Gefaehrten der Finsternis
matten Schein der Lampen kaum zu erkennen war. Doch die Silhouette war ihm vertraut. Ein langes Kleid strich über den Boden, dann fiel ein Widerschein des Lichts auf ihre blonden Haare.
»Lyannen«, rief sie, während sie sich von der Tür aus suchend im Raum umsah.
Lyannen legte unverzüglich das Buch zur Seite und setzte sich gerade auf. Mochte er noch so müde und zerstreut und gedankenversunken sein, den Klang dieser Stimme hätte er niemals im Leben vergessen. »Eileen!«, rief er beglückt.
Sie wandte sich ihm zu und endlich fiel auch ein Lichtschein auf ihr Gesicht. Reglos, fast verlegen stand sie da und lächelte ihn an. Lyannen verschlug es die Sprache, doch er beschloss, dass es nun keiner Worte mehr bedurfte, denn das Lächeln von Eileen besagte schon alles. Es lag viel mehr darin als Erleichterung oder Dankbarkeit. Es ist, als sähe ich sie heute zum ersten Mal, dachte Lyannen, und ihr wird es wohl ähnlich gehen. Und stimmte das im Grunde genommen nicht auch? Sie beide unterschieden sich inzwischen sehr deutlich von den beiden jungen Leuten, die im stillen Frieden von Dardamen insgeheim ihre Liebe zueinander entdeckt hatten.
Eileen durchquerte entschlossen den Raum und setzte sich unaufgefordert aufs Fußende seines Bettes. Schließlich war das
nun ihr Platz. War Lyannen nicht ihr Verlobter? Darüber nachzudenken, war sehr merkwürdig; noch vor wenigen Tagen hätte Lyannen diese Möglichkeit nicht einmal in Betracht gezogen. Eileen war für ihn stets nicht nur das Mädchen gewesen, das er liebte, sondern auch die Prinzessin des Königreiches, die ihrem Ehemann als Mitgift die Königswürde schenkte und zu der er nicht einmal seine Augen erheben durfte.
Doch nun, wo so viele Probleme gelöst und sich so viele Dinge geändert hatten, wo Dardamen in weiter Ferne lag und es nur sie beide in der Stille des Lazaretts von Syrkun gab, stellte sich die Sache ganz anders dar. Eileen war jetzt nur noch die Eileen, die ihn auf seiner Mission in seinen unruhigen Träumen begleitet hatte. Allein der Gedanke an sie hatte ihn Wege zurücklegen lassen, die wenige zu beschreiten wagten. Er liebte sie. Alles andere war nun unwichtig geworden.
Eileens Finger zerknitterten abwesend einen Zipfel seines Lakens und sie schaute verlegen zur Seite. »Weißt du«, sagte sie schließlich leise, als ob sie ein Gespräch wiederaufnehmen würde, das sie eigentlich niemals unterbrochen hatten. »Ich finde einfach keine Worte. Ich habe den ganzen Weg von meiner Unterkunft bis hierher darüber nachgedacht: Jetzt gehe ich zu ihm hinein, habe ich mir gesagt, und er wird da sitzen und ich werde ihm dieses und jenes erzählen, und dann stand ich hier an der Tür, und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte.«
Lyannen zögerte etwas, ehe er seine Hand auf die ihre legte. Schon immer, seit ihrer ersten Begegnung, hatte er eine gewisse Scheu gefühlt, sie zu berühren. »Also, wenn dich das tröstet«, entgegnete er, »ich habe seit zwei Tagen darauf gewartet, dass du endlich zu mir kommst, und ich hatte trotzdem nicht die leiseste Ahnung, wie das sein würde.«
Sie schüttelte den Kopf. »So hast du dir das bestimmt nicht vorgestellt.«
»Nein, so nicht«, stimmte ihr Lyannen zu und umklammerte
dabei ihre Hand. Er spürte, wie sie zusammenzuckte, als ob sie das nicht erwartet hätte. »Ich dachte, das Ganze würde offizieller und förmlicher ablaufen. Also beispielsweise mit Alvidrin, wie er vor allen Leuten der Festung einen Ehevertrag verliest, und vielleicht noch mit zwei oder drei Herolden, die ihre Trompeten erschallen lassen.«
Eileen lachte ihr typisches amüsiertes, leises Lachen, das Lyannen so gut kannte. »Du bist immer noch so ein Dummkopf geblieben.«
»Da bräuchte es schon mehr als die Finsternis, um das zu ändern«, erwiderte er. »Das lässt sich ebenso wenig ändern wie die Farbe meiner Haare. Ich fürchte, du hast eingewilligt, einen Dummkopf zu heiraten, Eileen. Du hast noch Zeit, es dir anders zu überlegen, du weißt ja, noch ist nichts offiziell.«
Eileens Hand löste sich aus seiner und sie gab ihm einen liebevollen Klaps auf die Wange. »Du bist ja doppelt so dumm wie ich dachte«, hörte er sie flüstern. »Wie kannst du auch nur daran denken, ich würde es mir anders überlegen? Ich habe schon damals zu dir gestanden, als wir noch in Dardamen waren und uns wie zwei Gesetzesbrecher verstecken mussten, Lyannen Halbsterblicher. Und aus keinem Grund der Welt würde ich dich jetzt noch aufgeben«, sagte
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