Gefaehrliche Tiefen
seinem Nachnamen anreden lieà â ein zierlicher, verschlagen wirkender Mann mit einer Narbe, die mitten durch seine Augenbraue lief. Die Sorte Mann, die niemals in der Ãffentlichkeit eine Pistole tragen würde, dafür aber immer ein Klappmesser in der GesäÃtasche hatte. Nachdem sie alle ein paar Bier getrunken und sich ausgiebig beäugt hatten, verteilte Dread die Adresse der »Aktion des Abends«. Jeder nahm seinen eigenen Wagen.
Nicole fuhr ihren zerbeulten Pick-up aus den Vororten heraus, während Chaseâ Gedanken aus dem Land herausreisten, Tausende von Meilen weit fort zu den Galapagosinseln. Am Morgen hatte
Out There
zwei Artikel aus Ecuador veröffentlicht: einen unter Summers üblichem Online-Namen, Wilderness Westin, und einen von jemandem namens Zing. Während Westins Artikel ein unbeschwerter Bericht über einen Inselausflug war, bebildert mit blaufüÃigen Vögeln, die zu Rapmusik umherstolzierten, ging es in Zings Bericht um illegale Fischerei, ergänzt mit Bildmaterial von einem flossenlosen Hai, der â noch lebend â in Stücke zerrissen wurde. Zu Westins Bericht hatte es nur ein paar wenige belanglose Kommentare gegeben, aber Zing hatte mehrere Dutzend Mails, teils in Englisch, teils in Spanisch erhalten. Die negativen Kommentare lieÃen sich zusammenfassen als
Das geht dich nichts an, hau ab, du Miststück
. Auch ein
Sonst â¦
war herauszulesen.
Eine Zing hatte Summer nicht erwähnt, nur einen Partner namens Dr. Kazaki. Chase hatte den beunruhigenden Verdacht, dass es sich bei Wilderness und Zing um dieselbe kleine blonde Frau handelte. Wenn sie die Unterwasserfotos von den kreisenden Haien selbst geschossen hatte, war sie dort unten ein hohes Risiko eingegangen. Warum versuchte sie auf Teufel komm raus sich umzubringen?
Da redet der Richtige
, hätte sie erwidert. Ja, seine Arbeit war gefährlich, aber er hatte Nicole an seiner Seite, und hinter sich das gesamte FBI . Sam dagegen hatte â wen? Eine Handvoll gut meinender Naturschützertypen? Als ob sie das vor gewalttätigen Ãbergriffen bewahren könnte!
Nicole schaltete das Radio an und stellte einen Sender ein, dessen Talkrunden berühmt für ihre heftige Kritik an sowohl der Staats- als auch der Bundesregierung waren.
Nicht besser als die Nazis,
sagte der Gesprächsleiter gerade.
Man sollte sie alle rausschaffen und erschieÃen.
Das war einer seiner üblichen Sprüche, die sich auf alles Mögliche beziehen konnten: die Abgeordneten des Staates Arizona, die Bundesregierung oder Schwule oder sonstige Minderheiten. Chase zog einen Flunsch. Jetzt machte er diesen Job gerade mal zwei Tage, und schon hatte er die Nase voll von dem beschränkten Typen, den er spielte. Doch der schmutzig braune SUV , den er im Rückspiegel sehen konnte, erinnerte ihn daran, dass sie unter Dauerüberwachung standen. Am Tag zuvor hatte es zum Abendessen angebrannte Spareribs mit Mais und Bier in einem schmierigen Grillrestaurant gegeben. AnschlieÃend verbrachten Nicole und er eine ruhelose Nacht auf einem Campingplatz, in der sie versuchten, auf der Luftmatratze hinten im Pick-up nicht mit den Rücken aneinanderzustoÃen.
Chase kratzte an der Schmutzschicht an seinem Nacken. Hoffentlich bekam er bei seinem nächsten Job als verdeckter Ermittler eine bessere Rolle in irgendeinem luxuriösen Hotel in Vegas oder Miami. Summers Berichte hatten nichts darüber verraten, wo sie übernachtete. Gab es auf den Galapagosinseln Hotels der gehobenen Preisklasse? Er stellte sich die Inseln als eine Ansammlung von Strohhütten, Holzbooten, Eidechsen und Moskitonetzen vor.
Nicole parkte in der hintersten Ecke eines gekiesten Parkplatzes und zog die Handbremse an. »Fertig, Charlie?« Sie bohrte ihm einen ihrer langen, mit einer amerikanischen Miniaturflagge geschmückten Fingernägel in die Schulter. »Bist du irgendwo da drin, Schatz?«
Summer ist stark
, sagte Chase sich. Sie war in Begleitung von Kazaki, einem erfahrenen Taucher und Wissenschaftler, der die Sprache beherrschte und sich mit den Begebenheiten vor Ort auskannte. Chase streckte Nicole die Zunge heraus. »Bin ganz scharf auf ein bisschen Action, Schatzimaus.« Das brachte ihm einen tödlichen Blick ein. Er drehte sich um, um seine Schrotflinte aus der Halterung zu nehmen. »Feuer frei, Nikkischatz.«
Bei der Adresse handelte es sich um ein altes, einstöckiges,
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