Gefaehrten der Finsternis
hallte über das ganze Schlachtfeld. »Und wenn du mich angreifen willst, dann tu es jetzt! Oder hast du vielleicht Angst?«
Bei diesen Worten schien der Dämon die Geduld zu verlieren. »Dann kämpf, du kleiner Wurm!«, rief Attilis Rubensis Vyrkan. »Zeig mir, ob dein Schwert schärfer ist als deine geschwätzige Zunge!«
»Mit dem größten Vergnügen!«, rief Atur überraschend aus. Zum letzten Mal an diesem unheilvollen Morgen erhob sich sein Schrei: »Für das Ewige Königreich!« Dann warf er sich auf seinen schrecklichen Gegner.
Der Dämon blieb zunächst regungslos stehen, sein böses Lächeln noch immer auf dem Gesicht. Dann fuhr er urplötzlich herum und seine perlmuttglänzende Klinge hielt Aturs Schwert auf. Die Bewegung war so schnell erfolgt, dass die Zuschauer des Zweikampfes nur die feuerroten Haare des Dämons hatten fliegen sehen und auch Atur gerade noch mitbekommen hatte, was geschehen war. Der Dämon beugte sich über ihn und mit seiner krallenbewehrten Hand zog er das Gesicht des jungen Mannes näher an seines heran. »Du bist tot«, flüsterte er ihm ins Ohr. Und mit einem Ruck ließ er ihn los.
Atur wich schwankend einige Schritte zurück, aber dann schien er sich wieder zu fangen, stellte sich aufrecht hin und stürzte sich in einen weiteren wütenden Angriff.
»Parade!«, kicherte der Dämon und blitzschnell parierte er auch diese Attacke, während die Klingen ihrer Schwerter laut
aufeinanderprallten. »Rechts, links, wieder rechts, hoher Schlag, tiefer Schlag, ein Hüpfer, eine Pirouette, dann eine halbe Drehung, runter nach rechts, jetzt noch Verbeugen - und Ende der Vorstellung!«
Er führte die Bewegungen aus, während er sie aufzählte, und zwar mit einer übernatürlichen, nie gesehenen Geschwindigkeit, sodass Atur sich beeilen musste, einen Hieb nach dem anderen zu parieren. Doch schnell blutete er an der Schulter und am Knie und sein Atem keuchte, weil ihr Kampf so unerträglich schnell verlief. Die beiden Heere war wie gebannt stehen geblieben, um die Szene zu verfolgen, unfähig, sich zu rühren oder auch nur darüber nachzudenken, ob man eingreifen konnte. Die Männer von der Freien Garde wussten, dass dieser Dämon mit ihrem Kommandanten ein genauso grausames Spiel trieb wie eine Katze mit der soeben gefangenen Maus. Sie wussten, dass er sich nur ein bisschen vergnügte, bevor er zum tödlichen Schlag ausholte, und es war fürchterlich für sie, diesem verzögerten, unausweichlichen Todeskampf zuzusehen.
»Ach, bist du schon müde?«, fragte Vyrkan mit gespielter Anteilnahme. »Wie schade. Du warst doch anfangs so kampfeslustig. Und du kleiner Versager glaubtest doch tatsächlich, du könntest mich töten? Das kann niemand.«
»Das glaubte ich«, erwiderte Artur, und seine Stimme klang abgehackt, aber immer noch entschlossen. »Ich glaubte es und ich glaube es immer noch.« Dann holte er Atem und warf sich zum dritten Mal gegen den Feind. Jetzt kämpfte er nicht mehr um sein Leben, sondern nur noch, um sich dem Dämon nicht geschlagen geben zu müssen, der ihn verspottete, und der Finsternis, die auf den Flügeln ihres Boten schon über ihnen allen wie eine drohende Wolke hing.
Diesmal parierte der Dämon Aturs Hieb nicht. Er sprang schweigend zur Seite, und im Bruchteil eines Augenblicks blitzte seine perlmuttglänzende Klinge auf und alle hörten, wie Artur einen
kurzen Schmerzensschrei ausstieß. Dann sahen sie, wie er auf die Knie fiel, das Gesicht unter den goldblonden Locken verborgen, das Schwert noch immer in der Hand.
»Würmchen, das du bist«, sagte der Dämon und machte einen Schritt auf ihn zu. »Spürst du ihn jetzt, den Schmerz? Jetzt weißt du, wie das ist. Hast du Angst, du armer Dummkopf?«
»Nein«, schallte Arturs Stimme und klang plötzlich wieder glasklar und hell. »Angst? Wovor denn?« Er hob den Kopf, und viele in der Menge konnten kaum einen Schrei unterdrücken, als sie sein Gesicht erblickten. Arturs zartes, wohl proportioniertes Gesicht wurde von der rechten Schläfe bis zum linken Wangenknochen von einem langen blutenden Riss durchteilt, der seine zarten, jugendlichen Gesichtszüge entstellte. Sein Mund war ebenfalls voll Blut und nach seinen Worten spuckte er etwas davon auf den Boden. Der Hieb hatte sein rechtes Auge knapp verfehlt, aber so übel zugerichtet, wehrlos im Staub kniend, bot er trotzdem einen schrecklichen Anblick. Doch noch immer sah er den Herrn der Finsternis herausfordernd an. »Warum sollte ich Angst haben? Hier ist
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