Gefährlicher Verführer
die
Beschwörung eines Heilers. Es gelang Tempest tatsächlich, die Berglöwin davon
zu überzeugen, sich von ihr helfen zu lassen.
Stolz. Das Gefühl stieg plötzlich
wie aus dem Nichts in Darius auf. Tempest fürchtete sich vor der Berglöwin, wie
sie sich auch vor ihm, seinen Fähigkeiten und seiner ungezähmten Natur
fürchtete. Und dennoch war sie fest entschlossen, das Tier zu retten. Darius
hatte die telepathische Verbindung zu ihr aufgenommen, blieb jedoch nur ein
unauffälliger Schatten in ihren Gedanken, damit er sie nicht von ihrer Aufgabe
ablenkte. Und doch war er bei ihr und konzentrierte sich ganz auf sie. Tempest
wollte der Raubkatze unbedingt das Leben retten.
Darius empfand noch ein
anderes Gefühl, von dem er nicht geglaubt hatte, dass es überhaupt noch
existierte. Einst vergessen und in der Finsternis seiner Seele verloren,
überkam es ihn jetzt so intensiv, dass die Erkenntnis ihn erzittern ließ. Liebe. Darius hatte sein langes,
trostloses Leben ertragen, das keinen anderen Sinn für ihn gehabt hatte, als
seine kleine Familie zu beschützen. Doch Tempest hatte seinem Leben eine neue,
tiefere Bedeutung gegeben. Durch sie fand er wieder Freude an seiner Existenz.
Er bewunderte ihren Mut, obwohl er sich innerlich schwor, dass sie ihm nie
wieder Widerstand leisten und sich in gefährliche Situationen bringen würde.
Er bewunderte Tempest. Diese
Feststellung überraschte ihn. Er bewunderte die Art, wie Tempest durchs Leben
ging und die Menschen akzeptierte, ohne sie zu verurteilen oder etwas von ihnen
zu erwarten. Er bewunderte ihren grenzenlosen Mut und ihren Sinn für Humor.
Wie konnte er ihr nun am besten helfen? Darius betrachtete die Situation in
allen Einzelheiten. Die Berglöwin war unberechenbar. Das Tier hatte Angst,
Schmerzen und Hunger. Sofort begann Darius, seine telepathischen Kräfte mit
Tempests zu verbinden. So würde sie das Tier besser unter Kontrolle behalten
können.
Wenn ich den Dorn
entferne, Darius, kannst du dann dem armen Tier die Entzündung nehmen P Obwohl sich Tempest
völlig auf das verletzte Tier zu konzentrieren schien, klang ihre Stimme sanft,
aber deutlich in seinen Gedanken.
Darius hätte wissen müssen,
dass sie seine Anwesenheit spürte. Selbst die leiseste telepathische Berührung
erregte ihre Aufmerksamkeit. Schließlich hatte er sie an sich gebunden, also
gelang es ihr jetzt sehr viel leichter, den Kontakt zu ihm aufzunehmen.
Außerdem war sie viel sensibler und aufmerksamer als alle Sterblichen, denen
er jemals begegnet war. Ihre Konzentration blieb ungebrochen. Tempest war
einfach erstaunlich.
Ich soll ein Tier heilen P Selbstverständlich würde
Darius es versuchen, da Tempest ihn darum gebeten hatte. Denn wenn er ihre
Bitte ausschlug, würde sie nach einem anderen Weg suchen, dem Tier zu helfen. Du brauchst mich nicht, flüsterte er und erkannte,
dass er die Wahrheit sprach. Tempest war durchaus in der Lage, das verletzte
Tier ruhig zu halten, während sie ihm half. Er spürte die Stärke in ihr, die
feste Entschlossenheit. Diese Dinge entsprangen allein ihrer Seele.
Tempest blickte sich nicht
einmal um. Sie wusste instinktiv, dass Darius bei ihr war. Ein leises Lächeln
zuckte um ihre Mundwinkel und betonte das faszinierende kleine Grübchen, das
ihn immer wieder um den Verstand brachte. Tempest spürte, wie Darius ihren
Willen mit seinem stärkte, damit sie die Berglöwin leichter kontrollieren
konnte. Eigentlich hätte sie sich durch seine Hilfe weniger sicher fühlen
sollen, aber Tempest hatte es schon immer gespürt, wenn sie die Verbindung zu
einem Tier gefunden hatte. Die Berglöwin sprach auf sie an, und Tempest legte
die Hand auf ihr Bein, damit sie sich an die Berührung eines Menschen gewöhnen
konnte.
Immer wieder sandte sie der
Löwin beruhigende Eindrücke, während sie die Wunde untersuchte. Die Raubkatze
bebte unter ihren Händen. Tempest atmete ruhig und sorgte dafür, dass sich die
Berglöwin dem Rhythmus ihrer Atemzüge anpasste. Der Dorn war tief in die Pfote
eingedrungen, die Stelle angeschwollen und entzündet. Als Tempest das Ende des
dicken Dorns fasste und ihn aus der Pfote herauszog, fiel es ihr schon
schwerer, die Berglöwin ruhig zu halten.
Darius beobachtete die
Raubkatze wachsam, studierte den Gesichtsausdruck des Tieres und die Bilder in
seinen Gedanken. Es wollte sich auf Tempest stürzen, um die schrecklichen
Schmerzen zu beenden, doch Tempest hatte die Situation im Griff. Der Dorn war
mindestens drei Zentimeter lang
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