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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Sicherheit stellt? Kristian tat genau das, was man erwartete. Soweit ich weiß, hat er das immer getan, auch später.« Seine Stimme stockte, und wieder verdunkelten sich seine Augen einen Moment.
    »Später?«, fragte Monk schnell und versuchte, die
    Nuance von dem, was da noch mitschwang, festzuhalten. Geissner atmete tief ein und seufzte. »Nach Hannas
    Tod«, sagte er leise.
    »Warum sagen Sie das? Hat sich da etwas verändert?« Monks Stimme versank in einem beredten Schweigen.
    »Ja.« Geissner sah ihn nicht an. »Es veränderte sich etwas, auf die eine oder andere Art, aber … aber ich kann Ihnen nur sehr wenig darüber erzählen. Sie legten als gute
    Katholiken alle die Beichte ab, aber über einige Probleme wurde gesprochen, andere lagen tiefer als Worte – ich glaubte, tiefer, als sie selbst begriffen. Das Wissen um solche Dinge kommt manchmal langsam, wenn überhaupt.«
    Monk hatte Mühe, ruhig zu bleiben, vielleicht war dieser erste Hoffnungsschimmer auch trügerisch, zudem wollte er den Priester nicht in seinen Erinnerungen unterbrechen.
    »Was für Dinge?«, fragte er leise.
    »Bedauern über das, was nicht getan wurde, über
    Begreifen, das zu spät kam«, antwortete Geissner.
    »Hässliches in anderen zu sehen und sich klarzumachen, dass es womöglich auch in einem selbst steckt.«
    Monk spürte ein Prickeln auf der Haut, eine Warnung. Er musste sich langsam, indirekt vortasten. Dieser Mann achtete Vertrauen höher als das Leben. Ihn zu bitten, es zu brechen, wäre eine Beleidigung, die das Einvernehmen zwischen ihnen mit einem Wort zerstören würde wie mit einem Schwertstreich.
    »Wie starb sie?«, fragte Monk.
    Geissner sah ihn an. »Ebenso wie wenn sie auf den Barrikaden gekämpft hätte. Sie brachte Nachrichten zu Gruppen in verschiedenen Teilen der Stadt. Es war schwierig und wurde immer gefährlicher. Ich weiß nicht, ob sie Angst hatte. Natürlich kannte ich sie nicht so gut wie die anderen. Diese waren Christen, sie war Jüdin.«
    »Gibt es viele Juden in Wien?«
    »O ja. Es gibt seit ungefähr tausend Jahren Juden in der Stadt, aber wir haben sie nur dann toleriert, wenn es uns passte. Zweimal haben wir sie alle vertrieben und natürlich ihren Besitz konfisziert und diejenigen, die blieben, auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Obwohl das inzwischen mehrere hundert Jahre her ist. Wir ließen sie wieder in die Stadt, als ihr Finanzgeschick uns von Nutzen
    war. Viele von ihnen haben ihre Namen geändert, um christlicher zu klingen, und ihren Glauben im Verborgenen gelebt. Manche sind aus reinem Selbstschutz sogar zum Christentum konvertiert.«
    Monk erforschte Geissners Gesicht, konnte darin aber nichts entdecken, was seine Gefühle verriet, weder in Bezug auf jemanden, der seinen Glauben verleugnete, zum Glauben der Peiniger konvertierte und seine Wurzeln und sein Erbe hinter sich ließ, noch in Bezug auf die Gesellschaft, die ihn zu so etwas zwang, wenn er überleben wollte. Fühlte er sich schuldig? Oder war sein Glaube von der Art, dass er jedes Mittel guthieß, wenn es nur mehr Menschen unter dem Dach vereinte, das in seinen Augen der wahre Glaube war? Monk fand den Gedanken abstoßend. Aber er war schließlich kein Katholik, zumindest nicht, soweit er wusste. Warum fiel ihm das erst jetzt ein? Er hätte sich der Leere in seinem Leben, in seinen Gedanken, wo eigentlich ein Glaube hätte sein sollen, längst bewusst sein müssen!
    Er zwang seine Gedanken zurück in die Gegenwart und zu seiner Suche nach Gerechtigkeit. »Wie starb Hanna Jakob?«, fragte er noch einmal.
    Falls Geissner die Wut oder die Ungeduld in Monk spürte, ließ er sich das nicht anmerken. »Sie überbrachte eine Nachricht mit einer Warnung«, antwortete er. »Das Militär hat sie gefangen genommen und gefoltert, damit sie ihnen verriet, wo ein Teil von Kristians Gruppe war und was sie vorhatten. Sie hat nichts preisgegeben und wurde umgebracht.«
    »War sie verraten worden?«, fragte Monk schroff. Er wollte die Antwort wissen und auch wieder nicht. Wenn sie verraten worden war, konnte das den Mord an Elissa erklären, und doch wäre es in seinen Augen eine so abstoßende, scheußliche Sünde, dass er es um Hannas
    willen kaum ertragen hätte. Sicher konnte die tapfere, idealistische Elissa sich nicht mit solch einem Akt der Missgunst beschmutzt haben.
    »Sie wissen, dass ich Ihnen nicht sagen kann, was mir in der Beichte anvertraut wurde, Herr Monk«, sagte Geissner leise. »Was Hanna tat, war stets ein Risiko. Sie

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