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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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Beruhigt von der Gegenwart der Wächterinnen folgte auch Ventels Pferd Ardir den Golems.
    Lyannen war begeistert. »Wie schaffst du es nur, diesem Wesen Befehle zu erteilen?«, fragte er Sylvian. »Es ist riesengroß!«
    »Der ganze Wald ist mir untertan. Er antwortet mir, wenn ich ihn rufe. Und all seine Wesen gehorchen meinen Befehlen.«
    Die Golems legten schnell, aber nicht ungestüm etliche Meilen zurück, ohne jemals stehen zu bleiben, während der Wald immer dichter und geheimnisvoller wurde. Unzählige fremdartige Bäume erhoben sich in den dunklen Nachthimmel und verbargen ihn mit ihrem dichten Geflecht aus Blättern und Zweigen. Einige hatten pechschwarze Stämme, die von gelblichen verkrusteten Harztropfen überzogen waren. Andere hatten eine glatte silbrige Rinde, die in der Dunkelheit leicht glänzte. Und wieder andere waren rötlich, beinahe blutrot. Und inmitten dieser Bäume bewegten sich Wesen, die Lyannen nicht einmal hätte benennen können. Sie stießen irgendwelche Laute aus und ergriffen vor den Golems die Flucht.
    Schließlich, sie meinten schon Stunden unterwegs zu sein, blieben die Golems am Rand einer sehr weiten Lichtung stehen. Sylvian rutschte anmutig von den Zweigen hinunter und stieg ab. Als sie stand, half sie Lyannen herunter. Die anderen Wächterinnen stiegen ebenfalls von den Golems, genau wie Ventel, Elfhall und Dalman und die übrigen.
    Der beinahe kreisförmige freie Platz dehnte sich weit aus, über ihren Köpfen bildeten Zweige und Blätter ein undurchdringliches Dach. Aus dem blassgrünen Gras unter ihren Füßen schauten hier und da einige Pusteblumen hervor. Die Lichtung wurde von Bäumen umsäumt, wie sie Lyannen noch nie im Leben gesehen
hatte: Sie waren unglaublich hochgewachsen und bildeten eine Art Palisade um die Lichtung. Ihre glatte Rinde schimmerte in einem unwirklichen Zartblau in der Dunkelheit des Waldes, ihre Blätter waren silbern und zitterten raunend, obwohl nicht der leiseste Windhauch ging.
    Nun kamen von überall her weitere Wächterinnen auf majestätischen, gleichmütig wirkenden Golems herangeritten. Lyannen schaute sich um. Mit denen, die schon ihren Lagerplatz gefunden hatten, der Gruppe um Sylvian und den Neuankömmlingen mussten es etwa sechzig sein, nicht mehr. Aber man sah keine Behausungen.
    »Wo schlaft ihr denn?«, fragte Lyannen daraufhin.
    Sylvian lachte. »Die Wächterinnen schlafen nie«, gab sie zur Antwort. »Wir wachen immer, müssen immer auf der Hut sein. Wir brauchen keinen Schlaf, so wie wir keine Nahrung brauchen.«
    »Zum Glück haben wir schon zu Abend gegessen«, brummte Validen.
    Drymn konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen.
    »Ihr seid wenige«, bemerkte Elfhall. »Und ausschließlich Frauen. Gibt es bei euch denn keine Männer?«
    Sylvian schüttelte stumm den Kopf und über ihre strahlenden schwarzen Augen schien sich ein melancholischer Schleier zu legen. »Unser Schöpfer wollte nicht, dass wir zu viele werden, damit wir unserer Aufgabe nachkommen können, ohne dass wir das Leben des Waldes und derer, die ihn durchqueren, durcheinanderbringen. Wir sollen unsichtbar, flüchtig und schweigend wirken.«
    »Aber was ist mit den Männern? Gibt es wirklich keine männlichen Wächter?«, beharrte Validen.
    »Unser Schöpfer wollte, dass wir ausschließlich Frauen sind«, antwortete Sylvian. »Wir wissen nicht, was Liebe ist, und es ist uns versagt, unser männliches Gegenstück zu finden, das uns ergänzt und uns ähnlich ist. Unser Schicksal ist härter, als es den
Anschein hat... So allein zu sein, nur unter Geschlechtsgenossinnen, keine andere Liebe als die zum Wald zu kennen.« Sylvian senkte stumm den Kopf.
    »Du hast mich doch gebeten, dir von unserer Mission zu erzählen«, sagte Lyannen nach einer Weile verlegen.
    »Ja«, sagte Sylvian und hob den Blick. »Meine Schwestern und ich möchten unbedingt wissen, was euch hierherführt. Ihr seid schon eine seltsame Gemeinschaft in einer Zeit, in der die Ewigen nur ungern ihr Königreich verlassen. Und ihr seid viel zu weit im Westen, weit von euren Grenzen entfernt. Was treibt euch dazu, unseren Wald zu durchqueren?«
    »Sehr traurige Geschehnisse, Sylvian, wenn ich dich bei diesem Namen nennen darf«, antwortete Lyannen. »Sicher wisst ihr, dass sich unser Feind wieder gezeigt hat. Jemand, der behauptet, er sei der Sohn jenes Algus, der früher einmal unser Königreich herausgefordert hat. Eigentlich wissen wir nicht genau, wer er ist, aber es heißt, er habe die Goblins

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