Gefährten des Zwielichts
Ansammlung von Brettern und Holzbohlen und Schindeln, die so oft repariert und wieder verwendet worden waren, dass man inzwischen nicht mehr erkennen konnte, was der ursprüngliche Bau war und was später dazugekommen war. Wenn es eine einheitliche Linie in der Bauweise gab, so war es die krude Zimmermannsarbeit, die von Hast und Sparsamkeit und Schludrigkeit zeugte.
Über einige Vorsprünge und unterschiedlich hohe Gebäudeflügel gelangten die Gnome auf das kaum merklich nach vorne geneigte Dach des großen Lagerhauses. Sie krochen bis zur Kante. Von unten hörten sie Lärm und Stimmen.
Wito blickte hinab und sah auf einen großen Platz, der auf allen Seiten von Zäunen oder den Rückwänden anderer Lagerhallen umgeben war.
Mitten auf dem Platz lag Gibrax, versteinert. Er war vollkommen nackt. Seine sonst himmelblaue Gestalt war grau und zeigte tiefe Risse und Kerben. Sein Leib war mit Ketten umwickelt, ähnlich wie bei Werzaz, nur dass die Ketten des Trolls um einiges dicker waren.
Ein paar Menschen standen um die riesenhafte Steingestalt herum, andere ruhten sich aus oder unterhielten sich. Die Gnome sahen auch Strentor, der herumging und die Pflöcke überprüfte, die rings um den Troll in den Boden gerammt waren und die Ketten straff hielten.
»Und jetzt?«, fragte Skerna.
Wito dachte nach, aber sie hatten nicht viele Möglichkeiten. Die Seile waren die einzige Ausrüstung, die ihnen geblieben war.
Unten im Hof standen überall Öllampen, und ein paar weitere Lampen hingen an den Wänden der umliegenden Gebäude. Aber am Rand gab es viele verschattete Winkel, und die Menschen richteten ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Troll. Ein dünnes Seil, das dicht an der Wand herabgelassen wurde, mochten sie vielleicht übersehen ... wenn es nicht zu lange hängen blieb.
»Einer von uns bleibt hier oben, in seiner großen Gestalt«, erklärte Wito schließlich. »Die anderen machen sich klein und klammern sich an einem Seilende fest. In einem unbeobachteten Moment lässt der Erste dann blitzschnell das Seil herunter, damit die anderen abspringen können, und zieht es wieder hoch, bevor einer der Menschen etwas bemerkt.«
»Aber wer bleibt oben?«, fragte Skerna.
Alle schwiegen. Darnamur wollte etwas sagen, aber Wito kam ihm zuvor. »Du«, sagte er einfach.
Darnamur fuhr auf. »Warum ich? Am ehesten wäre es Skernas Aufgabe ...«
»Warum?«, unterbrach Wito ihn. »Für die Mission unten im Hof sind wir alle gleichermaßen gut geeignet. Wer auf dem Dach zurückbleibt, hat zwar scheinbar die leichtere Aufgabe, aber er trägt auch die Verantwortung für den Einsatz. Und für die Arbeit mit dem Seil braucht man vor allem Präzision.«
Darnamur presste die Lippen aufeinander und nickte. Er nahm wieder sein Seil zur Hand, eine dünne, fast schwarze Schnur, aus vielen festen Fasern geflochten. Wito und Skerna stellten sich an das eine Ende. Dann schnurrten ihre Gestalten zusammen, und Darnamur beugte sich vor, um sie nicht aus den Augen zu verlieren.
In der abendlichen Dunkelheit musste selbst der nachtsichtige Gnom sich anstrengen, seine käfergroßen Gefährten noch zu erkennen. Wito sah, wie Darnamurs Gesicht näher und näher kam, bis er und Skerna sich in seinem riesigen rechten Auge verzerrt spiegelten. Rasch packte Wito das Seil und krallte sich mit Armen und Beinen in die Faserbündel.
Kurz darauf hob sich das Seil, und Wito schwebte dicht über den hölzernen Dachschindeln dahin. »Hui«, sagte Skerna von der anderen Seite des Stricks, der inzwischen um ein Vielfaches dicker war als die Gnome selbst. »Ich hoffe, mir wird nicht schlecht.«
Wito lächelte matt. Dann schwang das Seilende über die Dachkante, und Wito blickte hinab in den Abgrund, auf Inseln von Licht und Schatten in einem Meer aus Zwielicht. Genau unter ihnen lag eine dichte Schatteninsel.
Und es ging abwärts. Der Boden raste auf sie zu, wurde dann langsamer, und schließlich schwang das Seil wenige Fingerbreit über dem unbefestigten Grund - wenige Fingerbreit für einen großen Gnom, aber für die verkleinerten Gestalten an dem Seil waren es immer noch mehrere Körperlängen.
Darnamur ließ behutsam noch ein Stück nach, bis das Seil unten auflag und seine Gefährten gefahrlos abspringen konnten. Doch Skerna kam unter der Schnur zu liegen und zappelte mit Armen und Beinen wie ein Käfer. Das brachte selbst Wito zum Lachen.
»Das ist nicht lustig«, sagte die Gnomin empört, als das Seil wieder nach oben fuhr und mit dem schwarzen
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