Gefährliche Trauer
Mißbilligung, aber auch mit leisem Vergnügen und der Befriedigung, ihr weh tun zu können. »Du hast dich zum Gespött gemacht, Fenella. Dienstboten vergessen so etwas nicht.«
Sie erstarrte, und Hester konnte sich gut vorstellen, wie ihr Gesicht rot anlief.
»Wirst du nun mit ihnen reden? Oder können sie in diesem Haus tun, was ihnen gefällt?«
»Sie tun, was mir gefällt, Feneila«, sagte er sehr ruhig.
»Genau wie alle andern auch. Nein, ich werde nicht mit ihnen reden! Es amüsiert mich, daß sie sich an dir rächen wollen. Was mich betrifft, können sie ruhig damit fortfahren. Von mir aus soll dein Tee kalt sein, dein Frühstück verbrannt, dein Feuer aus und deine Wäsche so lange verschollen, wie sie Lust haben.«
Sie war so wütend, daß sie kein Wort herausbrachte. Statt dessen stieß sie ein zorniges Schnauben aus, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hocherhobenen Hauptes hinaus.
Basil schaute ihr mit hartem, bösem Lächeln nach.
Monk hatte bereits zwei kleinere Aufträge übernommen, seit er in den Zeitungen seine Dienste als Privatdetektiv anbot, der Fälle untersuchte, die außerhalb des polizeilichen Interesses lagen oder von ihr nicht mehr verfolgt wurden. Bei dem ersten war es um ungeklärte Eigentumsverhältnisse gegangen. Außer einem rasch zufriedengestellten Klienten und gerade soviel Pfund, daß er wenigstens eine weitere Woche für Kost und Logis aufkommen konnte, hatte er ihm nicht viel eingebracht. Der zweite, an dem er noch arbeitete, schien vielversprechender zu sein. Er war interessanter, stellte größere Anforderungen an seine Kombinationsgabe und machte wahrscheinlich die Befragung einer Reihe von Leuten erforderlich, eine Kunst, für die ihn seine angeborenen Talente besonders befähigten. Er betraf eine junge Frau, die sich den falschen Mann ausgesucht hatte und daraufhin von ihrer Familie enterbt und verstoßen worden war. Mittlerweile tat es ihren Angehörigen leid; sie wollten alles versuchen, den Riß wieder zu kitten. Obwohl er also ganz gut vorankam, war Monk seit dem Ausgang von Percivals Prozeß furchtbar verärgert und deprimiert. Er hatte zwar mit keinem anderen Urteil gerechnet, sich aber bis zuletzt stur an eine durch nichts gerechtfertigte Hoffnung geklammert, besonders nachdem er erfahren hatte, daß Oliver Rathbone die Verteidigung übernahm. Ein Mann, dem er mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstand. Etwas an seiner Art brachte Monk immer wieder auf die Palme; was jedoch sein berufliches Können oder sein diesbezügliches Engagement anbelangte, hatte er nicht die geringsten Vorbehalte.
Er hatte Hester Latterly noch einmal geschrieben und sie um ein weiteres Treffen in dem Kaffeehaus in der Regent Street gebeten, wenn er auch nicht recht wußte, wozu das gut sein sollte.
Er war unverhältnismäßig erfreut, als sie hereinkam, obwohl sie eine ausgesprochen sachliche Miene aufgesetzt hatte und ihn nur flüchtig anlächelte. Reine Kenntnisnahme, sonst nichts.
Er stand auf, um ihr einen Stuhl herauszuziehen, ließ sich auf dem Platz gegenüber nieder und bestellte ihr eine heiße Schokolade. Sie kannten sich zu gut, um kostbare Zeit mit Begrüßungsfloskeln oder langatmigen Erkundigungen nach dem gegenseitigen Wohlbefinden verschwenden zu müssen. Sie konnten ohne Umschweife aussprechen, was ihnen auf den Nägeln brannte.
Monk schaute sie ernst an und brauchte nichts zu sagen. Die Frage stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Nein«, erklärte Hester. »Ich habe nichts Neues herausgefunden. Aber ich bin mir absolut sicher, daß Lady Moidore Percival für unschuldig hält, den wahren Täter jedoch nicht kennt. Manchmal will sie es wissen, dann fürchtet sie sich wieder davor, weil sie in dem Fall jemand anders verurteilen müßte und jegliche Liebe, die sie bisher für die betreffende Person empfunden hat, endgültig zerstört würde. Die Ungewißheit vergiftet ihr Leben, andererseits hat sie aber auch Angst, selbst in Gefahr zu geraten, wenn sie die Identität des Mörders herausfindet und er davon erfährt.«
Sein Gesicht war angespannt. Er litt schrecklich unter dem Bewußtsein, daß er trotz aller Mühen und Streitereien, trotz des hohen Preises, den er gezahlt hatte, gescheitert war.
»Sie hat recht«, sagte er ruhig. »Wer immer es ist, kennt keine Gnade. Er sieht seelenruhig zu, wie Percival zum Galgen geht. Es wäre Selbstbetrug zu glauben, er würde ausgerechnet sie verschonen, obwohl sie eine Bedrohung darstellt.«
»Und das könnte sie
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