Gefährliches Geheimnis
überbrücken.
»Werden Sie eine Weile in Wien bleiben?«, fragte Ferdinand. »Falls ja, sollten Sie sich vielleicht besser Räume drüben in der Josefstadt oder dort in der Nähe suchen. Ist zudem billiger. Dort sitzen die Menschen in Kaffeehäusern und reden über Ideen und … planen den Aufruhr. Zumindest habe ich das gehört«, fügte er schnell hinzu.
Es gab keine Alternative, außer allein herumzulaufen und kaum fähig zu sein, mehr als ein paar Worte zu verstehen, und so nahm Monk mit zähneknirschender Dankbarkeit an. Er beglich seine Hotelrechnung und folgte, den Koffer in der Hand, Ferdinand die Treppe hinunter in die geschäftigen Straßen einer fremden Stadt. Er stand vor einer Aufgabe, die ihm zunehmend hoffnungsloser erschien, und hatte nur eine vage Vorstellung davon, was er tun und wo er anfangen sollte.
»Sie können mich Ferdi nennen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, Sir«, sagte der Junge, der Monk sorgfältig beobachtete, als wäre dieser nicht nur fremd in der Stadt,
sondern jemand, dem die gewöhnlichen Fähigkeiten zum Überleben fehlten, wie etwa den Verkehr zu beobachten, bevor man die Straße überquerte, oder aufmerksam zu sein, damit man nicht von seinem Führer getrennt wurde und sich verlief. Vielleicht hatte er jüngere Geschwister, auf die er gelegentlich aufpassen musste. Mit beträchtlicher Anstrengung übte Monk sich darin, eher amüsiert zu sein als wütend.
Der größte Teil des Vormittags verstrich damit, ein passendes Quartier in einer kleinen Pension in einem weniger teuren Viertel zu finden, wo, wie es schien, Studenten und Künstler lebten.
»Revolutionäre«, informierte Ferdi Monk diskret und achtete darauf, dass sie nicht belauscht wurden.
»Haben Sie Hunger?«, fragte Monk ihn.
»Ja, Sir!«, antwortete Ferdi sogleich, dann sah er unbehaglich drein. Vielleicht gestand ein Gentleman solche Bedürfnisse nicht so bereitwillig ein, aber er konnte es nicht mehr zurücknehmen. »Ich kann aber auch noch eine Weile warten, wenn Sie zunächst ein paar Fragen stellen wollen«, fügte er hinzu.
»Nein, wir essen«, sagte Monk unglücklich. Die ganze Angelegenheit war ein Fehlschlag. Er hatte Callandra glauben lassen, er könnte etwas Nützliches in Erfahrung bringen, dabei überstieg es schon seine Fähigkeiten, eine Scheibe Brot und eine Tasse Tee oder – was sehr viel wahrscheinlicher war – Kaffee zu bestellen!
»Sehr gut«, sagte Ferdi erfreut. »Ich nehme an, Sie haben Geld?«, fügte er hinzu. »Ich fürchte, ich habe nicht sehr viel.«
»Ja, reichlich«, sagte Monk. »Ich denke, es ist nur fair, wenn ich Sie wenigstens zum Essen einlade.«
Ferdi fand ein kleines, ansprechendes Café und fragte, den
Mund voll köstlichem Steak, Monk, wen genau er suche.
»Einen Mann namens Max Niemann«, antwortete Monk ebenfalls mit vollem Mund. »Ich muss zunächst so viel wie möglich über ihn herausfinden, bevor er erfährt, dass ich nach ihm suche.«
Er hatte beschlossen, Ferdi einen angemessenen Teil der
Wahrheit anzuvertrauen. Er hatte kaum etwas zu verlieren.
»Möglich, dass er derjenige ist, der die Frau in London umgebracht hat.« Als er Ferdis Miene sah, wurde ihm klar, dass er nicht das Recht hatte, ihn auch nur der geringsten Gefahr auszusetzen. Vielleicht wäre es seinen Eltern lieber, er würde nichts wissen über ein Thema wie Mord, obwohl diese Überlegung ein wenig spät kam. »Wenn Sie mir helfen wollen, müssen Sie genau das tun, was ich Ihnen sage!«, sagte er ernst. »Wenn Sie zulassen, dass Ihnen auch nur das Geringste geschieht, wird die Wiener Polizei mich ins Gefängnis werfen, und ich finde den Weg nicht mehr hinaus.«
»Das wäre sehr unglücklich«, stimmte Ferdi ihm ernst zu. »Ich schließe daraus, dass das, was wir vorhaben, ein wenig gefährlich ist.«
Es war vollkommen idiotisch. Ganz tief in seinem Innern brach etwas zusammen, und Monk hatte große Mühe zu verhindern, dass die Verzweiflung ihn übermannte.
Ferdi war begeistert und aufmerksam. »Was soll ich jemanden fragen, Sir? Was müssen Sie wirklich wissen, abgesehen davon, wer diese arme Dame umgebracht hat?«
Er hatte nichts zu verlieren. »Sagen Sie, dass ich ein englischer Romanschriftsteller bin, der ein Buch über den Achtundvierziger-Aufstand schreibt«, fing er an, die Idee kam ihm während des Sprechens. »Fragen Sie nach so vielen Geschichten aus erster Hand, wie Sie finden können. Die Namen, um die es mir geht, sind Max
Niemann, Kristian Beck und Elissa von
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