Gefaehrliche Ueberraschung
erhielt, zweifelte er keine Minute daran, dass ich es irgendwann schaffen würde. Was haben wir gefeiert, als endlich die erste Kurzgeschichte von mir erschien.«
Nora verstummte kurz. »Ein Leben ohne ihn kann ich mir nicht vorstellen«, sagte sie schließlich.
»Ich auch nicht«, stimmte Regan leise zu, die die Nacht gleichfalls mit Erinnerungen an ihren Vater verbracht hatte.
Um sechs Uhr stand Regan auf und zog nach dem Duschen die schwarzen Jeans und den Pullover an, die sie sich vor dem Weg ins Krankenhaus aus dem Apartment geholt hatte.
Auf der Fahrt von New Jersey nach Manhattan am Abend zuvor hatte sie Jack angerufen und erfahren, dass die Limousine am John F. Kennedy Airport entdeckt worden war. Sie würde zur Garage der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle an der 20. Straße East gebracht, um akribisch nach Hinweisen auf die Identität der Entführer untersucht zu werden.
Aus eigener Erfahrung wusste Regan, welche mühsame Kleinarbeit damit verbunden war. Man würde jeden gefundenen Fingerabdruck mit den Millionen von Abdrücken in den FBI-Computern vergleichen, und jedes Haar, jedes Stoff- oder Woll-fädchen einsammeln, um sie zu analysieren. Regan war an vielen Fällen beteiligt gewesen, bei denen sich ein winziges, scheinbar belangloses Objekt als der Schlüssel erwies, der zur Lösung des Rätsels führte.
Jack Reilly hatte sie auch über die Ergebnisse der Überprü-
fung der elektronischen Kennkarte informiert und hinzugefügt:
»Natürlich muss uns das nicht weiterbringen. Sie können das Auto gewechselt haben.«
Jetzt sah Regan auf das Frühstückstablett ihrer Mutter. Die Dinge darauf waren praktisch unberührt. »Warum trinkst du 85
nicht wenigstens den Tee?«
»Das irische Allheilmittel«, murmelte Nora, griff aber nach der Tasse.
Die Nachricht von Noras Beinbruch hatte sich in Windeseile verbreitet und zu einer Flut von Blumen von Bekannten und Freunden geführt. Als ihr Zimmer nach wenigen Stunden aussah wie ein Blumengeschäft, bestand Nora darauf, die weiteren Sträuße überall im Krankenhaus zu verteilen.
Es klopfte und eine Schwesternhelferin schaute lächelnd ins Zimmer. »Darf ich eintreten?«
Sie hielt einen Karton mit einer breiten roten Schleife in den Händen.
»Selbstverständlich«, erwiderte Nora und bemühte sich ebenfalls um ein Lächeln.
»Das wurde schon gestern Abend am Empfang für Sie abgegeben, aber mit der Bitte, es Ihnen erst heute früh zu überreichen. Also – hier ist es.«
Nora streckte die Hände nach dem Paket aus. »Vielen Dank.«
»Keine Ursache«, erwiderte die Frau und wandte sich an Regan. »Achten Sie bitte darauf, dass sie ihr Bein nicht überan-strengt.«
»Das werde ich.« Regan hörte selbst, wie schroff sie klang.
Aber sie war erpicht darauf, mit Nora allein zu sein. Ohne Oh-renzeugen. Falls die Entführer sich über das vereinbarte Gespräch hinaus meldeten, wollte sie frei reden können und den Anruf mit Alvirahs Mikrofonbrosche aufnehmen.
»Ich halte viel von Rückversicherung«, hatte Alvirah Regan erklärt, als sie ihr das winzige Aufnahmegerät in die Hand drückte. »Auch wenn die Cops Ihr Telefon überwachen, verfü-
gen Sie hiermit über eine eigene Bandaufnahme.«
Nora löste die Schleife von dem Karton.
»Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag«, flötete die Pfle-86
gerin lächelnd, verließ den Raum und ließ die Tür einen Spalt offen stehen.
Als Regan sie schloss, hörte sie einen unterdrückten Aufschrei ihrer Mutter und fuhr herum.
»Sieh dir das an!«, rief Nora mit Panik in der Stimme.
Regan eilte ans Bett und warf einen Blick in den offenen Karton. Darin lag ein brauner Plüschteddy mit roter Zipfelmütze und einem Foto ihres Vaters im Smoking in den Händen. Aber es waren die Worte auf dem billigen, rotgrünen Papprahmen, die ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagten: »Weihnachten bin ich zu Hause – wenn auch nur im Traum«.
Neben dem Teddybär lag ein Umschlag in dem Karton. Regan riss ihn auf. Auf eine ganz gewöhnliche Genesungswunschkarte hatte der Absender in Druckbuchstaben die Worte »Ich nehme an, dieses Foto Ihres Süßen wird Ihnen eine kleine Freude machen« geschrieben und mit »Ihr größter Fan« unterzeichnet.
»Lass mich sehen.« Nora nahm ihr die Karte aus der Hand.
»Sie drohen uns, Regan!«
»So ist es.«
»Wenn irgendetwas schief geht und sie das Geld nicht erhalten…«, wisperte Nora mit schneeweißen Lippen.
Regan wählte bereits Jack Reillys Nummer.
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