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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Der Höflichkeit war reichlich Genüge getan worden, und wenn sie jetzt hier gewesen wäre, hätte das leicht auf eine persönliche Beziehung schließen lassen können. Und Hester wusste sehr wohl, dass Beerdigungen mehr noch als Hochzeiten Anlässe waren, bei denen es von Gerüchten wimmelte und alle möglichen Vermutungen in die Welt gesetzt wurden.
    Das ganze Haus war mit Crepe verhängt, und alle Dienstboten trugen dunkles Schwarz. Ihre Trauer wirkte echt. Die Dienstmädchen hatten gerötete Augen und sahen erschüttert und müde aus. Selbst die Diener, die Tabletts mit Getränken und kleinen Leckerbissen servierten, sprachen leise und standen die meiste Zeit schweigend da.
    Hester kannte außer Monk und Kristian keinen der Anwesenden, und es war unmöglich, mehr als ein Wort mit Kristian zu wechseln. Dies war Pendreighs Haus, aber Kristian war ebenso betroffen, denn er war vor dem Gesetz Elissas nächster Verwandter. Er musste mit allen sprechen, sie willkommen heißen und ihnen für ihre Anteilnahme danken. Hester hielt sich etwas abseits und beobachtete.
    Die Anwesenden schienen größtenteils Pendreighs Freunde zu sein. Sie waren ernst und höflich zu Kristian, aber mit Pendreigh waren sie bekannt. Wenn sie mit ihm sprachen, drückte bereits ihre Körpersprache Mitgefühl aus. Sie gehörten seiner Generation an, und der Schnitt und der Stoff ihrer Kleidung sprachen von großem Wohlstand und einer gewissen Autorität. Einige erkannte Hester sogar von Fotos in der Zeitung. Mindestens zwei waren Abgeordnete des Unterhauses.
    Fühlte Kristian sich fremd? War seine Reserviertheit das
    Ergebnis einer Trauer, die er kaum kontrollieren konnte, oder kannte er nur wenige Trauergäste auf der Trauerfeier seiner Frau?
    Deutliche Ausnahme war die eindrucksvolle Gestalt Max Niemanns. Während Monk mit Pendreigh sprach und mehreren anderen Gästen vorgestellt wurde, gelang es Hester, näher an Kristian und Max heranzukommen, ohne dass sie sie bemerkten, und ihrem Gespräch zuzuhören.
    »… schön, dass du hier bist«, sagte Kristian herzlich.
    »Um Himmels willen, Mann, hast du gedacht, ich würde nicht kommen?«, sagte Niemann verblüfft. »Die Vergan- genheit bedeutet mir zu viel, um nicht diese kurze Reise auf mich zu nehmen. Ist es nach all dem, was wir zusammen mit angesehen und durchgemacht haben, nicht absurd, dass einer von uns in London im Atelier eines Künstlers stirbt?«
    Kristian lächelte leicht, aber Hester sah, dass dieses Lächeln freundlich war und nicht bitter. »Ich glaube, sie hätte etwas weniger … Dramatisches vorgezogen«, sagte er sarkastisch. Dann senkte er die Stimme. »Und sicher nicht den idiotischen Zufall, im falschen Moment das Atelier eines Malers zu betreten!«
    Niemann legte Kristian mit einem winzigen Zögern, einem leichten Zucken im Gesicht, die Hand auf den Arm.
    »Es tut mir Leid«, sagte er voller Wärme. »Wenn ein Mensch im Glanz ihres Ruhmes hätte sterben sollen, dann Elissa. Es gibt so viel Sinnlosigkeit in der Welt, so viele idiotische Tragödien, die aus dem Nichts zuschlagen. Alles, woran ich denken kann, ist die Leere, die ihr Tod hinterlässt.« Seine Stimme klang belegt, und er nahm die Hand nicht von Kristians Arm, als könnte er durch die Berührung ein Band beschwören, das ihm kostbar war.
    »Wir müssen ein andermal … später … über die
    Vergangenheit reden«, antwortete Kristian. »Es ist viel zu
    lange her. Gegenwärtige Probleme beschäftigen mich, und ich habe zugelassen, dass sie zu viel anderes verdrängen.«
    Niemann lächelte und schüttelte den Kopf. »Ganz der
    Alte!«
    Er versetzte Kristian noch einen leichten Klaps auf den Arm, bevor er weiterging, damit auch andere mit Kristian sprechen konnten.
    Kurz darauf stand Hester ein oder zwei Meter von Pendreigh entfernt. Er war ein bemerkenswert eindrucks- voller Mann. Seine Miene hatte etwas Kraftvolles, Nase und Augenbrauen waren klar modelliert. Wenn er sich bewusst war, dass andere Menschen ihn anschauten, dann ließ er das nicht erkennen, doch selbst in seiner gegenwärtigen Trauer vernachlässigte er seine Pflichten als Gastgeber nicht.
    »Darf ich Ihnen noch etwas anbieten, Mrs. Monk?« Er hatte sich an ihren Namen erinnert.
    »Nein, vielen Dank, Mr. Pendreigh«, lehnte sie ab. Sie wollte etwas sagen, um ihn in ein Gespräch zu verwickeln, doch die Tragödie, die sie in dieses Haus geführt hatte, gebot Schweigen. »Es muss sehr anstrengend sein, sich ständig Höflichkeiten für seine Gäste

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