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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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gesprochen hatte. Das lag wohl auch daran, dass die kaum größer als einen Meter fünfzig war.
    »Herr Einsamer?«, wiederholte Rabba Nix und strich sich die orangefarbenen Haare aus dem Gesicht. »Seid Ihr es?«
    »Ja, das bin ich«, erwiderte der Einsame. Er musterte den Ka-da-lun misstrauisch. »Woher kennst du meinen Namen?«
    Rabba Nix schnaubte. »Das ist eine lange Geschichte und für die ist gerade keine Zeit«, erwiderte er. »Vielleicht habe ich ihn von jemandem gehört, den Ihr gekannt habt. Aber das ist überhaupt nicht wichtig. Jetzt zählt nur eins, und zwar, dass Ihr mit mir kommen müsst. Und zwar sofort.«
    »Ich muss?«, fragte der Einsame und zog eine Augenbraue hoch. »Und warum muss ich das?«
    »Ihr Elben seid wirklich unglaublich«, stöhnte der Ka-da-lun. »Hört mal, ich habe nicht die Zeit, Euch alles zu erklären, deshalb stellt bitte keine unnützen Fragen. Ich bin der Freund eines Jungen namens Slyman. Ich für meinen Teil habe ihn gern, mehr als man gemeinhin einen Elben mögen sollte, wenn man noch bei Vernunft ist, und ich würde alles dafür tun, um ihm zu helfen. Und das solltet Ihr eigentlich auch! Slyman verdient es.«
    »Warum sollte ich dir vertrauen?«, erwiderte der Einsame unbeeindruckt
und stützte sich auf sein Schwert. »Wer sagt mir denn, dass du wirklich Slymans Freund bist?«
    »Niemand«, sagte Rabba Nix. »Doch Ihr könntet ja versuchen, mir zu vertrauen. Slyman hat mir gesagt, dass Ihr ihn sehr liebt, und das glaube ich ihm. Falls Ihr es noch nicht wisst, dieser Junge betet Euch an. Er redet nur von Euch, wie Ihr wart und wie sehr Ihr ihm fehlt. Also gut, wenn er Euch wirklich am Herzen liegt, dann lasst jetzt Euer blödsinniges Misstrauen fahren und kommt mit mir, denn im Augenblick schwebt er in der Gefahr, dass er entweder getötet wird oder als Waise zurückbleibt, und ich bin doch nur ein Ka-da-lun, und wenn Slyman Euch jemals gebraucht hat, dann jetzt!«
    Der Einsame betrachtete den Ka-da-lun. Dessen Augen blitzten vor Stolz und Mut hinter dem leuchtend orangefarbenen Pony hervor und er hielt sein kleines Schwert fest in der Hand. Da dachte er, dass der Ka-da-lun Slyman wirklich lieben musste, um so zu reden. Und er kam sich selbst plötzlich jämmerlich kleingeistig vor.
    »Gehen wir«, befahl er nun Rabba Nix, und seine Stimme spiegelte wider, wie ernst es ihm mit dieser Entscheidung war.

EINUNDDREISSIG
    V ENTEL WEISSHAND, DER Mann, der Lyannen und dem Bund der Rebellen eine so wertvolle Hilfe gewesen war, ein Mann, der bewiesen hatte, dass er kaltblütig und zugleich unglaublich tüchtig sein konnte, dachte gerade an seine Liebste.
    Er war verletzt - ein langer gefiederter Pfeil ragte aus seiner Seite und von dort rann auch ein dünner Faden Blut über sein Gewand. Zum Glück war er nicht schwer verwundet, aber es hatte nicht viel daran gefehlt. Der Pfeil war so heftig auf die Ringe seines Kettenhemds getroffen, dass sie auseinanderbrachen, aber dadurch wurde immerhin die Wucht des Aufpralls abgeschwächt und der Pfeil konnte nicht sehr tief eindringen.Ventel spürte, wie er in der Wunde brannte und sich hart in sein Fleisch drückte.Wenn er nur einen Augenblick Zeit gehabt hätte, stehen zu bleiben, hätte er ihn problemlos herausziehen können. Doch der war ihm nicht vergönnt. Er war bereits angegriffen, verlor Blut aus der Wunde, wodurch er zusätzlich geschwächt wurde, und rings um ihn herum stand fest und unermüdlich das gegnerische Heer, als ob irgendeine seltsame Macht den Feinden die Kraft zum Durchhalten verlieh. Jetzt stehen zu bleiben, wäre sein Tod gewesen.
    Er dachte an Irmya. Wie es die Tradition verlangte, hatte er sie seit ihrer Verlobung noch nie unverschleiert gesehen. Aber er
wusste noch genau, wie dieses wunderschöne Gesicht hinter dem Schleier aussah, die Locken, die ihr über die schmalen Schultern fielen und ihre großen ausdrucksstarken grünen Augen. Er erinnerte sich gut an jenen Tag in der Letzten Stadt, als wäre es erst gestern gewesen, dort auf dem östlichen Wachtposten, der zum Schroffen wies, als er den Regenten noch nicht um ihre Hand gebeten hatte, als ihre Liebe noch ein Geheimnis war, das nur ihnen beiden gehörte. Sie hatte sich an die Brüstung des Turmes gelehnt, der Wind spielte in ihren goldblonden Locken. »Ich liebe dich,Ventel Weißhand, mein Herr und Gebieter«, hatte sie gesagt. Und er hatte sie an sich gezogen, ihre Blicke waren ineinander versunken, er hatte sie geküsst und gewusst, dass sie auf ewig

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