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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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belustigten Eindruck.
    Monk schämte sich zu Tode. Es gefiel ihm nicht, als Gegenstand ordinärer Spaße angestarrt zu werden.
    »Finden Sie fromme Frauen nicht außerordentlich ermüdend, Mr. Monk?« Sie riß die Augen bis zum Anschlag auf. »Seien Sie ehrlich!«
    »Gibt es denn fromme Frauen in Ihrer Familie, Mrs. Sandeman?« Sein Ton war kühler als beabsichtigt, aber sie ließ sich nicht anmerken, ob es ihr aufgefallen war.
    »Sie ist voll davon!« Fenella seufzte. »Eine richtige Plage, wie Flöhe auf einem Igel. Meine Mutter war eine, Gott sei ihrer Seele gnädig. Meine Schwägerin ist eine - Gott sei meiner Seele gnädig, ich wohne mit ihr unter einem Dach. Sie können sich nicht vorstellen, wie schwierig es ist, auch nur ein bißchen Privatsphäre zu haben! Fromme Frauen sind so gut darin, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen - vermutlich weil sie wesentlich interessanter sind als ihre eigenen.« Sie brach erneut in tiefes, kehliges Gelächter aus.
    Monk, dem zunehmend klarer wurde, daß sie ihn attraktiv fand, fühlte sich nicht mehr wohl in seiner Haut.
    »Und Araminta, das arme Ding, ist die schlimmste von allen«, fuhr sie fort, während sie, verwegen die Gerte schwingend, neben ihm her schwebte. Das Pferd, dessen Zügel nach wie vor locker über ihrem Arm baumelten, blieb ihr brav auf den Fersen.
    »Ihr bleibt wohl nichts anderes übrig, mit Myles als Ehemann. Ich erwähnte bereits, daß er nichts taugt, ja? Tavie war die einzige Ausnahme.« Sie blickte einem flotten Reitergrüppchen entgegen, das über die Row langsam auf sie zutrabte. »Wußten Sie, daß sie trank?« Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu und schaute sofort wieder geradeaus. »All das Tamtam von wegen Unpäßlichkeit und Migräne! Sie war schlicht und ergreifend betrunken - oder litt unter den Nachwirkungen. Den Stoff besorgte sie sich in der Küche.« Fenella zuckte mit den Achseln.
    »Vermutlich bekam sie ihn von einem der Dienstboten. Tavie war sehr beliebt wegen ihrer Großzügigkeit - was auch nach Kräften ausgenutzt wurde, wenn Sie mich fragen. Behandle das Personal etwas besser, und es nimmt sich plötzlich die größten Freiheiten heraus.«
    Sie wirbelte unvermittelt mit übertrieben geweiteten Augen zu ihm herum. »Großer Gott, nein! Du meine Güte, wie entsetzlich! Denken Sie, das ist ihr zugestoßen?« Ihre unglaublich kleine, vornehm behandschuhte Hand flog an ihren Mund. »Daß sie mit einem der Dienstboten auf zu vertrautem Fuß stand, woraufhin er mit der falschen Vorstellung zu ihr stürzte - oder gar, der Herr steh uns bei, mit der richtigen…«, stieß sie atemlos hervor, »… sie ihn abwies und er sie in der Hitze seiner Leidenschaft umbrachte? Wirklich, wie abscheulich! Was für ein Skandal!« Sie würgte. »Hahaha! Das wird Basil nie verkraften. Stellen Sie sich bloß vor, was seine Freunde dazu sagen würden.«
    Monk fühlte sich abgestoßen; nicht von der Vorstellung, die war langweilig genug, sondern von Fenellas Frohlocken. Während er unbewußt einige Schritte vor ihr zurückwich, versuchte er angestrengt, seinen Ekel zu beherrschen.
    »Glauben Sie, daß es sich so abgespielt hat, Ma'am?«
    Sie entnahm seinem Tonfall nichts, was ihr den Nervenkitzel zu verderben vermochte.
    »Nun, ich halte es für sehr gut möglich«, sagte sie mit glänzenden Augen; offenbar stellte sie sich die Situation bildlich vor. Sie wandte sich ab und ging langsam weiter. »Ich weiß auch genau, wer dafür in Frage kommt. Percival - einer der Lakaien. Ein hübscher Bursche, aber das sind Lakaien schließlich alle, finden Sie nicht auch?« Sie bedachte ihn mit einem kurzen Seitenblick.
    »Nein, vermutlich finden Sie das nicht. Sie hatten wahrscheinlich nicht viel Gelegenheit, sich in der Richtung ein Urteil zu bilden; in Ihrer Branche gibt's wohl nicht allzu viele Lakaien.« Sie lachte wieder und zog die Schultern hoch.
    »Percival hat genau diese Art von Gesicht, wissen Sie - viel zu intelligent für einen guten Dienstboten, ausgesprochen ehrgeizig. Und dann dieser wunderbar grausame Mund… Ein Mann mit einem solchen Mund könnte alles tun.« Fenella erbebte und schlängelte ihren Körper, als wollte sie etwas Lästiges abschütteln; oder hatte sie die Vision von etwas sehr Angenehmem auf der Haut? Monk schoß blitzartig durch den Kopf, ob sie Percival womöglich selbst zu Taten ermutigt hatte, die weit über seinen Rang hinausgingen. Als er jedoch ihr makelloses, künstliches Konterfei musterte, wurde die Vorstellung

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