Gefährlicher Verführer
herausfinden.«
»Ich sollte zu ihm gehen und
es ihm erklären«, überlegte Desari laut.
»Ich habe nicht gehört, dass
er nach Erklärungen gefragt hätte, du etwa?«, erwiderte Julian und zog sie in
seine Arme. »Es ist das Beste - und Sicherste -, sich nicht einzumischen, wenn
es um die Verbindung zweier Gefährten geht.«
»Moment mal.« Barack lehnte
sich an den roten Sportwagen. »Ich verstehe das alles nicht. Darius hat ihr
Blut zu sich genommen, das weiß ich. Tempest hatte seinen Geruch an sich.
Willst du mir etwa weismachen, dass er sich ihr auf sexuelle Weise genähert
hat? Ist es nicht streng verboten, beides mit einer sterblichen Frau zu tun?
Darius hat uns diese Regel selbst beigebracht.«
»Tempest ist offenbar
anders«, entgegnete Julian. »Man kann sie nicht mit anderen Sterblichen
vergleichen, also gelten diese Gesetze nicht für sie.«
Syndils braune Augen, die
normalerweise sanft und liebevoll blickten, funkelten zornig, als sie Barack
ansah. »Du wolltest ihr Blut nehmen? Das sollte unter deiner Würde sein. Sie
stand unter unserem Schutz. Barack, du bist so unsensibel! Immer musst du den
Playboy spielen. Du kannst einfach keine Frau in Ruhe lassen, nicht einmal,
wenn sie praktisch als Teil unserer Familie mit uns reist. Gestern Abend ist
Rusti etwas Furchtbares zugestoßen. Hast du auch nur einen einzigen Gedanken
daran verschwendet, bevor du deine Bedürfnisse an ihr befriedigen wolltest?«
»Syndil.« Barack sah
verletzt aus. Syndil verfügte eigentlich über eine so sanfte, liebevolle Natur
und wurde niemals zornig oder ungeduldig mit den anderen.
»Versuche nicht, mich zu
besänftigen, Barack. Bist du denn so faul, dass du nicht auf die Jagd gehen
kannst, sondern dich von einer Frau ernähren musst, die unter dem Schutz
unserer Familie steht? Vermutlich glaubst du noch, sie hätte sich dir dankbar
zur Verfügung gestellt, weil du so ungeheuer charmant bist.«
»So war es nicht. Ich hatte
einfach nur großen Hunger und war nicht rechtzeitig auf die Jagd gegangen. Ich
hätte ihr niemals etwas angetan. Außerdem wusste ich ja nicht, dass sie zu
Darius gehört. Sonst hätte ich sie doch nie und nimmer angerührt. Er hätte mir
beinahe in die Kehle gebissen, Syndil. Du könntest wirklich etwas Mitleid mit mir
haben. Sieh dir meine Brust an. Seine Krallen haben mich verletzt. Heile doch
bitte meine Wunden.« Barack bedachte Syndil mit dem Blick eines traurigen
kleinen Jungen, der normalerweise stets Wirkung zeigte.
»Denke beim nächsten Mal
vorher gründlich darüber nach, bevor du wieder Frauen nachstellst«, gab Syndil
zurück, wandte sich ab und ging davon.
»Hey, warte.« Barack ging
ihr nach und bemühte sich verzweifelt, Syndil zu besänftigen.
»Haben wir denn alle den
Verstand verloren?«, fragte Dayan. »Die sanfte, liebenswerte Syndil benimmt
sich wie eine Furie, Desari wie ein liebeskranker Teenager. Ich kenne dich
nicht besonders gut, Julian, aber du scheinst Darms' Situation mehr zu
genießen, als schicklich ist, und unser Casanova Barack läuft Syndil nach wie
ein Schoßhund. Was geht hier vor?«
»Euer Anführer hat seine
Gefährtin gefunden, Dayan«, gab Julian heiter zurück, »und hat nicht die leise
Ahnung, was er mit ihr tun soll. Wenn man seine Gefährtin findet, fühlt man
sich, als hätte man einen Faustschlag in den Magen erhalten und soeben den
Verstand verloren. Euer Darius ist daran gewöhnt, immer seinen Willen
durchzusetzen und allen anderen Befehle zu erteilen. Aber jetzt steht ihm
vermutlich das böse Erwachen bevor, das er verdient.«
»Er wird Tempest einfach
seinen Willen aufzwingen«, entgegnete Dayan voller Überzeugung, »dann ist bald
alles wieder beim Alten.«
»Wenn man versucht, seiner
Gefährten etwas aufzuzwingen, kann man sich ebenso gut selbst die Kehle
durchschneiden. Beides ist keine gute Idee. Allerdings wird es sicherlich
interessant sein, Darius bei dem Versuch zu beobachten«, bemerkte Julian
zufrieden.
Kapitel
6
Als sie den Schutz der Bäume
erreicht hatten, nahm Darius wieder seine menschliche Gestalt an. Tempest
lehnte sich an einen Baumstamm, beobachtete ihn bei seiner Verwandlung und
fragte sich gleichzeitig, ob sie hier inmitten eines Naturschutzparks in
Kalifornien in eine Märchenwelt geraten war.
Sofort fiel Darius ihre
unnatürlich blasse Haut auf, und er sah die Furcht in ihren großen Augen. Ihre
zarten Lippen zitterten, und sie rang nervös die Hände. Er wusste auch, dass
sie davonlaufen würde, wenn er
Weitere Kostenlose Bücher