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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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immer noch in ihren schwarzen Kleidern, einen Hansom und nannte dem Kutscher Kristians Adresse in Haverstock Hill. Sie hatte keine Ahnung, ob er schon nach Hause gefahren war, aber sie musste ihn sehen. Warum hatte er den Empfang nicht in Elissas Zuhause abgehalten? Warum hatte er zugelassen, dass Fuller Pendreigh die Führung über- nahm? Das ganze Beerdigungsarrangement passte über- haupt nicht zu dem Mann, den sie kannte oder den sie zu kennen glaubte. Sie hatte eng mit ihm zusammengearbeitet, eine Erfahrung, die Monk nicht besaß. Die schwarz gekleideten Männer mit den Straußenfedern und der vier- spännige Leichenwagen waren sehr weit entfernt von der einfachen Würde, mit der er im Krankenhaus und auf den Fieberstationen, die sie in Limehouse eingerichtet hatten, Leben und Tod begegnet war. Er war zu vertraut mit der Wirklichkeit des Todes und zu aufrichtig in seinen Gefüh- len, um sie in solche Förmlichkeiten zu hüllen. Sein Mitleid und sein Kummer mussten nicht derart vorgeführt werden.
    War Elissas Tod wirklich etwas so anderes, etwas so Niederschmetterndes, dass er sich vollkommen verändert hatte? Oder, überlegte Hester, hatte sie ihn die ganze Zeit verkannt? War er unter dem schlichten Mann, den sie in ihm gesehen hatte, immer schon ein ritueller Mensch der
    anglikanischen Hochkirche gewesen?
    Die Fahrt durch die in Nebel gehüllten Straßen schien endlos zu dauern, aber schließlich fuhren sie vor dem Haus vor, und sie bat den Kutscher, zu warten, während sie feststellte, ob Kristian da war. Sie wollte keine neue Kutsche suchen müssen, falls er nicht zu Hause war. Sie klingelte dreimal an der Tür und wollte gerade gehen, als Kristian selbst ihr aufmachte. Sein Gesicht wirkte unheimlich, und seine Augen waren riesig im Licht der Straßenlaternen. Die Halle hinter ihm lag, bis auf eine einzelne Gaslampe, die am Fußende der Treppe auf kleiner Flamme brannte, im Dunkeln.
    »Hester? Ist etwas nicht in Ordnung?« Seine Stimme verriet Bestürzung.
    »Nein«, sagte sie schnell. »Es ist niemand krank. Ich bin hier, weil ich mir Sorgen um Sie mache. Ich hatte vorhin kaum Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, aber ich versichere Ihnen, ich bin nur müde.« Der Hauch eines Lächelns huschte über seine Lippen, doch seine Augen blieben davon unberührt. »Es ist sehr anstrengend, die Beileids- bekundungen der Leute freundlich entgegenzunehmen und etwas darauf zu antworten, was nicht so unverbindlich ist, dass es abweisend wirkt. Ich denke, wir werden alle an unsere Verluste erinnert. Hundert andere Schmerzen kommen uns bei solchen Gelegenheiten in Erinnerung.«
    »Kann ich meinen Hansom wegschicken?« Es war eine indirekte Art, sich selbst einzuladen.
    Er zögerte.
    Sie wurde rot, aber da sie mit dem Rücken zum Licht stand, konnte er das nicht sehen. »Danke«, sagte sie, bevor er etwas erwiderte, und drehte sich um, um den Kutscher zu entlohnen.
    Er blieb ihm nichts anderes übrig, als sie hereinzubitten. Er führte sie in ein kleines Morgenzimmer, wo er das Gas ein wenig höher drehte. Sie sah, dass der Raum freundlich möbliert war. Es gab drei Lehnstühle, die nicht zusammenpassten, aber von ähnlich rostfarbener Farbe waren, die eine Illusion von Wärme hervorrief, die es in Wahrheit nicht gab. Der alte türkische Teppich war rot und blau. Der Kamin schien in letzter Zeit nicht benutzt worden zu sein. Davor stand ein abgenutzter bestickter Schutzschirm, aber auf der Kaminsohle lagen weder Schürhaken, noch Kohlezange oder Schaufel.
    Kristian schien sich unbehaglich zu fühlen, aber er bat sie, Platz zu nehmen.
    Während sie sich setzte, dämmerte ihr, wie grob sie sich den Zutritt zum Haus erzwungen hatte. Sie war unver- zeihlich aufdringlich und hatte zugelassen, dass ihre Sorge um ihn sie ihres ganzen Feingefühls beraubt hatte. Sie kannte ihn nicht mal gut genug, um hier mit ihm zu sitzen.
    Was konnte sie sagen, um die Situation wieder gutzumachen? Sie musste ehrlich sein – entweder würde das ihre Aufdringlichkeit entschuldigen oder sie unwider- ruflich verdammen. Sie wagte sich vor. »William arbeitet mit Superintendent Runcorn daran, herauszufinden, wer der Schuldige ist. Sie verabscheuen einander, aber sie möchten beide die Wahrheit wissen, und so begraben sie ihre Gefühle vorerst.«
    Kristian saß ihr mit ausdrucksloser Miene gegenüber. War es Erschöpfung am Ende eines der schlimmsten Tage seines Lebens und fühlte er sich alter Freundschaft zu

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