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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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hatte, wollte sie das häusliche Chaos nicht noch verschärfen, indem sie die Köchin bestärkte, das Handtuch zu werfen. »Die Polizei wird bald verschwinden, die Aufregung wird sich legen, Lady Moidore wird wieder auf die Beine kommen, und Sie sind ganz bestimmt in der Lage, ein Mädchen wie Sal zu bändigen. Sie ist sicher nicht die erste widerspenstige Küchenmagd, der Sie Gewissenhaftigkeit und Ordnung eingebleut haben - nach und nach.«
    »Ja, da haben Sie recht«, stimmte Mrs. Boden erleichtert zu.
    »Wenn ich will, komm ich mit jedem Mädchen zurecht. Trotzdem wünsch ich mir, daß die Polizei den Mörder endlich schnappt und hinter Schloß und Riegel bringt. Ich kann schon nicht mehr schlafen, so unsicher fühl ich mich in meinem Bett. Aber daß es jemand von der Familie war, kann ich nicht glauben. Ich hab schon hier gearbeitet, da war Mr. Cyprian noch gar nicht auf der Welt, geschweige denn Miss Octavia und Miss Araminta. Mr. Kellard hat mich noch nie sehr interessiert, aber er hat wohl auch seine Vorzüge, und schließlich ist er ein Gentleman.«
    »Sie glauben, es war einer vom Personal?« Hester heuchelte Überraschung und Respekt vor Mrs. Bodens Meinung.
    »Liegt doch auf der Hand, oder?« erwiderte Mrs. Boden gelassen, während sie das Fleisch mit fachkundiger, flinker und kraftvoller Hand in kleine Stücke hieb. »Aber von den Mädchen war's keine - warum auch.«
    »Aus Eifersucht vielleicht?« schlug Hester unschuldig vor.
    »Unsinn.« Mrs. Boden griff nach den Nierchen. »So blöd wären die nicht. Sal hat noch nie einen Fuß ins obere Stockwerk gesetzt. Lizzie ist zwar 'n herrisches Ding und würd keinem Blinden auch nur 'n Penny schenken, aber sie weiß, was richtig und was falsch ist, und daran hält sie sich. Rose ist ziemlich halsstarrig, will immer gerade das, was sie nicht kriegen kann, und war vielleicht sogar imstande, irgendwas Verrücktes zu tun, aber nicht das!« Sie schüttelte den Kopf. »Keinen Mord. Hätte viel zuviel Angst vor dem, was hinterher mit ihr passieren würde - ist ganz vernarrt in ihre Haut, unsre Rose.«
    »Und die Mädchen von den oberen Stockwerken kommen auch nicht in Frage«, fügte Hester ohne großes Nachdenken hinzu und wünschte anschließend, sie hätte gewartet, bis Mrs. Boden von sich aus das Wort ergriff.
    »Die sind zwar manchmal unglaublich albern«, bestätigte diese, »aber nicht bösartig. Und Dinah ist viel zu sanft, um irgendwas Hitziges zu tun. 'n nettes Mädchen, wenn auch manchmal fad wie 'n zu dünner Tee; kommt aus 'ner hochanständigen Familie irgendwo vom Land. Sieht vielleicht 'n bißchen zu gut aus, aber so ist das nun mal mit Stubenmädchen. Was Mary und Gladys angeht - na ja, Mary ist schon ein ziemlicher Hitzkopf, aber das sind alles bloß Strohfeuer. Könnte keiner Fliege was zuleide tun, das Mädel, würd gar nicht auf die Idee kommen. Außerdem hatte sie Miss Octavia gern, schrecklich gern - und Miss Octavia sie. Gladys ist 'n richtiger Sauertopf, tut ständig furchtbar vornehm - typisch Kammerzofe eben. Trotzdem würd sie so was nicht tun. Erstens war sie zu feige dazu, zweitens ist sie nicht niederträchtig genug.«
    »Wie steht's mit Harold?« erkundigte sich Hester. Mr. Phillips brachte sie wohlweislich nicht zur Sprache, nicht etwa weil er nicht in Frage kam, sondern weil Mrs. Bodens natürliche Loyalität einem Bediensteten gegenüber, der bereits ähnlich lang wie sie selbst in diesem Haus lebte, ihr niemals erlaubt hätte, diese Möglichkeit mit wirklicher Objektivität zu diskutieren.
    Sie warf Hester einen mißbilligenden Blick zu. »Was könnte der denn Ihrer Meinung nach für ein Motiv gehabt haben, wenn ich fragen darf? Was hätte Harold mitten in der Nacht in Miss Octavias Schlafzimmer zu suchen gehabt? Der hat doch bloß Augen für Dinah, der arme Kerl, auch wenn's ihm ganz und gar nicht bekommt.«
    »Percival?« Endlich sprach Hester das Unvermeidliche aus.
    »Muß wohl.« Mrs. Boden schob die letzte Niere zur Seite und griff nach einer Rührschüssel voll Kuchenteig. Sie gab ihn auf die Arbeitsplatte, bestäubte ihn gründlich mit Mehl und begann ihn anschließend mit dem Nudelholz auszurollen, erst von der einen Seite, dann von der anderen. »Der hat sich zwar schon immer 'ne Menge auf sich eingebildet, aber daß er soweit geht, hätt ich nicht gedacht. Hat viel mehr Geld, als ich mir erklären kann«, fügte sie boshaft hinzu. »Und mir ist schon öfter aufgefallen, wie gemein er manchmal ist. Da, Ihr Wasser kocht,

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