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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Captain immer noch betrauert.«
    »Aber sie war jung, ans Eheleben gewöhnt und ziemlich hübsch«, beharrte Monk.
    Das Leuchten kehrte in Percivals Gesicht zurück. »Ja, das stimmt. Aber sie wollte nicht wieder heiraten.« Er ernüchterte schlagartig. »Und überhaupt - mich hat niemand bedroht. Sie ist diejenige, die umgebracht wurde. Es gab keinen, der ihr nahe genug stand, um so eifersüchtig zu sein. Und selbst wenn - an dem Abend war kein Fremder im Haus.«
    »Aber falls doch, hätte er dann Grund zur Eifersucht gehabt?« Monk verzog das Gesicht, als ob die Antwort von Bedeutung wäre und er einen wichtigen Anhaltspunkt gefunden hätte.
    »Nun ja…« Percivals Mund kräuselte sich zu einem zufriedenen Lächeln. »Ich denke schon.« Seine Augen weiteten sich hoffnungsvoll. »War noch jemand hier, Sir?«
    »Nein.« Alle Unbekümmertheit verschwand aus Monks Zügen. »Keine Menschenseele. Ich wollte nur wissen, ob Sie wirklich eine Affäre mit Mrs. Haslett hatten.«
    Die Erkenntnis traf Percival wie ein Schlag. Kreidebleich suchte er nach Worten, brachte jedoch nicht mehr als ein ersticktes Krächzen heraus.
    Monk kannte sowohl den Augenblick des Sieges als auch die instinktive Regung, dem Feind den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Beides war ihm so vertraut wie Schmerz, Glück oder der heftige Schock eiskalten Wassers. Es war eine Erinnerung, die sich ihm auf immer eingebrannt hatte. Und er verachtete sich dafür. Das war sein altes Ich, das seit dem Unfall hin und wieder die graue Schicht des Vergessenen durchstieß.
    Dennoch konnte dieser arrogante kleine Lakai Octavia Haslett in einem Anfall von Gier und männlicher Überheblichkeit ermordet haben. Monk durfte sich auf keinen Fall den Luxus erlauben, sein Gewissen zu beruhigen, indem er ihn laufen ließ.
    »Hat sie ihre Meinung wieder geändert?« fragte er mit aller verfügbaren Kälte, mit einem nicht auslotbaren Abgrund beißender Verachtung. »Plötzlich gemerkt, wie lächerlich vulgär es ist, sich mit einem Lakai einzulassen?«
    Percival bedachte ihn mit einem Schimpfwort, hob dann das Kinn und starrte ihn mit funkelnden Augen an.
    »Keine Sekunde«, sagte er großspurig. Er hatte sich zumindest nach außen wieder unter Kontrolle. Seine Stimme schwankte, aber seine Worte waren klar. »Falls es wirklich was mit mir zu tun hatte, dann fragen Sie mal Rose, die Wäschemagd. Sie ist völlig in mich vernarrt, eifersüchtig bis zum Wahnsinn. Gut möglich, daß sie nachts mit einem Küchenmesser über Mrs. Haslett hergefallen ist. Sie hatte einen Grund - ich nicht.«
    »Sie sind ein echter Gentleman«, bemerkte Monk mit Todesverachtung, obwohl er diese Möglichkeit nicht außer acht lassen konnte, und Percival wußte das. Seine Stirn war vor Erleichterung mit Schweißtropfen bedeckt.
    »Na schön. Das war fürs erste alles.« Damit war das Gespräch für ihn beendet.
    »Soll ich Rose reinschicken?« fragte Percival von der Tür.
    »Nein. Und wenn Sie Rose überleben wollen, erzählen Sie besser niemandem von diesem Gespräch. Liebhaber, die ihre Gespielin des Mordes bezichtigen, werden nicht besonders hoch geschätzt.«
    Percival sagte nichts, machte aber keineswegs einen schuldbewußten Eindruck. Er wirkte lediglich erleichtert - und wachsam.
    Mistkerl, dachte Monk wieder, konnte ihn jedoch nicht völlig verdammen. Der Mann stand mit dem Rücken zur Wand; zu viele Finger zeigten auf ihn, und das nicht deshalb, weil man ihn wirklich für schuldig hielt. Doch jemand war schuldig, und dieser Jemand hatte Angst.
    Am Ende dieses weiteren Tages endloser Verhöre, von denen keins außer Percivals etwas ergeben hatte, machte Monk sich auf den Weg zum Polizeirevier, um Runcorn Bericht zu erstatten. Nicht, daß es etwas Wichtiges zu berichten gegeben hätte, Runcorn hatte es verlangt.
    Er legte gerade die letzten eineinhalb Kilometer im brüchigen Licht der Spätherbstsonne zurück und dachte darüber nach, was er sagen sollte, als er an einer Begräbnisprozession vorbeikam, die sich langsam über die Tottenham Court Road auf den Euston Place zubewegte. Der Leichenwagen wurde von vier schwarzen, mit dunklen Federn geschmückten Pferden gezogen, der Sarg hinter den Scheiben war mit Blumen bedeckt. Das alles mußte Unmengen von Geld verschlungen haben. Er stellte sich den betörenden Duft vor, der von den wunderschönen Blüten ausging, malte sich die Sorgfalt aus, mit der sie zu dieser Jahreszeit im Treibhaus aufgezogen worden sein mußten.
    Hinter dem Leichenwagen

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