Gefaehrten der Finsternis
vereint sein würden.
Aber vielleicht hatte ja nicht er ihr diesen Kuss gegeben? War es vielleicht ein anderer gewesen? Ein anderer Teil von ihm? Als er Irmya in Syrkun wiedergetroffen hatte, in tiefer Trauer um ihren Bruder, ihre Mutter und ihre Stadt und dennoch glücklich, ihn wiederzusehen, schien sich nichts verändert zu haben - und er hatte genau gewusst, dass er sie liebte und sich niemals mehr von ihr trennen wollte. Er war sich dessen so sicher gewesen! Doch hin und wieder drängten sich ihm diese absurden Gedanken auf. So vieles hatte sich verändert. Nicht nur er, auch alles andere um sie herum. Zum ersten Mal hatte Ventel an einem Krieg teilgenommen, und obwohl er sich so geistesgegenwärtig an die neue Herausforderung anpasste wie jemand, der schon Zeit seines Lebens gekämpft hatte, hätte er nur allzu gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Alles wäre so anders, so viel glücklicher verlaufen ohne den Krieg. Und auch er, der bisher immer unverzagt an vorderster Front gekämpft hatte, wäre ohne den Krieg ein anderer, ein freierer Mann.
Ventel schleppte sich zu einem Felsvorsprung und stützte sich dort keuchend ab. Er war wirklich sehr erschöpft. Mit einem Ärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn und seufzte laut
auf. Irgendetwas lief hier nicht so, wie es sollte. Nach dem Eintreffen der Verstärkung hatte es zunächst ausgesehen, als würden die Ewigen die Schlacht gewinnen. Und das wäre eine glückliche Wendung der Ereignisse gewesen, denn wenn man den Feind von Syrkun verjagte, hätte man hinter ihm her setzen und ihn vollends vernichten können, ehe er im Norden wieder neue Kräfte sammeln konnte. Zu schön, wenn damit alles zu Ende gewesen wäre. Doch für Ventel lief alles zu glatt. Die Schlagkraft der Schwarzen Truppen war enorm, das hatte jeder gesehen, und doch ließ der Feind sich so einfach überrennen. Nein, er musste noch einige Trümpfe im Ärmel haben, die er demnächst ausspielen konnte. Jetzt so kurz vor dem Sieg würde er das Spiel doch nicht verloren geben.
Eine Schar erregter Goblins, die Streitäxte schwangen, unterbrach Ventels Gedankengänge. Sie griffen ihn blutgierig an. Nachdem er seine erste Überraschung überwunden hatte, warf Ventel sich auf sie und tötete einen von ihnen mit zwei entschlossenen Hieben. Als sie das sahen, ergriffen drei der übrigen Goblins die Flucht und machten sich auf die Suche nach einem leichter zu bezwingenden Gegner. Doch einer, der mutiger oder vielleicht auch nur unbesonnener als die anderen war, blieb stehen, nachdem er kurz gezögert hatte, ob er sich seinen Kampfgefährten anschließen sollte.
Obwohl Ventel immer noch der Pfeil in der blutenden Seite steckte, musste er sich nicht allzu sehr anstrengen, auch diesen Gegner abzufertigen. Er versuchte ein paar Finten und verließ sich auf die Schnelligkeit seiner Beine, doch dadurch handelte er sich bloß eine weitere Wunde im rechten Oberschenkel ein, die zum Glück nicht allzu tief ging. Seine Kampftechnik half ihm wenig bei dem Goblin, der wohl noch nie in seinem Leben einen regulären Zweikampf ausgefochten hatte und sich überhaupt nicht um Ventels elegante Manöver kümmerte, sondern mit seiner Streitaxt blindlings auf alles eindrosch, was ihm unter
die Finger kam, sogar auf die umliegenden Felsen. Nachdem Ventel das klar geworden war, hatte er den Kampf auch schon so gut wie gewonnen, da er dem anderen überdies körperlich eindeutig überlegen war. Er verzichtete nun ganz auf technische Raffinessen, sondern stürzte sich mit gesenktem Kopf auf seinen Feind und hieb mit seinem Schwert so schnell und so geschickt auf ihn ein, dass dieser in die Defensive gedrängt wurde und bloß noch rückwärtsgehen und den Hieben ausweichen konnte.
Schließlich ließ der Goblin seine Streitaxt fallen - anscheinend hatte er eingesehen, dass Weiterkämpfen glatter Selbstmord war - und flüchtete, so schnell er konnte, ins Schlachtgetümmel und zu seinen Kameraden.Ventel hätte ihn hinterrücks erschlagen können, doch er war ein Ehrenmann und tat so etwas nicht. Stattdessen stützte er sich lieber wieder an dem Felsvorsprung ab, um sich ein wenig zu erholen. Sein Atem ging heftig und jetzt hatte er schon zwei Wunden. Und aus beiden quoll Blut, zwar nicht allzu besorgniserregend, aber immerhin so viel, dass er überlegte, ob er sich in den Schutz der Feste und dort ins Lazarett begeben sollte, um sich behandeln zu lassen.Wenn er nicht getötet werden wollte, sollte er nicht unnötig den
Weitere Kostenlose Bücher