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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Empfehlungsschreiben, mutterseelenallein in London, obendrein schwanger? Was glauben Sie? Ausbeutungsbetriebe würden sie wegen dem Kind nicht nehmen, Freudenhäuser aus demselben Grund ebenfalls nicht. Im Armenhaus, würd ich mal denken oder im Grab.«
    »Wie war ihr vollständiger Name?«
    »Martha Rivett.«
    »Und wie alt war sie damals?«
    »Siebzehn.«
    Obwohl Monk nicht überrascht war, empfand er plötzlich einen unerträglichen Zorn, begleitet von dem albernen Verlangen zu weinen. Er wußte nicht einmal genau weshalb; sicher steckte mehr dahinter als Mitleid mit einem Mädchen, das er gar nicht kannte. Bestimmt waren ihm schon hundert andere begegnet, die das gleiche Schicksal ereilt hatte, naive, mißbrauchte Geschöpfe, ohne einen Anflug von Gewissensbissen auf die Straße gesetzt. Er mußte in ihre verzagten Gesichter voll verzweifelter Hoffnung und Resignation geblickt haben, und bei der nächsten Begegnung waren sie vermutlich bereits tot gewesen; Opfer von Hunger, Gewalt oder Krankheit.
    Warum tat das so weh? Warum war er im Lauf der Zeit nicht abgestumpft? Gab es etwas, jemand, der ihn tiefer berührt hatte? Schuld - Mitleid? Womöglich erfuhr er es nie. Es war verschwunden, wie so vieles andere auch.
    »Wer wußte noch davon?« fragte er mit belegter Stimme, in die alle möglichen Gefühle interpretiert werden konnten.
    »Meines Wissens nur Lady Moidore.« In Percivals Augen blitzte es unvermittelt auf. »Aber vielleicht war es das, was Mrs. Haslett herausgefunden hat, und dann hat sie damit gedroht, es Mrs. Kellard zu sagen? Wer weiß, vielleicht hat sie's sogar getan, in jener Nacht…« Er brauchte nicht hinzuzufügen, daß Araminta ihre Schwester durchaus in einem Anfall von Panik und Scham erstochen haben konnte, damit sie es nicht im ganzen Haus erzählte. Möglichkeiten gab es viele, alle waren sie häßlich, und alle hatten sie nicht das geringste mit Percival oder einem anderen Mitglied des Hauspersonals zu tun.
    »Und Sie haben den Mund gehalten?« fragte Monk mit vor Argwohn schnarrender Stimme. »Sie befanden sich im Besitz dieser extraordinären kleinen Information und haben sie getreu dem Wunsch der Familie geheimgehalten? Du meine Güte, wie taktvoll und ergeben. Warum, um Gottes willen?« Er legte eine genaue Imitation von Percivals vorheriger Verachtung in seine Worte. »Ein Wissen wie dieses bedeutet Macht - Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie hätten keinen Gebrauch davon gemacht?«
    Percival hatte sich völlig unter Kontrolle. »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Sir.«
    Monk wußte, daß er log.
    »Warum hätte ich es weitererzählen sollen?« fuhr Percival fort. »War nicht in meinem Interesse.« Das anzügliche Grinsen machte sich wieder breit. »Sir Basil hätt's nicht gefallen, und dann hätt ich mich womöglich selbst im Armenhaus wiedergefunden. Jetzt ist es anders. Es ist meine Pflicht, darüber zu sprechen, und jeder andere Arbeitgeber hätte Verständnis dafür. Wenn es um ein vertuschtes Verbrechen geht…«
    »Ach, auf einmal ist Vergewaltigung ein Verbrechen.« Monk spürte Ekel in sich hochsteigen. »Wann ist Ihnen das klargeworden? Als Ihr eigener Hals in Gefahr geriet?«
    Falls Percival verängstigt oder verlegen war, so merkte man es ihm nicht an.
    »Nicht Vergewaltigung, Sir - Mord. Es ging von Anfang an nur darum.« Wieder hob er gleichgültig die Schultern. »Wenn man es tatsächlich Mord nennen kann - nicht Gerechtigkeit, ein Privileg der Reichen oder sonst was in der Art.«
    »Wie die Vergewaltigung eines Dienstmädchens.« In dem Moment war Monk voll und ganz seiner Meinung - und verabscheute dieses Gefühl. »In Ordnung, Sie können gehen.«
    »Soll ich Sir Basil sagen, daß Sie ihn sprechen wollen?«
    »Wenn Ihnen Ihre Stellung lieb ist, setzen Sie ihn besser nicht zu sehr unter Druck.«
    Percival machte sich nicht die Mühe zu antworten. Statt dessen verließ er mit geschmeidigen, anmutigen Bewegungen den Raum.
    Monk war viel zu betroffen und angespannt wegen des bevorstehenden Gesprächs mit Sir Basil, um noch Verachtung für Percival aufzubringen.
    Etwa eine Viertelstunde später teilte Harold ihm mit, daß Sir Basil ihn in der Bibliothek erwarte.
    »Guten Tag, Monk. Sie wollten mich sprechen?« Er stand neben dem Fenster. Ein Lehnstuhl und ein Tisch bildeten eine Art natürliche Schranke zwischen ihnen. Basil wirkte gehetzt und leicht gereizt. Alles an Monk ärgerte ihn, seine Fragen, seine Haltung, der Anblick seines Gesichts.
    »Guten Tag, Sir. Ich

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