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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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den Wert Ihrer Zeugenaussage ermessen kann, Ihre jahrelange Erfahrung, auf die Sie sowohl Ihr medizinisches, als auch Ihr menschliches Urteil gründen können, möchten Sie mir vielleicht die Einzelheiten Ihrer Karriere berichten?«
    Der Richter stieß ein ungeduldiges Seufzen aus, und Mills erhob sich halb, aber es war sinnlos, Einspruch zu erheben, und das wusste er. Pendreigh hatte jedes Recht, den Zeugen einzuführen, seiner Zeugenaussage jede Unze Gewicht zu geben, die er ihr verleihen konnte.
    Thorpe war dankbar. Das zeigte sich daran, dass sein Körper sich entspannte, und an der Art, wie er die Schultern lockerte und ausführlich über seine Erfolge zu
    berichten begann.
    Pendreigh nickte, ohne ihn je einmal zu unterbrechen oder ihn zur Eile anzuhalten. Als sie schließlich zu dem Punkt kamen, an dem er seine Meinung über Kristians Charakter von sich gab, merkte Hester, dass sie vor Anspannung regelrecht Schmerzen hatte. Ihre Schultern waren steif, ihre Hände so fest miteinander verschränkt, dass die Nägel sich in die Handflächen gruben. Es hatte keine Alternative gegeben, trotzdem war sie krank vor Angst. Dies war Thorpes Chance, sich zu rächen. Verfügte Pendreigh über das Geschick, ihn zu kontrollieren? Hester wagte nicht, Callandra anzusehen.
    »Sie haben also mit vielen Ärzten und Chirurgen zusammengearbeitet und hatten die Verantwortung für deren Betragen, ihr Können und sogar ihre Anstellung durch das Krankenhaus?«, fragte Pendreigh freundlich.
    »Ja, ja«, antwortete Thorpe zufrieden. »Ich nehme an, Sie könnten sagen, dass am Ende alles in meiner Verantwortung lag.«
    »Eine außerordentliche Last für einen Mann«, antwortete Pendreigh ehrerbietig. »Und doch sind Sie nie davor zurückgeschreckt.«
    Mills stand auf. »Euer Ehren, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Mr. Thorpe große Verantwortung zu tragen hat und dass er dies mit Geschick und gewissenhaft meistert. Ich denke, wir vergeuden die Zeit des Gerichts, wenn wir Dinge erörtern, die bereits eröffnet wurden.«
    »Ich muss dem zustimmen, Mr. Pendreigh«, sagte der Richter ein wenig spitz. »Bitte stellen Sie Fragen bezüglich Mr. Thorpes Einschätzung von Dr. Becks Charakter, nicht seiner medizinischen Fähigkeiten. Daran haben wir keinen Zweifel. Sie haben uns in den letzten Tagen reichlich darüber informiert.« Seine Ungeduld und
    seine mangelnde Sympathie waren allzu offensichtlich.
    »Ja, Euer Ehren, natürlich«, räumte Pendreigh ein. Er wandte sich an Thorpe. »Sie haben Ihr Personal stets mit der größten Sorgfalt ausgesucht, nicht nur wegen seiner medizinischen Fähigkeiten, sondern auch wegen seines moralischen Charakters, wie es Ihre Aufgabe ist. Kann das Gericht davon ausgehen, dass Sie nicht an diesen hohen Maßstäben rüttelten oder eine Ausnahmen machten, als Sie Dr. Beck beschäftigten?«
    Thorpe saß in der Falle. Er hatte vorgehabt, Kristian zu verurteilen, hatte öffentlich Rache für vergangene Nieder- lagen genießen wollen, aber nun konnte er dies nicht tun, ohne sich selbst zu ruinieren. Die Wut darüber, die momentane Unschlüssigkeit in dem Augenblick, in dem er begriff, dass der Sieg ihm entglitt, standen ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass Hester seine Gedanken laut hätte aussprechen können.
    »Mr. Thorpe?« Pendreigh runzelte die Stirn. »Das ist sicher keine allzu schwierige Frage. Haben Sie die gleichen hohen Anforderungen wie sonst auch walten lassen, als Sie Dr. Beck beschäftigten und ihm erlaubten, die kranken und anfälligen Männer und Frauen zu operieren, die in Ihr Krankenhaus kamen, um Hilfe zu finden … oder erlaubten Sie aus einem persönlichen Grund einem Mann, dem Sie nicht vertrauten, eine solche Position innezuhaben?«
    »Nein! Natürlich nicht!«, fuhr Thorpe auf und erkannte schlagartig, dass er gezwungen worden war, sich festzulegen. Er lief dunkelrot an.
    »Vielen Dank«, sagte Pendreigh, zog sich zurück und bedeutete mit einer Geste, dass Mills den Zeugen jetzt befragen konnte.
    Mills stand auf, geschniegelt und selbstsicher. Er machte
    den Mund auf, um etwas zu Thorpe zu sagen.
    Hester erstarrte. Thorpe brannte darauf, das, was er gesagt hatte, zurückzunehmen, seine Augen flehten Mills an, ihm irgendwie die Gelegenheit dazu zu geben.
    Im Saal war es mucksmäuschenstill. Egal, was Thorpe sagte, es würde kaum etwas ändern, denn die Tatsachen waren nicht berührt worden.
    »Mr. Thorpe«, setzte Mills an.
    »Ja?« Thorpe beugte sich ein wenig über das

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