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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Lincoln’s Inn, wenn sie also kommen wollten.
    Die Fahrt dauerte in dem frühmorgendlichen Verkehr ihre Zeit, die nassen Straßen glitzerten in der launenhaften Sonne, die durch die Wolken brach, die Rinnsteine waren vom nächtlichen Regen nass. Die Luft war feucht und mild und roch nach Rauch, Dung, Leder und nassen Pferden. Wenn kein Wind aufkam, würde es bei Einbruch der Dunkelheit zweifellos wieder Nebel geben.
    Sie kamen ein paar Minuten zu früh, aber Pendreigh empfing sie sofort. Er hatte offensichtlich beide Frauen erwartet, wahrscheinlich auf Grund von Callandras Brief, aber es war Monk, dem er seine Aufmerksamkeit zuwandte. Es war offensichtlich, dass er nichts von Kristians Ver- haftung wusste, und er war sichtlich erschüttert, als er davon erfuhr. Sein Gesicht war totenbleich, und er schien ein wenig zu schwanken, als säße der Schock so tief, dass er ihn aus dem Gleichgewicht brachte.
    »Es tut mir Leid«, sagte Monk aufrichtig. »Ich wünschte, ich hätte es verhindern können, aber es gibt wirklich keinen anderen Verdächtigen.«
    »Es muss einen geben«, sagte Pendreigh mit leiser, kontrollierter Stimme. »Wir sind nur bislang noch nicht auf ihn gekommen. Wie groß die Provokation oder die Verzweiflung auch war, ich glaube nicht, dass Kristian Elissa getötet hat. Er hat sie geliebt …«
    Er hielt inne, seine Stimme zitterte unmerklich. Er drehte sich halb um und schirmte sein Gesicht ab. Mehr Privatsphäre gab es im Augenblick nicht. »Wenn Sie sie je kennen gelernt hätten, würden Sie das verstehen.«
    Monk waren durch die Fakten die Hände gebunden. Alle Leidenschaft und aller Idealismus der Welt, die hingebungsvollste Liebe konnte die Wahrheit nicht verbiegen, und nur die Wahrheit konnte jetzt von Nutzen sein. Aber man musste sehr mutig sein, um sich ihr zu
    stellen. Er wusste nicht, ob er dies an Pendreighs Stelle vermocht hätte. Monk konnte es sich nicht erlauben, an Callandra zu denken oder daran, was sie empfinden würde, und ebenso wenig an Hester, die neben ihm saß.
    »Angst kann uns alle zu Gedanken und Taten treiben, die wir uns, solange wir sicher sind, nicht vorstellen können«, sagte er offen. »Wir kennen einander nicht, wenn die letzte Grenze überschritten ist. Wir kennen nicht mal uns selbst. Ich bin immer davon ausgegangen, dass niemand gegen seine eigenen Interessen handeln oder Dinge tun würde, die in einer Tat enden, die derjenige leidenschaftlich ablehnt. Aber das stimmt nicht. Manchmal reagieren wir nur aus dem Augenblick heraus und verschließen die Augen vor dem, was gleich als Nächstes folgt. Wir schlagen um uns vor Schrecken oder Empörung. Etwas scheint so ungeheuer ungerecht zu sein, dass wir Wiedergutmachung wollen oder Rache, ohne darüber nachzudenken, was das mit uns oder jemand anderem macht.«
    »O nein …«, protestierte Callandra und wandte sich ihm mit aschfahlem Gesicht zu. »Einige Menschen vielleicht, aber …«
    »Tiefe Gefühle können sich über die Vernunft hinweg- setzen, auch bei den Vernünftigsten unter uns«, insistierte Monk, sah ihr fest in die Augen und zwang sie, ihn ebenfalls anzusehen. Er wollte die richtigen Worte finden, aber es gab keine. Alles, was er tun konnte, war, einen freundlichen Tonfall anzuschlagen. »Auch vernünftige Menschen können leidenschaftlich sein«, sagte er leise.
    »Sie wissen das so gut wie ich. Ich habe die sanftesten und intelligentesten Männer sich verwandeln sehen, wenn zum Beispiel ihre Frauen vergewaltigt wurden.« Er sah, dass Hester zusammenzuckte, ging aber darüber hinweg.
    »Bleibt er zu Hause und tröstet sie, versichert ihr seine
    Liebe?«, fuhr er fort. »Oder stürmt er hinaus, um den Mann
    zu töten, den er verantwortlich glaubt, und lässt seine Frau, wenn sie ihn am meisten braucht, allein, verängstigt, beschämt und verletzt zurück?« Pendreigh starrte Monk an. Callandra wollte ihn unterbrechen, aber er kam ihr zuvor.
    »In der Raserei seiner Wut und seiner Schuldgefühle, dass er nicht da war, um sie zu beschützen, macht er sich über jemanden her, der vielleicht gar nicht verantwortlich ist, und riskiert, eine Ungerechtigkeit zu begehen und katastrophale Schuld auf sich zu laden, verhaftet zu werden, möglicherweise sogar Gefängnis oder den Strick. Was die Situation seiner armen Frau noch viel schlimmer macht! Ist das vernünftig oder intelligent? Entsteht daraus etwas Gutes für irgendjemanden?« Seine Stimme wurde plötzlich weicher. »Richter wissen das, sogar Geschworene. Es

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