Gefährlicher Verführer
höflich.
»Schließlich sind wir eine Familie.«
»Ich habe Frauen gesehen,
die von Vampiren in ihresgleichen verwandelt wurden. Sie hatten den Verstand
verloren und machten Jagd auf die Kinder der Sterblichen. Schon oft war ich
dazu gezwungen, diese Kreaturen unschädlich zu machen. Ich fürchte, dass ich
nun Tempest in diese Gefahr bringe. Wie geht diese Verwandlung vor sich?
Tempest hat sich bereits verändert. Daran besteht kein Zweifel. Ihre Sinne sind
geschärft, und es fällt ihr schwer, Nahrung zu sich zu nehmen.«
»Um eine sterbliche Frau zu
verwandeln, muss es drei Mal zu einem Blutaustausch kommen. Offensichtlich hast
du das Ritual noch nicht vollzogen, denn es ist ein sehr schmerzhafter
Prozess. Falls es dazu kommen sollte, musst du sie in Tiefschlaf versetzen,
sobald es möglich ist, damit ihr Körper die Verwandlung vollziehen kann, ohne
dass sie schreckliche Qualen erleidet.«
»Würde sie den Verstand
verlieren?« Darius sorgte sich. Er hatte Tempest bereits in Gefahr gebracht,
indem er den rituellen Blutaustausch zwei Mal mit ihr vollzogen hatte. »Hat es
einen Fall gegeben, bei dem eine sterbliche Frau die Verwandlung unbeschadet
überstanden hat?« Darius beabsichtigte nicht, dieses Risiko einzugehen,
brauchte jedoch die Information, falls es Schwierigkeiten gab.
»Prinz Mikhail, der Anführer
unseres Volkes, brachte es fertig, seine Gefährtin in eine Karpatianerin zu
verwandeln. Ihre Tochter ist jetzt die Gefährtin deines älteren Bruders
Gregori. Mein eigener Zwillingsbruder vollendete unabsichtlich eine
Verwandlung, die von einem Vampir begonnen worden war. Alexandria ist seine
Gefährtin. Offenbar ist es Frauen mit übersinnlichen Fähigkeiten möglich, die
Verwandlung durch ihren karpatianischen Gefährten zu überstehen. Und Tempest
ist zweifellos deine Gefährtin.«
»Offenbar?«, fragte Darius.
»Diese Formulierung gefällt mir nicht. Ich möchte keinerlei Risiko eingehen, Tempest
womöglich Schaden zuzufügen.«
»Was bleibt dir anderes
übrig, Darius ?«, fragte Julian vorsichtig. »Sie hat Licht in dein Leben
gebracht. Wenn du sie verlierst, würde es dich zerstören. Du weißt, dass du es
nicht überleben könntest. Du würdest zu einem Untoten werden und deine Seele
verlieren.«
»Ich habe mich dazu
entschlossen, mit Tempest alt zu werden und zu sterben, wenn sie stirbt«,
verkündete Darius.
Julian hörte den leisen
Aufschrei seiner Gefährtin. Der Gedanke an das Schicksal ihres Bruders erschreckte
und bekümmerte Desari. Auch Julian musste seinen instinktiven Protest gegen
diese Entscheidung unterdrücken. »Du kennst die Gefahr, in der unser Volk
schwebt. Es gibt zu wenige von uns, um unser Überleben zu sichern. Wir dürfen
niemanden verlieren, nicht einmal ein Paar. Und ganz gewiss nicht, wenn es
sich um eine junge, gesunde Frau handelt, die Kinder zur Welt bringen könnte.«
Darius schüttelte den Kopf.
»Ich weiß so wenig von unserem Volk, Julian.«
»Jeder karpatianische Mann
muss unter allen Umständen seine Gefährtin finden. Wenn es ihm nicht gelingt,
muss eisern Leben beenden, ehe es zu spät ist und er seine Seele verliert.
Wir verfügen über Raubtierinstinkte, Darius. Ohne eine Gefährtin, die unserem
Leben wieder einen Sinn gibt und die Leere in unserer Seele füllt, werden wir
zu Vampiren. Doch es gibt nur wenige karpatianische Frauen, die das Erwachsenenalter
erreichen. Daher verlieren so viele unserer Männer den Kampf mit der Finsternis
und müssen unschädlich gemacht werden. Ehe ich Desari fand, hatte ich mich
bereits dazu entschlossen, meinem Leben ein Ende zu setzen. Prinz Mikhail und
Gregori gaben mir den Auftrag, Desari zu warnen, weil sie sich im Fadenkreuz
der sterblichen Vampirjäger befand. Natürlich wussten wir nicht, dass es noch
Karpatianer gab, die dem Massaker in unserer Heimat entkommen waren. Wir
glaubten, Desari sei eine Sterbliche, die nur zufällig den Verdacht des
Geheimbunds auf sich gelenkt hatte. Doch als ich in ihrer Gegenwart plötzlich
wieder Farben sehen konnte, wusste ich, dass sie mir als Gefährtin bestimmt
ist.«
»Also müssen Dayan und
Barack auch bald ihre Gefährtinnen finden, um nicht ihre Seelen zu verlieren«,
sagte Darius besorgt.
Julian nickte ernst. »Daran
besteht kein Zweifel, Darius. Deshalb müssen diejenigen von uns, die ihre
Gefährtinnen gefunden haben, alles versuchen, um Töchter zu bekommen. Nur so
kann unser Volk fortbestehen, doch es könnte bereits zu spät sein. Wenn ein
Mädchen geboren wird,
Weitere Kostenlose Bücher