Gefährliches Geheimnis
Tochter war eine außergewöhnliche Frau.« Seine Stimme zitterte leicht.
»Falls es Monk gelingt, etwas über ihre Zeit in Wien, über die Menschen, die sie liebten und vielleicht beneideten, herauszufinden, findet er womöglich auch den Schlüssel zu dem, was in der Acton Street passiert ist. Sie war eine Frau mit großem Scharfsinn, das Feuer, das entstand …«
»Er wird Hilfe brauchen.« Sie setzte sich freundlich über seine Gefühle hinweg, jedoch nur, weil die Zeit knapp wurde. »Jemanden, der die Stadt kennt und für ihn dolmetscht, so dass er die Leute findet, die er braucht, und seine Fragen so präzise und spitzfindig stellen kann, dass die Antworten auch von Belang sind.«
»Ja, ja, natürlich«, gab Pendreigh ihr Recht. Er war ein wenig befangen wegen seines Gefühlsausbruchs.
»Natürlich. Ich schreibe an den britischen Botschafter. Er ist ein Freund von mir – kein guter Freund, aber wir waren uns früher schon gefällig. Er wird ohne Zögern jemanden zur Verfügung stellen, der Monk unterstützen kann. Ich glaube wohl, dass er Freunde hat, die vor dreizehn Jahren bereits in Wien waren und mit den Umständen des Aufstands vertraut sind. Es wird für Monk nicht schwierig werden, denn Elissa wird nicht vergessen sein.« Seine
Augen leuchteten, und für einen Augenblick waren die letzten Wochen ausgelöscht. Seine Stimme war weich.
»Wenn er einen Bericht mitbringen könnte, wie sie damals war, über ihren Mut, ihre Liebe zu dem Volk und wie sie sie angefeuert hat zu kämpfen, alles für die Sache der Frei- heit zu opfern, könnte das Niemanns Verhalten erklären.«
Er blinzelte schnell. »Sagen Sie Monk, er soll jemanden suchen, der die Kämpfe auf den Barrikaden beschreibt, die Kameradschaft in der Gefahr, wie sie gelebt haben, ihre Leidenschaften und Loyalitäten. Zeigen Sie dem Gericht in London, wie sie wirklich war. Das wäre das beste Epitaph für sie. Sie hätte es verdient.« Seine Stimme brach, und er wandte den Blick ab. »Denn sie werden versuchen, sie als eine Frau zu präsentieren, die schäbigen kleinen Männern, die sie nicht kannten, Geld schuldete, Männern, die außer ihrer Gier nie einen Grund hatten zu kämpfen.«
Er hob den Blick, um Callandra offen und eindringlich anzusehen. »Er soll etwas mitbringen, das sie begreifen lässt, dass ein Mann ihretwegen den Verstand verlieren konnte, dass er sie nie vergaß, nicht einmal dreizehn Jahre später, als sie mit seinem Freund verheiratet war, und dass seine Gefühle für sie immer noch so überwältigend sein konnten, dass er jegliches Urteilsvermögen und jegliche Moral verlor, so dass ihre Zurückweisung ihm das Gefühl gab, das ganze Leben würde ihm entrissen. Sie war einzig, unersetzbar.«
Er stand abrupt auf und besann sich nur mit der größten Willensanstrengung wieder auf die Gegenwart. Seine Hände zitterten. Er atmete tief durch und räusperte sich.
»Ich wünschte, ich könnte selbst fahren, die Orte sehen und mit den Menschen sprechen, aber ich muss hier bleiben und den Fall vorbereiten. Ich wurde benachrichtigt, dass er sehr bald vor Gericht kommen wird. Die Krone glaubt, dass sie alle Beweise haben, die sie brauchen.«
Er hob ganz leicht eine Schulter, kaum ein Achsel- zucken. »Ich … ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Kristian ist ein feiner Mensch, aber eigensinnig. Er hat sich im Verwaltungsrat des Krankenhauses viele Feinde gemacht, und nur sehr wenige Freunde. Diejenigen, denen er geholfen hat, sind arm und krank, und in vielen Fällen, fürchte ich, bereits tot. Sie würden zweifellos schwören, dass er die Geduld eines Heiligen und grenzenloses Mitleid besitzt, aber sie können es nicht mehr bezeugen.«
Er sah sie unverwandt an. »Machen Sie Monk klar, dass sein Auftrag äußerst wichtig ist, Lady Callandra. Und erlauben Sie mir, mich an den Kosten zu beteiligen.« Er kehrte zum Tisch zurück und öffnete eine Schublade, aus der er mehrere Goldmünzen und einen Schatzwechsel holte. Er hielt sie ihr hin. »Ich werde Ihrer Bank hundert Pfund transferieren, aber in der Zwischenzeit nehmen Sie dies hier für die Auslagen, die unmittelbar notwendig sind, mit meiner tiefsten Dankbarkeit.«
Sie brauchte es nicht – ihre eigenen Mittel reichten mehr als aus, und um Kristian zu verteidigen hätte sie alles ge- geben, was sie besaß –, aber sie spürte, dass es ihm wichtig war, auch etwas beizusteuern, und so nahm sie das Geld.
Er kehrte zum Tisch zurück, setzte sich, griff nach Feder und Papier und
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