Gefaehrliche Tiefen
äuÃeren Gang und die Treppe hinunter zum Heck der
Papagayo
lief. Ihr Kajak war seitlich an der Reling befestigt; sie machte es los und lieà es fallen, wobei sie die Bugleine fest in der Faust hielt. Mit einem lauten Klatschen traf das Boot auf dem Wasser auf.
Als sie hineinstieg, beugte sich ein Besatzungsmitglied über die Reling. »Nein, Miss, Sie können nicht â¦Â«
»Ich bin in ein paar Minuten zurück«, rief sie in Richtung der Silhouette.
Behutsam paddelte sie von der
Papagayo
weg. Sobald sie sich so weit entfernt hatte, dass sie keine Stimmen mehr hören konnte und auch das Dröhnen des Generators verklungen war, legte sie sich das Paddel quer über den SchoÃ. Das Boot kam zum Stillstand und wurde jetzt nur noch sanft von den an diesem Abend nicht allzu hohen Wellen hin und her bewegt. Ãber ihr funkelten die Sterne und spiegelten sich auf der samtenen Wasseroberfläche.
Sie streckte die Hand ins Wasser und beobachtete, wie das glitzernde Spiegelbild durch ihre Finger aufgewühlt wurde. Es war, als würden mikroskopisch kleine Kometen durch einen Himmel aus Wasser gleiten. Sie zog die Hand heraus, schüttelte das Salzwasser ab und sah den funkelnden Tropfen hinterher.
Schon immer war die Natur ihr Rückzugsort gewesen. Damals als Kind, als ihre Mutter qualvoll an der Lou-Gehrig-Krankheit starb und ihr Vater seinen Schmerz betäubte, indem er völlig in seiner Gemeindearbeit aufging, war sie zu den Vögeln auf die Bäume geklettert oder hatte unter den Johannisbeersträuchern ihrer GroÃmutter mit Schmetterlingen und Bienen geredet. Als Erwachsene hatte sie sich ein altes Haus im Wald gekauft, um in der Nähe von Rehen, Waschbären und KernbeiÃern zu sein. Chase hatte sie bei einer Reportage über Pumas kennengelernt. Und diesen verrückten Auftrag hatte sie angenommen, um in der Natur sein zu können. Die entpuppte sich zwar häufig als unerbittlich, behielt aber immer ihre Würde, ihre Einzigartigkeit, ihre Schönheit.
Ganz in der Nähe spritzte Wasser auf. Eine Schildkröte? Ein Delfin? Ein Pinguin? Oder ein Rochen? Sie wünschte, sie hätte die Augen einer Eule und könnte die Tiere sehen, mit denen sie sich den nächtlichen Ozean teilte. Sanft strich der Wind über ihr Gesicht. Der Planet Erde atmete.
Schon immer war es ihr Traum gewesen, auf die Galapagosinseln zu reisen â das Mekka der Naturliebhaber und Umweltschützer. Die Wiege für Darwins Theorie der natürlichen Auslese. Ein magisches Experimentierfeld. Diese Inseln sollten eigentlich ein Schutzraum für alle Tiere sein.
Irgendjemand musste der Welt berichten, was hier vor sich ging, musste es so lange wiederholen, bis die Welt endlich aufhorchte. Heute hatte sie eines der Tauchgebiete auf Dans Liste untersucht. Blieben noch zwei weitere, wobei das eine allerdings oben bei Wolf Island lag, weitab von der Route der
Papagayo
. Sie hatte keine Ahnung, wie sie dorthin kommen sollte. Aber irgendwie musste sie eine Möglichkeit finden.
»Dan«, flüsterte sie in die stille Dunkelheit. »Ruhe in Frieden. Ich werde die Arbeit zu Ende führen, die wir begonnen haben.«
14
Am nächsten Morgen zwängte sich das zweite
Panga
der
Papagayo
mit Sam, Jerry und Sandy Roberson, Tony und Eduardo zwischen den vielen Booten hindurch, die in der Academy Bay ankerten. Sie folgten dem ersten
Panga
, in dem sich die vier anderen Mitglieder der Reisegruppe mit Maxim und den Sanders befanden, welche am Bug saÃen und wie die Hoheiten aussahen, die sie â wie Sam inzwischen wusste â auch waren.
Bei ihrer Internetrecherche am frühen Morgen hatte sie herausgefunden, dass Jonathan Sanders keineswegs der durchschnittliche Tourist war. Allerdings auch kein alternder Filmstar, wie sie zunächst vermutet hatte, aber doch so etwas wie eine Berühmtheit, zumindest in der Geschäftswelt. Sein richtiger Name lautete Francis Jonathan Sanders III , und so tauchte er auch häufiger unter dem Namen Francis Sanders III auf. Sein Imperium erstreckte sich um die ganze Welt und beinhaltete alle Arten von Unternehmen, darunter eins namens SunSel Tours, das als Yachtverleih mit Niederlassungen in der Karibik und im Pazifik eingetragen war. Einzelne Bootsnamen hatte Sam nicht finden können, aber sie vermutete, dass die
Papagayo
zu seiner Flotte gehörte. Das würde erklären, wieso sich Kapitän Quiroga und die Mannschaft so
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