Gefährliches Geheimnis
lischen Entscheidungen leiten und in Zeiten der Not den Trost geben, den Menschen stützen, heilen, dem Konflikt eine Bedeutung geben und die Tragödie erträglich machen?
Monk warf noch einmal einen Blick auf Magda Becks rundes, ernstes Gesicht und sah darin das Leuchten einer inneren Gewissheit oder zumindest das Wissen darum, wo diese zu finden war.
Wenn er nach Hause fuhr, musste er dafür sorgen, dass ein Priester Kristian besuchte, sooft dieser es wünschte und es erlaubt war.
»Vielen Dank«, sagte er mit mehr Zuversicht. »Ich würde sehr gerne mit Vater Geissner sprechen.«
»Natürlich.« Josef sah glücklich aus, er hatte etwas
Nützliches tun können.
Monk war gerade im Begriff zu fragen, wo und wann sie sich treffen sollten, und sich dann zu verabschieden, als der Diener die Ankunft von Herrn und Frau von Arpels ankündigte und Josef ihn bat, sie hereinzuführen.
Von Arpels war schlank und hatte dünnes, blondes Haar und ein schmales, ziemlich spitzes Gesicht. Seine Frau war unscheinbar, aber sie hatte eine überraschend angenehme Stimme, sehr tief und ein wenig heiser.
Sie wurden einander vorgestellt, und Josef erzählte ihnen sogleich von Elissas Tod, ohne allerdings auf die näheren Umstände einzugehen. Angemessene Anteilnahme wurde zum Ausdruck gebracht, und die beiden erboten sich, für Elissas Seele zu beten und an der Messe für sie teilzunehmen.
Von Arpels wandte sich an Monk. »Bleiben Sie lange in Wien, Herr Monk? Es gibt eine Menge zu sehen. Waren Sie schon in der Oper? Oder im Konzertsaal? In dieser Saison werden Beethoven und Mozart gegeben, ausgezeichnet. Oder vielleicht eine Fahrt auf dem Fluss? Obwohl es dafür schon ein wenig spät ist. Viel zu kalt. Der Wind kommt von Osten und kann zu dieser Jahreszeit ziemlich beißend sein.«
Frau von Arpels lächelte ihn an. »Vielleicht bevorzugen Sie etwas Leichteres? Einladungen zum Kaffee? Wir können Ihnen die besten und elegantesten Orte nennen … und auch ein paar von denen, die nicht ganz so elegant sind, dafür aber lustiger. Tanzen Sie, Herr Monk?« Ihre Stimme wurde vor Begeisterung ein bisschen höher. »Sie müssen Walzer tanzen! Sie können unmöglich in Wien sein und keinen Walzer tanzen! Herr Strauss hat uns zur Walzerhauptstadt der Welt gemacht! Wenn Sie ihn nicht dirigieren gehört … und bis zum Umfallen getanzt haben, waren Sie nur halb lebendig!«
»Helga, bitte!«, sagte von Arpels schnell. »Herr Monk könnte das zu frivol finden!«
Monk fand, es klang herrlich. Seine Phantasie eilte in so raschen Schritten voraus, dass seine Füße gar nicht mehr nachkamen. Aus Venedig erinnerte er sich, dass er … ziemlich gut tanzen konnte!
»Ich würde schrecklich gerne tanzen gehen«, sagte er aufrichtig. »Aber ich kenne niemanden, und
bedauerlicherweise muss ich nach London zurückkehren, sobald meine Geschäfte hier erledigt sind.«
»Oh, ich kann Sie jemandem vorstellen«, meinte Helga von Arpels ungezwungen. »Ich bin sicher, ich kann sogar dafür sorgen, dass Sie Herrn Strauss vorgestellt werden, wenn Sie möchten.«
»Helga! Um Himmels willen!« Von Arpels energischer Einwurf war fast ein wenig grob. »Herr Monk hat sicher nicht den Wunsch, gesellschaftlich mit Herrn Strauss zu verkehren. Der Mann ist ein ausgezeichneter Musiker, aber er ist Jude! Ich habe dich gewarnt, unpassende Freundschaften zu schließen. Man muss höflich sein, aber man muss auch vorsichtig sein, damit man in Bezug auf seine Loyalitäten und seine Identität nicht missverstanden wird. Sieh dir an, was mit Irma Brandt passiert ist! Es war ganz allein ihre Schuld.«
Die Atmosphäre im Raum schien plötzlich kälter zu werden. Ein Dutzend Fragen schossen Monk durch den Kopf, aber dies waren nicht die Menschen, denen er sie stellen konnte. Helga von Arpels sah verärgert aus. Sie war vor ihren Freunden und einem Fremden in Verlegenheit gebracht worden, und sie konnte nichts dagegen tun. Sie hatte verbotenes Terrain betreten, darüber war man sich offensichtlich einig. Sie tat Monk Leid, und er war wütend um ihretwillen, gleichzeitig jedoch auch völlig hilflos.
»Vielen Dank für Ihre Großzügigkeit, Frau von Arpels«, sagte er zu ihr. »Ich werde mich darum bemühen, Herrn Strauss dirigieren zu sehen, selbst wenn ich allein hingehe und nicht tanzen kann. Dann kann meine Phantasie die Erinnerung bewahren.«
Sie versuchte zu lächeln, und in ihren Augen blitzte es auf, eine Anerkennung seines Feingefühls.
Monk dankte Josef und Magda noch
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