Gefaehrliches Verlangen
eine schwarze Ledertasche, die ich noch nie gesehen habe; vermutlich gehört sie Marc.
»Ich setze mich in den Sessel dort«, sagt er. »Wenn ich mich zu dir lege, würde ich mich wohl zu leicht ablenken lassen, sagen wir mal so …«
Ich lasse mich auf die Bettkante fallen. »Willst du allen Ernstes die Nacht in diesem Sessel verbringen, statt neben mir zu liegen?«
»Ja. Ich muss wachsam sein.«
»Du machst mir wirklich Angst, Marc.« Ich sehe zum Fenster hinüber. Es ist stockdunkel draußen. »Sammy schläft gleich nebenan. Wir sind hier doch in Sicherheit, oder?«
»Ja, trotzdem will ich kein Risiko eingehen. Geh ins Bett, Sophia, und ruh dich aus. Ich will, dass du den morgigen Tag genießen kannst.«
»Na gut.« Ich ziehe mir die Schuhe aus. Trotzdem ist mir nicht ganz wohl bei der Sache. Natürlich würde Marc niemals Sammys Sicherheit aufs Spiel setzen, aber wieso will er mir nicht verraten, was hier los ist?
Nach Weihnachten, hat er gesagt. Jetzt genieße erst einmal das Fest morgen. Und vertrau ihm, dass er nur dein Bestes will.
❧ 29
A ls ich am nächsten Morgen aufwache, sitzt er kerzengerade in dem Sessel gegenüber vom Bett und lächelt mich an.
»Frohe Weihnachten, Sophia.«
Als Erstes fällt mir die typische feierliche Stille des Weihnachtsmorgens auf. Es ist, als verharre die ganze Welt für kurze Zeit und als herrsche eine geradezu magische Atmosphäre ringsum.
»Frohe Weihnachten, Marc.« Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und setze mich auf. »Hast du überhaupt geschlafen?«
»Ein bisschen. Aber du hast tief und fest geschlafen, und ich sehe dir so gern dabei zu.«
Ich stehe auf und setze mich auf seinen Schoß. Er schlingt die Arme um mich. Marc hier bei mir zu haben – das ist das schönste Weihnachtsgeschenk, das ich mir vorstellen kann.
»Hast du die ganze Nacht in diesem Sessel verbracht?«
»Ja.«
Ich küsse ihn auf den Mund. »Komm, lass uns ins Bad gehen, und dann mache ich Frühstück.«
»Willst du denn dein Geschenk gar nicht aufmachen?« Er tritt zu der schwarzen Tasche in der Ecke.
»Auf keinen Fall. In unserer Familie werden die Geschenke erst nach dem Essen geöffnet. Das Warten erhöht die Spannung so schön.«
Marc lächelt. »Freut mich zu hören, dass du die Tugend der Geduld besitzt.«
»Es gibt einiges, was Sie noch nicht von mir wissen, Mr Blackwell«, gebe ich zurück – eine Imitation seiner Worte von gestern.
»Und außerdem einiges, was ich nur zu gern über Sie herausfinden möchte, Miss Rose. Tja, wenn ich bis nach dem Essen warten muss, habe ich ja Glück gehabt, dass ich mir für die Zeit davor die eine oder andere Überraschung ausgedacht habe. Gehen wir nach unten. Dort wartet gleich die erste.«
Sorgsam darauf bedacht, Dad und Sammy nicht zu wecken, schleichen wir die Treppe hinunter.
»Die Überraschung steht im Wohnzimmer.« Marc drückt meine Hand.
Ich bleibe abrupt stehen.
»Marc!«
Vor mir steht der schönste Weihnachtsbaum, den ich je gesehen habe, dicht und dunkelgrün, als wäre er geradewegs aus den norwegischen Wäldern hierherverfrachtet worden.
Die Zweige sind mit handbemalten Stechpalmenblättern aus Holz und hauchzarten Glaskugeln mit Weihnachtsmotiven im Fifties-Stil geschmückt.
»Wie hast du denn den hierhergeschafft?« Atemlos trete ich vor und betaste vorsichtig die dicken, kräftigen Tannenzweige.
»Solange du im Theater warst. Deshalb war ich so spät dran. Das Sicherheitsteam hat mir geholfen, ihn zu schmücken.«
Bei der Vorstellung, wie Marc mit seinen Wachleuten mitten in der Nacht Weihnachtskugeln an den Baum gehängt hat, muss ich lachen.
»Ich fasse es nicht, dass du all das getan hast.«
»Gefällt er dir?«
»Ich finde ihn wunderschön. Und Sammy wird völlig aus dem Häuschen sein, wenn er ihn sieht.«
Wie auf ein Stichwort dringt ein erstickter Schrei aus seinem Zimmer.
»Ich gehe ihn holen. Und Dad. Dann mache ich uns Frühstück«, sage ich lächelnd.
❧ 30
Z um Frühstück gibt es Waffeln mit flambierten Winterkirschen, die ich mit Schlagsahne und frischem Kaffee serviere.
Dad ist genauso verblüfft über den Baum wie ich, trotzdem sehe ich ihm an, dass er sich insgeheim darüber freut. Er liebt Weihnachten fast genauso sehr wie ich.
Zwar zeigt er sich während des Frühstücks Marc gegenüber sehr zurückhaltend, aber immerhin gelingt es den beiden, eine etwas steife Unterhaltung über die Straßen rings um das Dorf und ihre Autovorlieben zu führen. Dad ist nicht gerade
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