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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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lange gebürstet, bis sie wie elektrisiert um sie herumflogen, die Fingernägel zartrosa lackiert, etwas Lippenstift aufgetragen. (Brigitte hatte die Stirn gerunzelt, aber nichts gesagt.) Sie trug ihre besten Jeans, hauteng, dazu einen strassbesetzten Gürtel und eine weiße Spitzenbluse. Die anderen hatten mit spöttischen Bemerkungen nicht gespart.
    »Sieh mal an, wie fein sich unsere Angie für ihren spanischen Jüngling gemacht hat!«
    »Niedlich sieht sie aus! Zum Verlieben!«
    »Fehlen nur noch Stöckelschuhe und falsche Wimpern!«
    »Ihr seid ja nur neidisch!«, stellte Angie fest und lag mit dieser Erkenntnis nicht einmal so falsch. »Ich gehe jetzt!« Sie schnappte sich ihre Handtasche und stolzierte davon.
    In der Disko herrschte schon zu früher Stunde hektischer Betrieb. Die Musik dröhnte bis auf die Straße hinaus und lockte die Besucher in Scharen herbei. Eine Lichtorgel warf grellbunte Farbblitze auf die Tanzfläche, wo sich die Paare drängelten. An allen Tischen saßen junge Leute, gestapelt wie die Ölsardinen. Offenbar galt der »Burning Star« als InDiskothek. Angie schaute sich suchend um und versuchte, sich durch das Gewühl zu drängen.
    »Hallo, Zuckermäulchen«, sagte ein Mann zu ihr und versuchte, nach ihrem Arm zu greifen, aber sie schüttelte ihn ab. Sie war nicht wegen irgendeines Kerls gekommen, sondern wegen Christopho. Dessen dunkle Augen gingen ihr noch immer im Sinn herum.
    Sie fühlte eine Hand auf ihrer Schulter und drehte sich unwillig um. Vor ihr stand Christopho. Und ließ sofort wieder einen Redeschwall vom Stapel, von dem Angie nur eines begriff: Er freute sich riesig, dass sie gekommen war.
    Er bugsierte sie zur Bar, organisierte von Gott weiß woher einen Hocker, hob sie fast darauf und verschwand dann hinter der Bar, um ihr einen Drink zu mixen. Das Gebräu hatte eine eigentümlich tiefblaue Farbe, schmeckte aber hervorragend. Schon nach ein paar Minuten fand Angie das Leben leicht und süß, die Zukunft vielversprechend und Christopho einfach hinreißend. Er trug jetzt sehr enge schwarze Jeans und ein weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Um den Hals hing das goldene Amulett.
    Christopho begann eine heftige Diskussion mit einem anderen Jungen, redete, fuchtelte mit den Armen und strahlte schließlich. Er verließ die Bar, zog Angie von ihrem Stuhl und strebte in Richtung Tanzfläche. Angie begriff, er hatte den anderen überredet, für ihn den Dienst zu übernehmen.
    Es war wundervoll, mit Christopho zu tanzen. Angie glaubte eher zu schweben als zu gehen. Sie fühlte sich federleicht, und es waren nur Christophos Arme, die sie am Davonfliegen hinderten. Er hielt sie dicht an sich gepresst, während sie sich langsam zu einer romantischen Musik bewegten. Er flüsterte ihr etwas zu, und verwundert dachte sie: Ich verliebe mich in ihn. Noch ein paar Minuten, und ich bin rettungslos verschossen.
    Sie tanzten zwei schnelle Tänze und noch einen langsamen, dann nahm Christopho Angies Hand und zog sie hinaus. Ein angenehmer, leiser Wind empfing sie, er trug den salzigen Geruch des Meeres in sich. Sie schlenderten durch die Straßen, Arm in Arm, über sich einen klaren Sternenhimmel.
    »Mare, si?«, fragte Angie. Er schien zu verstehen, was sie wollte, denn er schlug sogleich den Weg zum Strand ein. Hier war es inzwischen menschenleer geworden. Das Meer rauschte lauter als am Tag, die Wellen kamen höher und hatten in ihrer Schwärze etwas seltsam Bedrohliches. Christopho blieb plötzlich stehen und zog Angie enger an sich heran. Der Wind spielte in seinen Haaren, als er sich nach vorne neigte und Angie küsste.
    Sie hatte sich immer für kühl und etwas forsch gehalten, keineswegs jedenfalls für romantisch, aber nun spürte sie, dass ihr Herz wie rasend schlug und dass sich die Szene für immer in ihr Gedächtnis einzugraben begann: das Donnern der Brandung, der salzige Wind, Christophos Geruch nach Seife, Zigaretten und Alkohol, der Sand unter ihren Füßen, der Geschmack des herrlichen blauen Getränkes auf ihren Lippen. Für alle Zeiten gehörten diese Dinge untrennbar zusammen.
    »Ich liebe dich«, flüsterte Christopho. Er musste diesen Satz auf Deutsch auswendig gelernt haben.
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte Angie leise. Er küsste sie noch einmal, und sie lehnte sich gegen ihn. Ganz langsam gingen sie weiter.
    Die ganze Nacht und eine Ewigkeit könnte ich hier mit ihm laufen, dachte Angie.
    Die ganze Nacht wurde es nicht, aber es war immerhin nach ein Uhr, als

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