Gefährliches Geheimnis
einmal, bekam von
ihnen die Adresse von Vater Geissner, und Magda begleitete ihn zur Tür. Draußen in der Halle entließ sie das Mädchen und ging selbst mit ihm zur Treppe.
»Mr. Monk, gibt es sonst irgendetwas, was wir für
Kristian tun können?«
War sie ihm wirklich gefolgt, um ihn dies zu fragen? Es würde nicht lange dauern, bis Josef sie vermisste.
»Ja«, sagte er, ohne zu zögern. »Erzählen Sie mir, was Sie über die Gefühle zwischen Kristian, Elissa und Max Niemann wissen. Er war dieses Jahr mindestens dreimal in London und hat nicht etwa Kristian besucht, sondern Elissa, und zwar heimlich.«
Sie sah kaum überrascht aus. »Er hat sie immer geliebt«, antwortete sie ruhig. »Aber soweit ich weiß, hat sie außer Kristian nie einen anderen Mann auch nur eines Blickes gewürdigt.«
»Sie hat Kristian wirklich geliebt?« Monk wollte sichergehen, selbst wenn ihm das nicht weiterhalf.
»O ja«, sagte sie mit Nachdruck. Ein winziges, trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen. »Sie war neidisch auf dieses jüdische Mädchen, Hanna Jakob, weil auch sie tapfer und eine starke Persönlichkeit war. Auch sie liebte Kristian. Ihr Gesicht verriet es … und ihre Stimme. Max war für Elissa zu mühelos zu erobern, sie musste sich nicht anstrengen, um seine Liebe zu gewinnen.« Sie zuckte kaum merklich die Schultern. »Das, was wir ohne allzu viel Mühe erringen können, wollen wir oft nicht. Wenn man nichts zahlt, ist es womöglich nicht viel wert. Zumindest glauben wir das.«
Man hörte Türen auf und zu gehen.
»Vielen Dank, dass Sie hier waren, um es uns persönlich zu berichten, Mr. Monk«, sagte sie schnell. »Das war äußerst liebenswürdig von Ihnen. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen, Frau Beck«, antwortete er, trat hinaus in den Wind und ging davon, während neue Gedanken seinen Geist beschäftigten.
Ferdi war nicht der Richtige, um ihn nach der Judenfeindlichkeit zu fragen, deren Zeuge Monk im Haus der Becks geworden war, zumal diese für Kristian, Elissa und Max Niemann kaum von Belang war. Ferdi brannte jedoch darauf, alles zu hören, was Monk dort in Erfahrung gebracht hatte, und wollte wissen, ob es Monk half, ein deutlicheres Bild der Menschen zu gewinnen, die für ihn bereits Helden waren. Er stellte eine Frage nach der anderen über Josef und Magda, während er und Monk bei einer heißen Tasse Kakao saßen und zusahen, wie die Lichter angingen, während die Straßen immer dunkler wurden und die Cafés sich mit Menschen füllten. Ohne es zu wollen, rutschte Monk von Arpels’ Kommentar über Strauss heraus. Er sah keine erkennbare Reaktion in Ferdis jungem Gesicht.
»Haben viele Menschen eine solche Einstellung zu
Juden?«, fragte Monk.
»Ja, natürlich. In England etwa nicht?« Ferdi war ver- dutzt. Monk musste einen Augenblick darüber nachdenken. Er bewegte sich nicht in gesellschaftlichen Kreisen, wo er so etwas erlebt hatte. Er war überrascht, als ihm klar wurde, mit wie wenigen Menschen er, im Vergleich zu seinen beruflichen Kontakten, freundschaftlichen Umgang pflegte. Es gab eigentlich nur Rathbone, Callandra und natürlich Kristian. Diese Beziehungen waren stark und unter ungewöhnlichen Umständen entstanden; sie bauten auf ein Vertrauen, das die meisten Menschen niemals aufbringen mussten. Was ihnen fehlte, war jedoch die entspanntere Seite der Freundschaft, die gemeinsamen Bagatellen.
»Ist mir noch nicht untergekommen«, sagte er ausweichend. Er wollte nicht, dass Ferdi wusste, dass seinem Leben solch gewöhnliche Stabilität fehlte. Er wollte eigentlich auch nicht, dass Ferdi erfuhr, dass er früher Polizist war. Ferdi mochte ihn für einen aufregenden Freund halten, aber es war unzweifelhaft eine sozial unterlegene Position. Man rief die Polizei, wenn man sie brauchte, man lud sie nicht zum Essen ein. Und auf keinen Fall erlaubte man der eigenen Tochter, einen Polizisten zu heiraten.
Ferdi wunderte sich. »Gibt es denn in England keine
Juden?«
»Doch, natürlich.« Monk suchte nach einer akzeptablen Antwort. »Einer unserer führenden Politiker ist Jude – Benjamin Disraeli. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich persönlich einen kenne.«
»Persönlich kennen wir auch keine«, meinte Ferdi.
»Aber ich habe natürlich schon welche gesehen.«
»Woher weißt du das?«, fragte Monk schnell.
»Was?«
»Woher weißt du, dass es Juden waren?«
Jetzt war Ferdi völlig perplex. »Na ja, man weiß es eben, oder nicht?«
»Ich nicht.«
Ferdi wurde rot. »Sie nicht?
Weitere Kostenlose Bücher