehr Hässliches verwandeln. Vielleicht musste genau das passieren, damit sie mit ihrem Auftrag endlich einen Schritt vorankamen. Laut den FBI -Internet-Trolls war der Mann, den sie suchten â ein Anführer namens Dread â vermutlich bei dieser Demonstration dabei.
Dread war der Name, der immer wieder auf Webseiten auftauchte, die Verbrechen gegen Immigranten im südlichen Arizona bejubelten. Dread ritt ständig darauf herum, dass Jobs im Bauwesen verloren gingen und illegale Einwanderer Drogenkuriere und Diebe seien. Er predigte, dass das Land wieder von anständigen Amerikanern zurückerobert werden müsse, notfalls mit Waffengewalt. In den vier Leichen, die sie vor einer Woche in der Wüste Arizonas gefunden hatten, hatten jede Menge Kugeln gesteckt.
Die Leichen waren die eines Mädchens im Teenageralter, zweier junger Männer mit Gang-Tätowierungen und die von Liam Cisneros gewesen, einem verdeckten Ermittler der DEA . Falls sie Drogen oder Waffen bei sich gehabt hatten, waren diese zu dem Zeitpunkt, als die Polizei informiert wurde, längst verschwunden gewesen. Alle vier Opfer waren von mehreren Kugeln getroffen worden. In Cisnerosâ letztem Bericht an seine Vorgesetzten hatte es geheiÃen, dass er mit der NUC unterwegs war, einer Gang, von der der Heimatschutz annahm, dass sie die US -amerikanische Grenzpolizei infiltriert hatte.
Cisnerosâ Tod gab so viele Rätsel auf, dass man gar nicht wusste, wo man anfangen sollte. Handelte es sich bei den jungen Leuten, mit denen er umgekommen war, um NUC -Mitglieder? Waren sie von den Fanatikern der Bürgerwehr umgebracht worden, die auf jeden schossen, der illegal über die Grenze kam? Hatte sich ein rivalisierendes Drogenkartell der Konkurrenz entledigt? Und welche Rolle spielte die Grenzpolizei? Vor Kurzem war aufgeflogen, dass Grenzpolizisten sowohl in Menschen- als auch in Drogenschmuggel verwickelt waren, aber die Identität der Täter war noch immer nicht bekannt. Der gesamte Cisneros-Fall erschien erschreckend undurchsichtig. Es war schwer, ein Problem aus der Welt zu schaffen, wenn man keine Ahnung hatte, wer es verursacht hatte und wie groà es war.
»Das ist der reinste Schwachsinn«, knurrte der Mann, der rechts neben Chase stand.
»Das können Sie laut
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