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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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verzehrende Liebe zu einem Kind, das Gefühl von Zärtlichkeit, starker Bindung und Verantwortung, all das war ihm unbekannt. Er hatte kein Kind, nur eine Schwester, Beth, und selbst an die erinnerte er sich bloß schwach.
    »Vielleicht schon, Ma'am. Aber wenn ich eine Tochter hätte, wäre sie vermutlich Stubenmädchen - wie Martha Rivett«, sagte er grausam und ließ den Satz in der Luft hängen. In ihren Zügen spiegelten sich Schmerz und Schuldbewußtsein.
    Da öffnete sich die Tür. Araminta kam herein, den Speisezettel fürs Abendessen in der Hand. Als sie Monk erblickte, blieb sie überrascht stehen, drehte sich dann um und sah ihre Mutter an. Hester wurde ignoriert wie jedes andere Dienstmädchen.
    »Du siehst schrecklich aus, Mama. Was ist passiert?« Sie wirbelte mit anklagendem Blick zu Monk herum. »Meiner Mutter geht es offensichtlich nicht gut, Inspektor. Können Sie nicht ein Mindestmaß an Höflichkeit aufbringen und sie in Ruhe lassen? Sie kann Ihnen ohnehin nichts mehr sagen. Lassen Sie sich von Miss Latterly den Weg in die Halle weisen, der Lakai wird Sie hinausbegleiten.« Als nächstes knöpfte sie sich Hester vor; ihre Stimme klang hörbar gereizt. »Anschließend bringen Sie Mama ein Glas Ptisane und das Riechsalz, Miss Latterly. Was ist bloß in Sie gefahren, dieses Theater hier zu dulden? Sie sollten Ihre Aufgabe ein bißchen ernster nehmen, oder wir werden uns nach einer verantwortungsvolleren Kraft umsehen müssen.«
    »Ich bin mit Sir Basils Einverständnis hier, Mrs. Kellard«, sagte Monk scharf. »Wir sind uns alle bewußt, wie schmerzhaft solche Gespräche sind, aber sie aufzuschieben, ist keine Lösung. In diesem Haus ist ein Mord geschehen, und Lady Moidore möchte wissen, wer der Täter ist - genau wie jeder andere auch.«
    »Stimmt das, Mama?« fragte Araminta streng.
    »Natürlich«, gab Beatrice leise zurück. »Ich glaube…«
    »Du glaubst - was?« Aramintas Augen weiteten sich. Sie schien blitzartig zu begreifen. Sehr langsam wandte sie sich zu Monk um. »Worum ging es bei Ihren Fragen, Mr. Monk?«
    Beatrice hielt den Atem an. Sie wagte nicht, ihn entweichen zu lassen, ehe Monk reagiert hatte.
    »Lady Moidore hat sie bereits alle beantwortet«, erwiderte er.
    »Vielen Dank für das freundliche Angebot, aber es betrifft eine Angelegenheit, über die Sie nichts wissen.«
    »Es war kein Angebot.« Araminta hielt ihren harten, unversöhnlichen Blick auf ihn gerichtet. »Ich verlange eine Erklärung - für mich selbst.«
    »Verzeihen Sie, ich dachte, Sie wollten helfend einschreiten«, gab Monk mit leisem Spott zurück.
    »Weigern Sie sich, es mir zu sagen?«
    Er konnte nicht länger ausweichen. »Wenn Sie es so ausdrücken wollen, Ma'am - ja, ich weigere mich.«
    Eine eigenartige Mischung aus Schmerz, Hinnahme und so etwas wie einem subtilen Vergnügen trat in ihren Blick.
    »Weil es mit meinem Mann zusammenhängt.« Sie drehte sich wieder zu ihrer Mutter um. Diesmal war die Furcht zwischen ihnen beinahe greifbar. »Versuchst du mich zu schützen, Mama? Du weißt doch etwas über Myles.« Man hörte ihr den inneren Aufruhr an. Beatrice streckte die Arme nach ihr aus und ließ sie auf halbem Weg wieder sinken.
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte sie tonlos. »Es besteht kein Grund zu der Annahme, daß Myles…« Doch sie brachte den Satz nicht zu Ende und schien selbst nicht an ihre Worte zu glauben.
    Araminta versuchte ihr Glück wieder bei Monk.
    »Und was denken Sie? Das ist es doch, was wirklich zählt, nicht wahr?«
    »Ich bin mir nicht sicher, Ma'am. Bevor ich nicht mehr darüber weiß, kann ich mir keine Meinung bilden.«
    »Aber es betrifft meinen Mann?«
    »Ich bin nicht bereit, mich dazu zu äußern, ehe ich die Wahrheit herausgefunden habe. Es wäre ungerecht und würde nur böses Blut machen.«
    Aramintas seltsam asymmetrisches Lächeln war hart wie Stahl. Ihr Blick kehrte zu ihrer Mutter zurück. »Berichtige mich, falls ich mich täusche, Mama«, ihr Tonfall war eine grausame Imitation von Monks vorherigem Sarkasmus, »aber geht es vielleicht um Myles' Gefühle für Octavia und den Verdacht, er könnte ihr Gewalt angetan und sie als Reaktion auf ihre Gegenwehr umgebracht haben?«
    »Das ist nicht fair.« Beatrices Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Du hast keinen Grund, so schlecht von ihm zu denken.«
    »Aber du! Ich habe nicht verdient, daß man mich anlügt, Mama!« Jedes einzelne Wort war kristallklar und scharf, als würde sie sich bewußt ins eigene Fleisch

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