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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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Macht hielt das Volk davon ab, ihn für Leid und Unterdrückung büßen zu lassen. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Ewigen Tyke unterstützen würden.
    Der Herr der Finsternis, der sich im Zug weiter hinten befand, reiste in einer Sänfte neben Scrubb Vyrkan. Man erkannte sofort, wer hier der Anführer war. In seiner Gegenwart wirkte sogar General Attilis Vyrkan befangen, und der Rest des Heeres wagte es nicht einmal, ihm in die Augen zu schauen. Der Einzige, der sich in seiner Anwesenheit ungezwungen benahm, war Scrubb, aber schließlich war der auch mit ihm zusammen aufgewachsen, und er war der Einzige, der ihn mit seinem Namen anreden durfte. Trotzdem beunruhigte Scrubb Vyrkan, der auf seinem schwarzen
Pferd neben dem Herrn der Finsternis herritt, im Moment so einiges. Irgendetwas störte ihn, er hatte das Gefühl, dass Gylion ihn in Bezug auf seine Pläne belog oder ihm zumindest etwas verschwieg. Das war zwar nichts Neues; der Herr der Finsternis erzählte selten alles, was ihm durch den Kopf ging. Doch in letzter Zeit hatte Scrubb dieses Gefühl immer häufiger. Was verheimlichte Gylion vor ihm? Er hatte bereits einen Verdacht: Es musste mit den Ohrringen zu tun haben, die ihm in die Hände gefallen waren und die er dann Gylion gezeigt hatte.
    Es war sicher kein Zufall, dass Gylion den Angriff auf Syrkun vorgezogen hatte. Außerdem wusste Scrubb genau, dass Gylion zahlreiche Dämonen auf den jungen Ewigen angesetzt hatte, wobei er ihm auch noch selbst dessen Aussehen und die Kleidung, die er in dem Gasthaus in Kalka Nadd trug, beschrieben hatte. Doch darüber hatte sein alter Freund nicht mit ihm reden wollen. Selbst ihm gegenüber, der ihn so gut kannte, hatte Gylion getan, als seien die Ohrringe weder für ihn noch für den Ausgang des Krieges von Bedeutung. Er hatte ihm weismachen wollen, das beweise gar nichts, es gäbe Tausende von Erklärungsmöglichkeiten dafür, und die unwahrscheinlichste sei bestimmt, dass der König der Ewigen einen männlichen Erben hätte. Doch Scrubb kannte Gylion zu gut, und er wusste, dass auch etwas so Winziges wie die beiden Schmuckstücke mit einem Schlag das ganze schöne Gedankengebäude, das sich der Herr der Finsternis ausgedacht hatte, zum Einsturz bringen konnten. Als Gylion Eileen gefangen nahm, hatte er geglaubt, damit die berühmte Prophezeiung, die ihn selbst betraf, außer Kraft zu setzen. Und jetzt musste er plötzlich erkennen, dass sich diese Entführung als völlig sinnlos erweisen könnte. Was ihn mit Sicherheit gewaltig beunruhigte, dachte Scrubb. So hätte Gylion zumindest empfunden. Aber Gylion war nicht mehr nur einfach Gylion. Seit sein Freund von der Finsternis besessen war, konnte Scrubb der Logik seiner Gedanken und Handlungen nicht immer folgen.

    Er drehte sich nach ihm um. Gylion wirkte in seiner Sänfte mit den violetten Vorhängen schon sehr beeindruckend. Er hatte die Haare hinten zusammengenommen, sodass man den auf dem Kopf stehenden Silberstern auf seiner Stirn deutlich leuchten sehen konnte. Er wirkte nun wirklich wie der Herr der Finsternis, nicht mehr wie Scrubbs alter Freund aus Kindertagen.
    Die Finsternis - eine dunkle und schreckliche Macht. Sie konnte allen befehlen. Sie wollte die Welt beherrschen. Nein, Gylion hätte nicht einmal Scrubb gegenüber zugegeben, dass er die Ohrringe fürchtete. Nichts durfte jetzt mehr in Frage stellen, dass er unbesiegbar war. Um gar keinen Preis.
    Einen Moment lang fragte sich Scrubb, warum er so jemandem zu Diensten war. Aber dann verjagte er seine Zweifel gleich wieder. Er und Gylion war seit je Freunde gewesen. In diesem Krieg hatte er von Anfang an gewusst, auf welcher Seite er stehen würde. Es war seine Pflicht, an Gylions Seite zu kämpfen, selbst wenn der nichts mehr mit der Person gemein hatte, die ihm einst soviel bedeutet hatte. Selbst wenn er Gylions Entscheidungen nicht mehr gutheißen konnte und nicht in allen Punkten mit ihm einer Meinung war. Und ihm dessen Verbündete nicht gefielen. Selbst wenn er im Grunde seines Herzens diesen Krieg sinnlos und grausam fand.
     
    »Darf ich sagen, dass mir das alles bekannt vorkommt?«, fragte Brandan Stolzblitz kopfschüttelnd. In seinen goldenen Haaren fingen sich die Strahlen der Mittagssonne. »Ständig habe ich das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. Allerdings ist diese Erinnerung alles andere als angenehm. Also entweder haben unsere Feinde keine Fantasie …«
    »… oder die Geschichte wiederholt sich letzten

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