Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder
kein Ventil hatte. Das richtige Ventil wäre natürlich gewesen, diesem Mistkerl Sanders die Fresse zu polieren und ihn dann wegen Körperverletzung und tätlichen Angriffs aufs nächste Polizeirevier zu schleifen.
Und wenn er eine Million Jahre alt werden sollte, er würde nie den Moment vergessen, in dem er durch die große Fensterscheibe in Carolines Buchladen sehen musste, wie sie sich gegen einen Mann wehrte.
Er hatte seinen eigenen Geschwindigkeitsrekord gebrochen, um hineinzugehen und dafür zu sorgen, dass der Kerl die Hände von Caroline ließ.
Sie hatte einen Schock erlitten, auch wenn sie mit Humor und der ihr eigenen Würde darüber hinweggekommen war. Trotzdem, er wollte sie jetzt nur noch so schnell wie möglich ins Haus bringen und in ein paar Decken wickeln.
Jack verfügte über ein ausgezeichnetes situatives Bewusstsein. Selbst wenn er nur ein einziges Ziel vor Augen hatte, achtete er doch immer noch auf seine Umgebung. Nur Caroline konnte ihn so durcheinanderbringen, dass er tatsächlich schon den Haustürschlüssel ins Schloss gesteckt und ihn umgedreht hatte, bevor er die leichten Kratzer am Schloss bemerkte. Kratzer, die an diesem Morgen noch nicht da gewesen waren.
Augenblicklich hatte er die Glock gezogen und Caroline zu seinem Leihwagen zurückgescheucht. Er packte sie auf den Beifahrersitz, vergewisserte sich, dass sie die Schlüssel hatte, und knallte die Tür zu.
»Jack!« Ihre Stimme klang gedämpft durch die geschlossene Tür. Ihr Blick wanderte zu seiner Waffe und dann wieder zu ihm. Sie wirkte geschockt. »Was ist denn los?«
Es blieb keine Zeit für Erklärungen oder Beschwichtigungen. Wer auch immer in das Haus eingebrochen war, konnte immer noch dort sein, und Jack musste auf der Stelle hinein.
»Bleib hier und rühr dich nicht vom Fleck!«, gab er durch stumme Lippenbewegungen zu verstehen, nachdem er ans Fenster geklopft hatte. Caroline nickte. Ihr Gesicht wirkte weiß wie eine Wand, die silbergrauen Augen schienen viel zu groß für ihr Gesicht.
Braves Mädchen.
Jack lief zur Haustür zurück und schloss sie lautlos mit dem Schlüssel auf. Dann betrat er das Haus mit gezückter Waffe, in einer Haltung, die es ihm erlaubte, innerhalb von zwei Sekunden ein Schussfeld im Radius von 180 Grad abzudecken.
Eingang – okay. Wohnzimmer – okay. Küche – okay.
Schnell und lautlos wie ein Blitz bewegte er sich durchs Haus und durchsuchte methodisch ein Zimmer nach dem anderen, vom Keller bis zum Dachboden.
Aus Gewohnheit hatte er einige kleine Fallen im Schlafzimmer hinterlassen und es gab klare Anzeichen dafür, dass jemand seine Sachen, Carolines Schrank und die Kommode durchsucht hatte. Jemand – oder auch mehrere Personen – war ihre persönlichen Besitztümer durchgegangen. Im Rest des Hauses ließ es sich nicht so leicht nachweisen, da er dort keine Fallen aufgestellt hatte.
Soweit Jack sehen konnte, war nichts gestohlen worden. Fernseher und Stereoanlage waren noch da, die wenigen Kunstwerke hingen nach wie vor an den Wänden, und ihm hatte man ganz gewiss nichts entwendet, da es außer schmutzigen Socken und Unterwäsche nicht viel zu stehlen gab. Alles, was wertvoll war, lag auf seinem neuen Bankkonto und im Banksafe.
Carolines Fernseher und Stereoanlage waren mindestens zehn Jahre alt und würden sich wohl nur schwerlich weiterverkaufen lassen. Und auch wenn er keine Ahnung von Kunst hatte, vermutete er, dass das, was noch an den Wänden hing, vermutlich ebenfalls keine wertvolle Beute war. Mehr oder weniger alles, was in diesem Haus von Wert war, war bereits verkauft worden, und nicht einmal der beste Dieb der Welt konnte Wände und ein Dach stehlen.
Als Jack absolut sicher war, dass das Haus leer war, steckte er die Waffe in den Bund seiner Jeans und ging wieder nach draußen, um Caroline zu holen.
Eilig scheuchte er sie die Stufen hinauf.
»Was war denn, Jack? Ist jemand im Haus? Ist jemand eingebrochen?«
Verdammt, er hasste diesen verängstigten, gehetzten Ausdruck auf ihrem Gesicht! Wenn er den Mistkerl oder die Mistkerle, die in Carolines Haus eingebrochen waren, jetzt vor sich hätte, würde er ihnen Finger für Finger brechen, um sicherzustellen, dass sie für den Rest ihres Lebens nie wieder ein Schloss knacken würden.
Nicht, dass es schwierig gewesen wäre, Carolines Schlösser zu öffnen. Das könnte sogar ein Zweijähriger. Ihre Schlösser waren absolut wertlos. Er könnte sie mit einer Binde über den Augen und beiden Händen in Gips
Weitere Kostenlose Bücher